Guzen to Sono Das Glücksrad
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Das Glücksrad

„Das Glücksrad“ // Deutschland-Start: 1. September 2022 (Kino)

Inhalt / Kritik

Der Film ist aufgeteilt in drei ungefähr von der Laufzeit her gleich lange Segmente, welche als „filmische Kurzgeschichten“ gleich zu Beginn bezeichnet werden. In der ersten Episode „Magic (or something less assuring)“ erfährt das Gelegenheitsmodel Meiko (Kotone Furukawa) nach einem Fotoshooting von ihrer besten Freundin und Maskenbildnerin Tsugumi (Hyunri), dass diese vor kurzem eine Begegnung mit einem Mann hatte. Diese soll sehr erfüllend und erotisch für sie beide gewesen sein, ohne dass sie miteinander geschlafen hätten. Die Freude für Tsugumi wird langsam zu einer Gewissheit für Meiko, dass sich hinter der Bekanntschaft ihrer Freundin ihr Ex-Freund Kazuaki (Ayumu Nakajima) verbirgt. Sie beschließt ihn noch am selben Abend zur Rede zu stellen. Das wird nach und nach zu einer Wiederbegegnung mit ihren Gefühlen von damals und mit dem Mann, den sie einst betrogen hatte.

Auch die zweite Episode umfasst das Thema Liebe und Erotik, jedoch auf eine andere Art und Weise. Professor Segawa (Kiyohiko Shibukawa) erhält in seinem Büro Besuch von Sasaki (Shoma Kai). Aus der einfachen Bitte, er solle eine Ausgabe seines gerade erschienenen Buches signieren, wird ein Dialog über Sex, Zukunftsaspirationen und inwiefern Liebe auch platonisch stattfinden kann.

Zum Schluss sind wir in einer Welt, in der ein Computervirus jegliche elektronische Kommunikation unmöglich gemacht hat. Natsuko (Fusako Urabe) hat deswegen ihre Arbeit im IT-Bereich verloren und will sich bei dem anberaumten Klassentreffen ihres Abschlussjahrgangs lieber verstecken. Doch dann trifft sie auf dem Weg zum Bahnhof eine alte Bekannte (Aoba Kawai). Erfreut über die Begegnung mit der Frau, mit der sie einst mehr als nur Freundschaft verband, will sie dieser ihren Fehler von damals gestehen und zu ihren Gefühlen stehen. Aber bevor es dazu kommt, bemerkt sie, dass sie einer Verwechslung zum Opfer gefallen ist.

Eine Frage des Formats

Seit dem Oscargewinn für Drive My Car gehört Regisseur Ryusuke Hamaguchi wohl in der Tat zu der Hoffnung des japanischen Kinos, wie er schon vorher oft genannt wurde in Verbindung zu Das Glücksrad, einem Film von 2021, der nun auch in Deutschland in die Kinos kommt. Zwar basiert dieser auf keiner literarischen Vorlage. Doch seiner Liebe zur Sprache bleibt der Japaner weiterhin treu, wobei er sich dieses Mal bei dem Format der Kurzgeschichte Inspiration geholt hat. Als Erklärung für diese Vorgehensweise gibt er zu verstehen, dass dieses Format ihm mehr Freiheiten geben würde und er mehr experimentieren könne.

Filmfans, die bereits Drive My Car mochten, werden wohl auch Das Glücksrad sehr genießen, zeigen sich doch sowohl auf ästhetischer als auch erzählerischer Ebene einige Parallelen zum Oscargewinner. In erster Linie zählt dies für die Vorgehensweise. Diese kommt formal minimalistisch daher. Jede Sequenz beschränkt sich meist nur auf wenige Kameraeinstellungen. Unterbrochen wird diese von kurzen, bedeutungsschwangeren Momenten, die begleitet sind von klassischer Klaviermusik. Die Handlung ist sehr dialoglastig, was zum einen die schon erwähnte Vorliebe des Regisseurs für Literatur und Theater zeigt. Zum anderen stellt dies so etwas wie eine Falle dar, bedenkt man, dass nicht immer das Gesagte mit den Handlungen der Charakter übereinstimmt. Vielmehr ist gerade die Sprache ein Hindernis für eine Begegnung. Sie kann aber auch eine Quelle höchster sinnlicher Freunden sein. Dies in einem Film darzustellen, erfordert Mut und Können, was Hamaguchi durchaus mitbringt.

Die Suche nach einer gemeinsamen Sprache

Wie so oft bei Übersetzungen von Filmtiteln ist auch Das Glücksrad eine eher unglückliche Wahl. Der Originaltitel, der von „Zufall und Fantasie“ spricht, trifft schon eher den Kern dessen, was die einzelnen Geschichten ausmacht. Immer sind es zufällige Begegnungen, oder die Schilderungen über diese, welche eine Handlung beginnen lassen oder zu einem besonderen Moment führen. Besonders in der letzten Geschichte macht Hamaguchi das deutlich, wenn er das Element des Zufalls noch bestärkt durch den Wegfall jedweder elektronischer Nachrichten, von sozialen Medien und Streaming. Gewissheit und Sicherheit weichen und ergeben einerseits Chaos. Andererseits bedeutet dies wiederum die Chance, einen Menschen kennenzulernen, sich auf diesen einzulassen und sich nicht länger in seinem eigenen Kokon zu verstecken.

In den einzelnen Geschichten bildet Hamaguchi die Facetten menschlicher Emotion ab, von Einsamkeit und Sehnsucht bis hin zu Eifersucht. Sie sind zugleich eine große Ensembleleistung, bei der man einzelne Akteure nicht gesondert behandeln kann, genauso wie nicht eine der Geschichten die anderen übertrumpft. Jedoch muss man als Zuschauer Geduld mitbringen für diesen Film. Vieles, was vielleicht offensichtlich erscheint, versteckt sich zwischen den Zeilen oder den Bildern von Das Glücksrad.

Credits

OT: „Guzen to Sono“
Land: Japan
Jahr: 2021
Regie: Ryusuke Hamaguchi
Drehbuch: Ryusuke Hamaguchi
Kamera: Yukiko Ilioka
Besetzung: Kotone Furukawa, Ayumu Nakajima, Hyunri, Kiyohiko Shibukawa, Katsuki Mori, Shouma Kai, Fusako Urabe, Aoba Kawai

Bilder

Trailer

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Das Glücksrad
Fazit
„Das Glücksrad“ ist ein Episodenfilm, in dem es um Liebe, Zufall und Erotik geht. Ryusuke Hamaguchi schafft es, mit seinen Figuren und seiner Inszenierung alltägliche Momente zu Erzählungen über große Fragen zu machen, die bewegen und unterhalten.
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von 10