Blackbird Eine Familiengeschichte
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Blackbird – Eine Familiengeschichte

Inhalt / Kritik

Blackbird Eine Familiengeschichte
„Blackbird – Eine Familiengeschichte“ // Deutschland-Start: 24. September 2020 (Kino) // 29. Januar 2021 (DVD)

Es soll ein schönes Wochenende im Kreise der Familie werden, das haben sich Lily (Susan Sarandon) und Paul (Sam Neill) gewünscht. Und sie sind auch gekommen: Tochter Jennifer (Kate Winslet) mit ihrem Mann Michael (Rainn Wilson) und dem gemeinsamen Sohn Jonathan (Anson Boon), Jennifers Schwester Anna (Mia Wasikowska) und Chris (Bex Taylor-Klaus), mit der sie eine On-off-Beziehung führt. Selbst Elizabeth (Lindsay Duncan), die beste Freundin der Familie, hat den langen Weg zu dem abgelegenen Haus angetreten, in dem sie so viel Zeit verbracht hat. Doch es dauert nicht lang, bis es zu den ersten Streitigkeiten kommt, vor allem zwischen Jennifer und Anna, die nie viel gemeinsam hatten. Zumal dieses Wochenende kein normales Wochenende sein wird, wie jeder weiß …

Man darf natürlich immer ein bisschen mit der Nase rümpfen, wenn Hollywood mal wieder einen ausländischen Film entdeckt hat und diesen nun neu dreht. Anstatt die originären Werke zu fördern, vielleicht auch das Bewusstsein für die Internationalität von Kunst, gibt es lieber wieder eine Kopie, die im Zweifelsfall mit irgendeinem Star aufgepeppt wird. Nur um sicherzugehen. Um es gleich vorwegzunehmen, nein, es hätte Blackbird – Eine Familiengeschichte nicht zwangsläufig gebraucht. Wer das dem Film zugrundeliegende dänische Drama Silent Heart – Mein Leben gehört mir gesehen hat, der wird die Geschichte kennen, den Ablauf, die diversen dramatischen Zuspitzungen. Viel geändert wurde nicht.

Die üblichen Streitigkeiten

Eine der wenigen Änderungen, die Christian Torpe, der schon beim Original das Drehbuch schrieb und auch hier zur Feder griff, bei Blackbird eingebaut hat, ist dass die labile Tochter nun eine Partnerin hat, keinen Partner. Groß thematisiert wird das aber gar nicht, problematisiert schon gar nicht. Über diesen Wechsel kann man sich wundern, schaden tut er nicht. Weitere Konflikte hätte es auch gar nicht gebraucht, da das Drama im Dänischen wie im Englischen auf lauter unterdrückter Streitigkeiten, unbehandelter Wunden und Verletzungen beruht. Was wiederum in einem starken Kontrast zum eher sterilen Landhaus und Lilys Fassade als freiheitsliebender, offener Frau steht, die selbst im fortgeschrittenen Alter die eine oder andere Droge konsumiert.

Über weite Strecken ist Blackbird, wie der deutsche Untertitel treffend auf den Punkt bringt, „eine Familiengeschichte“. Von denen gibt es in Filmen natürlich nicht gerade wenig: Wann immer Familien zusammentreffen, sei es für Geburtstage, Weihnachten oder Hochzeiten, dauert es nicht lange, bis die Fetzen fliegen – wie kürzlich Die Familienfeier sehr schön vorgeführt hat. Die Konflikte, die hier ausgetragen werden, sind dabei recht universell. Vom Gefühl, benachteiligt und unverstanden zu sein, über erdrückende Erwartungen bis zum Kontrast von freiheitsliebenden und eher konservativen Weltansichten, zwischen Abenteuer und Sicherheit, ist alles dabei, was man aus dem eigenen Leben und dem Umfeld so kennt.

Ein herausragendes Ensemble auf engem Raum

Zwei Punkte sind es jedoch, die Blackbird aus der Masse hervorstechen lassen. Da wäre zum einen das absurd hochkarätige, überwiegend weibliche Ensemble, das sich auf engstem Raum versammelt hat. Die zwei Oscar-Preisträgerinnen Susan Sarandon (Dead Man Walking) und Kate Winslet (Der Vorleser), dazu Mia Wasikowska (Alice im Wunderland) und Lindsay Duncan (Birdman (oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)), da wurde schon die Crème de la Crème engagiert, die sich hier in hysterischen wie auch in ruhigen Momenten beweist und die Auseinandersetzungen zu einer wahren Freude werden lässt. Während deren Klasse nun nicht wirklich ein Geheimnis ist und sich hier wieder und wieder bestätigt, ist der junge Anson Boon eine echte Entdeckung. Bislang auf Nebenrollen beschränkt, zeigt der Film, dass der Brite zu deutlich mehr berufen ist. Tatsächlich gehen einige der stärksten Szenen auf ihn zurück, wenn er in dem zuweilen künstlichen Konstrukt eine Natürlichkeit findet, die alles andere als selbstverständlich ist.

Der andere große Punkt ist das Thema der – Vorsicht Mini-Spoiler – Sterbehilfe. Blackbird nimmt sich eine Weile Zeit, bis die Katze aus dem Sack ist, dass das Wochenende den Zweck hat, alle noch einmal zu versammeln, bevor die unheilbar kranke Lily sich das Leben nimmt. Das ist natürlich harter Tobak und fordert zu einer ganz grundsätzlichen Diskussion auf. Wann ist Selbstmord gerechtfertigt? Muss man ihn überhaupt rechtfertigen? Haben andere dabei ein Mitspracherecht? Das Drama, welches auf dem Toronto International Film Festival 2019 Premiere hatte, zeigt dem Publikum immer wieder beide Seiten. Schöne Momente, die den Freitod so unerträglich machen. Hässliche Momente, die das Verständnis für die Entscheidung fördern. Das hätte alles noch stärker vertieft werden können. Im Gegenzug hätte es die leichte Seifenoper-Überspitzung zum Ende wirklich nicht gebraucht. Doch selbst in dieser Form ist der Film einer, der vielen zu Herzen gehen wird und selbst in den dunkelsten Augenblicken das Leben feiert.

Credits

OT: „Blackbird“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Roger Michell
Drehbuch: Christian Torpe
Musik: Peter Gregson
Kamera: Mike Eley
Besetzung: Susan Sarandon, Kate Winslet, Mia Wasikowska, Lindsay Duncan, Sam Neill, Rainn Wilson, Bex Taylor-Klaus, Anson Boon

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Blackbird – Eine Familiengeschichte
fazit
In „Blackbird – Eine Familiengeschichte“ lernen wir eine Familie kennen, die sich zu einem besonderen Wochenende trifft – und herzhaft streitet. Das Remake eines dänischen Dramas lebt dabei vor allem von dem hochkarätigen Ensemble, das einen die eine oder andere Entgleisung des Drehbuchs vergessen lässt. Und auch wenn der Anlass des Treffens und das damit verbundene Thema noch mehr Tiefe vertragen hätte, bleibt doch ein bewegender Film übrig.
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