Trügerische Sicherheit ZDF TV Fernsehen Mediathek

Max Simonischek [Interview]

In Trügerische Sicherheit spielt Max Simonischek einen Personenschützer, der die Aufgabe hat, einen Politiker und dessen Familie im Alltag und bei öffentlichen Aufträgen zu beschützen. Dies erledigt er gewissenhaft und mit einem guten Auge für die Situation. Doch je mehr Zeit er mit der Familie verbringt, umso größer werden seine Zweifel, ob er diese Aufgabe wirklich erfüllen sollte – vor allem, als er in eine Lage gerät, die ihn in eine moralische Zwickmühle bringt. Zur Ausstrahlung am 4. April 2022 im ZDF um 20.15 Uhr unterhalten wir uns mit dem Schauspieler über seine Rolle, schwierige moralische Fragen und ein Leben im Hintergrund.

Was hat Sie an Trügerische Sicherheit gereizt, dass Sie bei dem Film mitspielen wollten?

Ich fand es spannend, mal einen Protagonisten in den Mittelpunkt zu stellen, der aufgrund seines Jobs nicht sehr viel spricht. Ein Personenschützer zeichnet sich ja bekanntlich dadurch aus, dass er immer im Hintergrund agiert. Er macht dann einen guten Job, wenn man ihn nicht bemerkt. Das ist für einen Schauspieler natürlich schon irgendwo ein Paradoxon. Aber ich finde, dass in deutschen Filmen allgemein zu viele Dialoge stattfinden. Da wird einfach zu viel gequatscht. Ich habe als Schauspieler den Anspruch, dass es neben der Sprache auch andere Formen des Ausdrucks gibt: dein Körper, deine Präsenz, die Haltung. Da fand ich es reizvoll, in einem Film mitzuspielen, der das mal anders macht. Ich fand den Film aber auch inhaltlich reizvoll, weil er ganz aktuelle Themen anspricht wie Machtmissbrauch. Und zu dieser Diskussion beizutragen, gehört für mich zu den Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Fernsehens.

Wie sah dann die Vorbereitung auf den Film auf, wenn er weniger auf Dialogen basiert?

Ganz ohne Dialoge ist Trügerische Sicherheit ja nicht. Auch da wird viel geredet, selbst wenn das ein Schritt in die richtige Richtung ist. Ansonsten war es der psychologische Aspekt dieser Figur oder des Berufsstandes, der mich beschäftigt hat. Wie ist das, jeden Tag jemanden außerhalb deiner Familie dein Leben zu riskieren? Das fand ich spannender, als mich körperlich fit zu machen. Klar, die müssen mental und körperlich auf der Höhe sein. Aber das hat mich weniger interessiert als diese Grauzone und das Spannungsfeld, in dem sich meine Figur bewegt. Dieser Ehrenkodex, dass du als Personenschützer keine persönliche Beziehung zu deiner Schutzperson eingehen darfst. Gleichzeitig hat er eine geheime Beziehung mit einer Kollegin und will sie unterstützen, als es zu einem Übergriff kommt. Das ist eine moralisch spannende Zone. Meine Vorbereitung war daher, mich da hineinzudenken.

Sie haben letztes Jahr in Sarah Kohr: Schutzbefohlen schon einmal einen Personenschützer gespielt. Was braucht es Ihrer Meinung nach, um diesen Beruf auszuüben?

Ja, das stimmt. Lustigerweise hat der eine Film dann auch dazu geführt, dass man mich für die Rolle in Trügerische Sicherheit ins Auge fasste. Beide Filme stammen übrigens auch von derselben Produktionsfirma. Zu Ihrer Frage: Das ist schon ein sehr spannender Menschenschlag. Ich vergleiche das immer ein wenig mit der Position des Souffleurs beim Thema. Die müssen immer allzeit bereit sein, sind bei hunderten von Vorstellungen dabei, die immer ganz gleich ablaufen. Die Gefahr der Routine ist da ganz groß. Aber sie müssen zu jeder Zeit eingreifen können, wenn sie gebraucht werden. Sie sind nie Teil des Ganzen, sondern in beobachtender Position, und doch immer mit dabei. Du darfst bei dieser Arbeit kein Problem damit haben, unsichtbar zu sein und ignoriert zu werden. Das ist wie beim Fußball mit den Schiedsrichtern: Die fallen erst auf, wenn etwas schief läuft. Dieses Zurückgenommene fand ich spannend, dieses Selbstlose.

Wie ist das dann für Sie als Schauspieler, so jemanden zu spielen? Als Schauspieler müssen Sie im Gegenteil ja gesehen werden, sonst bräuchte es Sie nicht.

Ich fand das ganz angenehm. In meinem Beruf muss ich natürlich schon präsent sein und wahrgenommen werden, das stimmt. Im Privaten bin ich dann aber doch eher der Typ Schiedsrichter, Souffleur und Personenschützer. Mir reicht es, diese Art in meinem Beruf auszuleben. Mir ist es privat sogar eher unangenehm, im Mittelpunkt zu stehen. Insofern konnte ich da ganz gut andocken. Das war ganz lustig bei den Dreharbeiten. Da die Rolle eine sehr zurückgenommene ist und ich mich wie gesagt selbst gern etwas zurücknehme, mussten sich der Regisseur und der Kameramann immer wieder daran erinnern, dass ich ja der Protagonist bin.

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Immer im Einsatz: Jonas Neimann (Max Simonischek) muss den Lokalpolitiker Magnus Mittendorf (Christian Berkel) beschützen (© ZDF/Christine Schroeder/Marion von der Mehden)

Das Besondere an einem Personenschützer ist, dass er bei seinen Einsätzen ganz wachsam sein muss, um rechtzeitig Bedrohungen zu erkennen. Denn die könnten ja von überall her kommen. Was macht es mit einem, durch das Leben zu gehen und in jedem einen potenziellen Feind zu sehen?

Gute Frage. Im gewissen Maße ist aber auch unser Leben schon so. Nach 9/11 wurde, überspitzt ausgedrückt und völlig zu unrecht, jeder arabisch aussehende Mensch als potenzielle Gefahr angesehen. In der Corona-Pandemie war sogar jeder eine potenzielle Gefahr. So sinnvoll beispielsweise die Masken waren, um uns und andere zu schützen, ist schon die Frage: Was macht das mit uns, wenn wir unser Gegenüber nicht mehr wirklich sehen? Wenn die Mimik als Kommunikation wegfällt? Das ist ein Thema, mit dem wir uns als Gesellschaft noch werden auseinandersetzen müssen. Ich nehme schon seit Längerem ein mangelndes Interesse und eine mangelnde Neugierde anderen gegenüber wahr. Die Menschen ziehen sich zunehmend in ihre eigene gesellschaftliche Nische zurück. Auch das Thema soziale Medien, die suggerieren, dass du sozialen Kontakt hast, wenn du anderem ein „like“ hinterlässt. Da verschieben sich Strukturen unserer Gesellschaft und Werte, ohne dass wir absehen können, was das am Ende bedeutet.

Ein anderes schwieriges Thema in Trügerische Sicherheit ist das des Missbrauchs. Ihre Figur stellt an einer Stelle auch die Frage: Wie soll man sich verhalten, wenn es einen solchen Fall gibt, aber keine Beweise?

Das ist eine schwierige Frage. Grundsätzlich bin ich der Ansicht, dass du diese Beweise brauchst. Ansonsten würde es ja reichen, irgendwelche Gerüchte in die Welt zu setzen, die du nicht überprüfen kannst. Wenn das vor Gericht reicht, sehe ich darin eine große Gefahr, wenn du dich nicht mehr auf den Rechtsstaat verlassen kannst. Gleichzeitig kommen solche Gerüchte normalerweise nicht aus dem Nichts. Die werden nicht aus Jux und Dollerei in die Welt gesetzt. Das macht es ja so schwierig, eine richtige Antwort zu geben.

Mit dieser Frage hängt noch eine weitere zusammen, mit der sich Ihre Figur auseinandersetzen muss: Ist es unmoralisch, als Personenschützer einen unmoralischen Menschen zu schützen?

Im Grunde muss das jeder für sich entscheiden. Dieser Ehrenkodex, den ich vorhin erwähnt habe, besagt, dass das keine Rolle spielt. Juristisch bist du auf der sicheren Seite. Aber es kann da schon zu einem Wettstreit zwischen den weichen Faktoren und den harten kommen. Juristisch richtig bedeutet ja nicht, dass es sich auch richtig anfühlt. Da muss jeder für sich ein eigenes Koordinatensystem entwickeln und jeden Fall einzeln für sich betrachten. Ich selbst wäre vermutlich mehr auf der Seite der zwischenmenschlichen Beziehung und des Moralischen. Aber das ist wie gesagt eine individuelle Entscheidung und ich mag da auch niemanden verurteilen, der das anders sieht. Wir wollten mit dem Film auch keine Entscheidung vorgeben und sagen: Das ist richtig und das ist falsch. Wichtiger ist es, das Publikum miteinzubeziehen und dazu zu bringen, selbst über alles nachzudenken und Antworten zu suchen.

Letzte Frage: Welche Projekte stehen bei Ihnen als nächstes an?

Ich werde mein Regiedebüt am Theater in Innsbruck geben und spiele auch sonst wieder viel Theater. Außerdem wird es weitere Filme aus der Krimireihe Laim geben, wo ich die Hauptrolle spiele. Einer ist bereits abgedreht, der nächste in Planung.

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person
Max Simonischek wurde am 19. Oktober 1982 als des Schauspielerpaars Peter Simonischek und Charlotte Schwab in West-Berlin geboren. Er absolvierte seine Schauspielausbildung an der Universität Mozarteum Salzburg. Seither spielte er vorrangig Theater, unter anderem in Wien, Berlin und München. Er stand aber auch für Kino- und Fernsehfilme vor der Kamera, unter anderem die seit 2012 produzierte Krimireihe Laim.



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