Honecker und der Pastor
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Honecker und der Pastor

Honecker und der Pastor
„Honecker und der Pastor“ // Deutschland-Start: 18. März 2022 (arte) // 21. März 2022 (ZDF) // 12. August 2022 (DVD)

Inhalt / Kritik

Bislang war das Leben von Uwe Holmer (Hans-Uwe Bauer), Pastor und Bürgermeister der Gemeinde von Lobetal, recht ruhig und beschaulich gewesen. Das ändert sich, als er im Januar 1990 Erich Honecker (Edgar Selge) und seiner Frau Margot (Barbara Schnitzler) Asyl bietet, nachdem diese mit dem Ende der DDR gestürzt worden sind. Holmer und seine Frau Sigrid (Steffi Kühnert) hatten zwar selbst unter dem Regime zu leiden. Dennoch sehen es die beiden als ihre Pflicht an, den beiden zu helfen, als Akt der christlichen Barmherzigkeit. Andere sind sehr viel weniger verständnisvoll: Es dauert nicht lange, bis die restliche Bevölkerung gegen den Aufenthalt des ehemaligen Staatsvorsitzenden protestiert …

Später Rückblick

Als Schauspieler war Jan Josef Liefers ohne Zweifel sehr produktiv. Allein seine wohl bekannteste Rolle als zynischer Gerichtsmediziner Boerne im Münster Tatort spielte er bislang über 40 Mal, zuletzt in der Verschwörungsgroteske Propheteus. Dass er zwischendurch auch mal Regie führt, ist da schon sehr viel weniger bekannt, was aber auch mit den Filmen selbst zu tun hat. Gerade mal zwei TV-Produktionen mit ihm als Regisseur fanden sich bisher in seiner Filmografie, die letzte Die Frauenversteher – Männer unter sich stammt aus dem Jahr 2002. Rund zwanzig Jahre später folgt mit Honecker und der Pastor etwas überraschend ein drittes Werk. Immerhin: Dieses wird innerhalb weniger Tage sowohl auf arte wie auch im ZDF ausgestrahlt, ein größeres Publikum ist seinem Drama damit ziemlich sicher.

Darin befasst sich der selbst aus Ostdeutschland stammende Filmemacher mit einer Phase im Leben des ehemaligen DDR-Lenkers Erich Honecker, die eher wenigen vertraut sein dürfte. Genauer nimmt er uns mit ins Jahr 1990, als er schon längst nicht mehr an der Macht war, die Aufarbeitung der unter ihm verübten Verbrechen aber noch nicht wirklich begonnen hatte. Honecker und der Pastor tut das zumindest im Kleinen, wenn das Ehepaar mit den eigenen Taten konfrontiert wird. Die laut protestierenden Massen da draußen vor dem Tor können sie dabei noch relativ leicht ignorieren. Sie sehen darin nur einen Pöbel, letztendlich unwürdige Leute, denen man den Weg weisen muss. Der Kommunismus mag viel davon reden, dass das Volk das Sagen haben soll. Aber natürlich nur, solange es das sagt, was die Oberen verlangen.

Historische Kuriosität ohne viel Gehalt

Produktiver und letztendlich auch interessanter sind die Auseinandersetzungen zwischen den Honeckers und den Holmers. Zwar lassen Erstere auch in der Hinsicht keinen Zweifel daran, dass sie sich für die Überlegenen und Besseren handeln. So spotten sie beispielsweise über den Glauben des Pastoren-Paares oder stellen Forderungen. Gleichzeitig sind sie auf das Wohlwollen der zwei angewiesen, weshalb sie sich notgedrungen ein wenig zurücknehmen müssen und sich auch die eine oder andere Diskussion gefallen lassen. Dennoch sollte man sich in der Hinsicht nicht allzu viel erwarten. Honecker und der Pastor ist nicht wirklich die Geschichte eines Austausches. Bis zuletzt bleiben sie stur dabei, dass sie und nur sie recht haben. Dadurch bleiben auch die Diskussionen eher an der Oberfläche, was angesichts der Themen schade ist.

Der spannendste Aspekt ist deshalb vermutlich der, den in erster Linie nur die Holmers betrifft: Wie geht man mit Menschen um, die einem viel Leid zugefügt haben, jetzt aber Hilfe brauchen? Gewährt man ihnen diese Hilfe oder überlässt sie sich selbst? Diese Diskussionen spalten die Leute in dem Film und regen natürlich zu eigenen Diskussionen an. Aber auch in der Hinsicht begnügt sich Honecker und der Pastor mit Schlagwörtern. Gut gespielt ist das, vor allem Edgar Selge (Das Experiment) und Barbara Schnitzler (Und der Zukunft zugewandt) hinterlassen mit ihren dankbaren Rollen Eindruck. Der Film selbst ist dann aber doch mehr historische Kuriosität als gehaltvolle Geschichtsstunde.

Credits

OT: „Honecker und der Pastor“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Jan Josef Liefers
Drehbuch: Fred Breinersdorfer
Musik: Conrad Oleak
Kamera: Ralf Noack
Besetzung: Edgar Selge, Barbara Schnitzler, Hans-Uwe Bauer, Steffi Kühnert, Ilja Bultmann, Luca Gugolz

Bilder

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Honecker und der Pastor
Fazit
„Honecker und der Pastor“ erzählt von einem Geistlichen, der dem ehemaligen DDR-Staatsratsvorsitzenden Asyl bietet, was für alle eine große Herausforderung bedeutet. Zum Teil ist das ganz interessant, wenn auf engem Raum Weltansichten aufeinanderprallen und moralische Fragen gestellt werden. Nur kommen diese Diskussionen nicht sehr weit, weshalb die Geschichte am Ende nicht so wirklich relevant ist.
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