Liseys Story Apple TV+ Stephen King
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Lisey’s Story

Inhalt / Kritik

Liseys Story Apple TV+ Stephen King
„Lisey’s Story“ // Deutschland-Start: 4. Juni 2021 (Apple TV+)

Zwei Jahre ist es inzwischen her, dass der gefeierte Autor Scott Landon (Clive Owen) tot ist. Doch noch immer hadert seine Witwe Lisey (Julianne Moore) damit, sich von den vielen Büchern und anderen Objekten zu trennen, die im ganzen Haus verteilt sind. Hinzu kommt, dass sie derzeit ganz andere Sorgen hat. Während sie sich dauernd mit ihrer Schwester Darla (Jennifer Jason Leigh) zofft, hat die andere Schwester Amanda (Joan Allen) starke psychische Probleme. Und dann wäre da noch Jim Dooley (Dane DeHaan), ein besessener Fan ihres Mannes, der unbedingt an seine Hinterlassenschaften kommen will, und sei es mit Gewalt. Während Lisey einen Weg finden muss, mit all dem fertigzuwerden, kehren ihre Gedanken immer wieder zu Scott zurück, zu dem gemeinsamen Leben und den Geschichten, die er zu erzählen hatte …

Der allgegenwärtige Horror

Dass bei dem derzeitigen Run auf Stephen King Adaptionen auch Apple irgendwann auf den Geschmack kommt, überrascht nicht sonderlich. Schließlich haben in den letzten Jahren nicht nur diverse große Filmstudios an der Schatzsuche beteiligt. Auch die Streamingkonkurrenz von Netflix (Das Spiel, 1922) und Starzplay (The Stand) mischten bereits mit. Um den Zeitvorsprung der Konkurrenz auszugleichen, setzte man bei Lisey’s Story auf umso größere Namen. Nicht nur, dass ein hochkarätiges Ensemble in der Serie mitspielt. Regie führte zudem der gefeierte chilenische Regisseur Pablo Larraín (Ema). Und wenn das noch nicht genug sein sollte: King selbst, der den 2006 veröffentlichten Roman mit dem deutschen Titel Love zu seinen persönlichen Favoriten zählte, schrieb alle Drehbücher.

Die Apple TV+ Serie ist dabei jedoch keine typische Geschichte des King of Horrors. Im Mittelpunkt steht hier keine Begegnung mit dem Bösen, das urplötzlich über das Leben der Figuren hineinbricht. Vielmehr geht es in Lisey’s Story um die titelgebende Lisey, die sich nach und nach mit vielen auseinandersetzen muss, von dem sie nichts wissen wollte. Das hat zur Folge, dass die Serie kontinuierlich in der Zeit herumspringt. Während der gegenwärtige Handlungsstrang voranschreitet, gibt es Flashbacks und Erinnerungen an die gemeinsame Zeit mit Scott. Teilweise rekapituliert sie auch die Ereignisse aus Scotts Leben, welche ihn geprägt haben und damit auch sie selbst – ohne sich dessen immer bewusst zu sein.

Der Schrecken der Psyche

Lisey’s Story erinnert damit an die psychologischer ausgeprägte Richtung des Horrorgenres, von denen es in den letzten Jahren immer wieder Beispiele gab. Der Babadook beispielsweise verwob Gruselmomente mit einem Trauerdrama, das Trauma der Flucht verfolgte in His House zwei Menschen in ihre neue Heimat. Die Geschichte von Lisey ist ebenfalls eine, die von der Vergangenheit geprägt ist, von unterdrückten Geheimnissen und Wunden, die nicht wirklich verheilt sind. Tatsächlich gehören zu den besten Momenten die, wenn King sich ganz auf die Figuren und ihre Verhältnisse untereinander konzentriert. Geradezu grandios ist in der Hinsicht das Zwischenspiel von Julianne Moore, Joan Allen und Jennifer Jason Leigh als vom Leben geplagte Schwestern.

Ganz ohne Genreelemente geht es aber natürlich auch nicht. Da wäre zum einen mal wieder ein fanatischer Fan, der sich in seine Wahnfantasien nicht reinreden lassen will und zudem zur Gewalt neigt – Misery lässt grüßen. Außerdem ist da noch die Parallelwelt, in die sich Scott immer wieder zurückzog. King nutzte diesen sonderbaren Ort gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen war er für den jungen Scott und dessen Bruder ein Rückzugsort, um sich vor dem Schrecken der Realität zu verstecken. Gleichzeitig diente er ihm als Inspirationsquelle, wenn King wie in so vielen von seinen Geschichten einen Autor zum Protagonisten macht. Wirklichkeit und Fantasie gehen dabei oft ineinander über. Auch die Konzepte Raum und Zeit werden in Lisey’s Story aufgehoben.

Etwas lang für den Inhalt

Wobei man aber zumindest die Zeit in der Serie dann doch zu spüren bekommt. Die acht Folgen, jede etwa 50 bis 60 Minuten lang, summieren sich zu einer etwas zähen Angelegenheit. Gerade auch, weil King immer wieder in der Zeit umherspringt, kommt die Haupthandlung zuweilen kaum vom Fleck. Ein weiteres Manko ist, dass die Serie trotz ihres Titels kaum etwas über Lisey zu sagen hat. Während wir über Scotts Herkunft einiges erfahren, bleibt die eigentliche Hauptfigur eher vage. Sie definiert sich allenfalls durch die Beziehungen zu anderen, vor allem eben Scott und die beiden Schwestern. Dafür gibt es neben der exzellenten Besetzung – auch Dane DeHaan macht seine Sache als besessener Irrer erschreckend gut – viele wunderbare, zum Teil verstörende Bilder. Immer wieder verliert man sich in ihnen, ob nun gerade in der realen Welt unterwegs oder in Fantasien. Lisey’s Story lädt zum Träumen ein und muntert gleichzeitig dazu auf, sich den dunklen Stellen in uns zu widmen, die wir nicht sehen wollen.

Credits

OT: „Lisey’s Story“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Pablo Larraín
Drehbuch: Stephen King
Vorlage: Stephen King
Musik: Clark
Kamera: Darius Khondji
Besetzung: Julianne Moore, Clive Owen, Joan Allen, Dane DeHaan, Jennifer Jason Leigh, Ron Cephas Jones, Michael Pitt

Bilder

Trailer

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In „Lisey’s Story“ trauert eine Frau um ihren verstorbenen Mann, während sie sich gleichzeitig gegen einen besessenen Fan von ihm zur Wehr setzt. Die Serie springt dabei ebenso zwischen den Zeiten wie zwischen der Realität und einer Fantasiewelt. Das ist exzellent besetzt und wunderbar bebildert, insgesamt aber etwas lang geraten, zumal gerade die Hauptfigur irgendwie leer bleibt.
7
von 10