Keiner kommt hier lebend raus Diary of a Hitman

Keiner kommt hier lebend raus

Keiner kommt hier lebend raus Diary of a Hitman
„Keiner kommt hier lebend raus“ // Deutschland-Start: 9. Juli 1992 (Kino) // 4. Oktober 2019 (Mediabook)

Nach vielen Jahren als Auftragskiller hat Dekker (Forest Whitaker) genug von seinem blutigen Geschäft und will aufhören. Nur noch ein letzter Job soll ihm ein wenig mehr Geld einbringen, sodass er sich für eine Weile, wenn nicht sogar ganz, zur Ruhe setzen kann. Jedoch hat es dieser letzte Job in sich, denn für den Unternehmer Al Zidzyck (Lewis Smith) soll er nicht nur dessen Frau Jain (Sherilyn Fenn) töten, sondern auch deren gemeinsames Kind. Da Dekker bereits stark depressiv ist, sogar für eine kurze, aber eher fehlgeschlagene Sitzung bei einem Therapeuten war, nimmt ihn dieser Auftrag sehr mit, doch da er zugesagt hat, sitzt er nun in der Falle und muss ihn erledigen. Als er jedoch dann vor Jain steht und sieht, wie sie lebt, kehren diese Bedenken zurück und er sieht sich erstmals in seiner Arbeit mit einem ernsthaften moralischen Konflikt konfrontiert.

„Nur noch dieses eine Mal.“
Die Karriere des Regisseurs Roy London ist eine sehr kurze und beschränkt sich auf Keiner kommt hier lebend raus, wenn von wenigen Arbeiten fürs Fernsehen einmal absieht. Über die Jahre hat sich London einen Namen gemacht durch seine Arbeit als Schauspieler und als Schauspielcoach, der unter anderem Sharon Stone und Sherilyn Fenn, die beide im Film auftreten, ausgebildet hat. Zudem arbeitet und schreibt London viel fürs Theater. So ist Keiner kommt hier lebend raus die Verfilmung eines Theaterstücks von Kenneth Pressman, der hier auch das Drehbuch schrieb.

Generell merkt man dem Film seinen Ursprung an vielen Stellen an. Gerade die Konfrontation von Forest Whitakers Dekker mit Jain in deren Wohnung ist wie ein Kammerspiel inszeniert und sehr auf die schauspielerische Leistung der beiden Darsteller fokussiert. Wie unter einem Brennglas verhandelt Londons Film das moralische Dilemma des Protagonisten, der seinem Ziel näher kommt, als er sich gewünscht hat. Die Kargheit der Wohnung, die Isolation und Abgeschiedenheit stehen sinnbildlich für Dekkers eigene Außenseiterposition innerhalb der Gesellschaft, mit dem Unterschied, dass er sich diese im Gegensatz zu Jain selbst ausgesucht hat durch sein blutiges Handwerk.

Im Gedächtnis bleibt Keiner kommt hier lebend raus vor allem durch die starken darstellerischen Leistungen Whitakers und Fenns. Durch das immer wieder eingeworfenen Voice-Over Dekkers, der tagebuchartig seine Gedanken dem Zuschauer mitteilt, erhält man einen Einblick in die innere Unruhe dieses Mannes, der zunehmend angeekelt ist von sich und seiner Arbeit. Dekker lebt so außerhalb der Gesellschaft, grenzt sich von dieser scharf ab und wird im Gegenzug von ihr genauso gemieden. Auf den Straßen Pittsburgh geht dieser Mann unter, doch falls er auffällt, begegnet man ihm mit Irritation und Unverständnis, eine gewisse Parallele zu dem Auftragskiller den Whitaker für Jim Jarmusch in dessen Ghost Dog – Der Weg des Samurai spielen sollte. Menschen wie Dekker haben den Status des Aussätzigen, des Abschaums gewählt, was im Kern Teil seines emotionalen Konflikts ist.

„Es ist nichts Persönliches, es ist rein geschäftlich.“
Die Version von Pittburgh im Film ist ein Handlungsort, der eben jene Anonymität begünstigt. Viele der Nebencharaktere, gespielt von James Belushi oder Sharon Stone, leben wie auch Dekker in ihrer eigenen Welt, sorgsam darauf bedacht, die der anderen nicht allzu sehr zu berühren. Eine Form der Anteilnahme ist nicht erwünscht, der Wunsch nach Distanz ist entscheidend und wird notfalls mit Geld unterstrichen.

In einer kurzen, aber symptomatischen Szene innerhalb dieses Themas betont Dekkers Auftragsgeber die Schönheit des Einwegspiegels. Männer wie Dekker sind der lange Arm, der über diese Grenze hinausgeht, jeden noch so perversen und blutigen Wunsch erfüllen müssen, sind sie doch auf das Geld angewiesen. Menschen wie Jain bleiben auf der anderen Seite, unfähig das Gesamtbild zu verstehen oder sich zu wehren, und werden bei Nichtgefallen einfach aus dem Weg geräumt.



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„Keiner kommt hier lebend raus“ ist ein Film über das moralische Dilemma eines Auftragskillers. Getragen von tollen darstellerischen Leistungen entwirft Roy London ein kaltes Bild der Stadt, eines Lebens, welches andere zerstört, sich zum Außenseiter macht und daran langsam selbst zugrunde geht.
8
von 10