King Cobra
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King Cobra

(„King Cobra“ directed by Justin Kelly, 2016)

„King Cobra“ läuft seit 12. Januar im Kino

Zum Film wollte Sean Lockhart (Garrett Clayton) schon immer sehr gern. Ein Traum, der auch tatsächlich wahr wird, als er Stephen (Christian Slater) begegnet. Gewissermaßen. Gen Hollywood zieht es den Produzenten und Regisseur nicht, stattdessen produziert der Pornos für eine schwule Zielgruppe. Das dafür aber sehr erfolgreich, seine jungen Protagonisten sind für ihn eine Goldgruppe. Vor allem Brent Corrigan, so der „Künstlername“ von Sean, sorgt fortan für pralle Kassen. Aber auch für Konflikte. Nicht nur, dass Sean stärker an dem Geldregen beteiligt werden möchte, Regisseur Joe (James Franco) und dessen Lieblingsdarsteller Harlow (Keegan Allen) wollen ebenfalls einen Teil des fetten Kuchens abbekommen.

Gleich mit zwei Filmen startet der unermüdliche James Franco diese Woche an den Kinokassen. Zwei Filme, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Während er in Why Him? mit seiner Mischung aus derbem Humor und sentimentaler Weihnachts-Familien-Besinnlichkeit um ein größeres Publikum buhlt, zeigt er in King Cobra wie schon in Milk, Interior. Leather Bar. oder Sal sein oft thematisiertes Interesse an schwulen Geschichten. Einhergehend mit einem offensichtlichen Desinteresse, was andere von ihm halten.

Aber er ist auch nur eines der diversen bekannten Gesichter, die der Regisseur und Drehbuchautor Justin Kelly (I Am Michael) für seinen zweiten Spielfilm gewinnen konnte. So finden sich bei den Nebendarstellern immerhin Alicia Silverstone und Molly Ringwald in kurzen, aber prägnanten Szenen wieder. Vor allem aber Christian Slater ist es, der hier als schmieriger Pornoproduzent einen beeindruckenden Aufritt hinlegt. Dem Geschäft mit nacktem, jungem Fleisch ein Gesicht gibt, eine Persönlichkeit. Den Ausflug in eine etwas andere Form der Unterhaltungsindustrie greifbar macht. Und das ist auch deshalb bemerkenswert, weil man sich hier nie so ganz sicher ist, wie ernst gemeint das Gezeigte eigentlich sein soll.

Dabei beruht King Cobra eigentlich auf einer sehr ernsten Begebenheit. Basierend auf dem Buch „Cobra Killer“ von Andrew E. Stoner und Peter A. Conway erzählt der Film die wahre Geschichte des Pornoproduzenten Bryan Kocis, dessen phänomenaler Erfolg mit dem Nachwuchsbeau Brent bzw. Sean ein in mehrfacher Hinsicht unrühmliches Ende nahm. Nur eben in einer fiktionalisierten Form. Und in einer Weise, die sich jeglichem Schubladendenken verweigert.

An vielen Stellen gleicht das bunte Treiben eher einer Satire, einer sehr überdrehten noch hinzu. Vor allem das Duo Franco und Allen tanzt geradezu lustvoll auf der Grenze zur Karikatur, vermischt Komik mit Melodram und einer Menge ungebremster Hysterie. Slaters Stephen steht am anderen Ende des Spektrums, lässt sich so gut wie nie in seine Karten schauen. Und dazwischen tummelt sich der Rest, liefert mal rührende, mal bizarre Szenen, die einem die Entscheidung nicht sehr einfach machen: Soll ich lachen? Oder mich fürchten? Drama, Komödie, Thriller, Krimi, hier kommt irgendwie alles mal zusammen, persönliche Momente wechseln mit schnellen Ausschnitten aus Pornomomenten ab, albern-überzogene Selbstdarstellungen mit sexuell aufgeladenen Machtspielchen. Ganz so explizit wie in Nymph( )maniac I + II ist das hier nicht, vielmehr wird das Geschäft mit der nackten Haut eher zum Anlass genommen, die Figuren aufeinander loszulassen. Bei aller Beschäftigung mit dem Sex spielt dieser hier eine auffallend geringe Rolle.

Das ist einerseits faszinierend, gleichzeitig aber eben auch durch das Schrill-Überdrehte distanziert. Spannend ist das mörderische Treiben eigentlich nicht. Auch die dramatischen Elemente nehmen einen emotional nicht so wirklich gefangen. Man würde nicht einmal anschließend behaupten wollen, hier viel zu lachen gehabt zu haben, denn dafür ist dann auch das Satirische und das Absurde nicht entschieden genug. Und doch ist die seltsame Reise durch Amerikas Schwulenpornoindustrie eine, die man nicht so schnell vergessen wird. Ein kleines in sich geschlossenes Paralleluniversum, in dem die glitzernden Uhren ein wenig anders ticken, die Menschen keinen Bezug zur Realität haben, Träume sind zu grotesken Monstern weiterentwickeln.



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Ist „King Cobra“ eine Satire auf die Pornoindustrie? Ein persönliches Drama? Oder doch ein Thriller? So wirklich beantworten lässt sich diese Frage nicht, der zum Überzogene neigende Genremix fasziniert einen durch die kuriosen Figuren und das Rastlose, hält einen gleichzeitig damit aber auch auf Distanz.
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von 10