The Kingdom of Dreams and Madness
© 2013 Dwango

The Kingdom of Dreams and Madness

(„Yume to kyōki no ōkoku“ directed by Mami Sunada, 2013)

The Kingdom of Dreams and Madness
„The Kingdom of Dreams and Madness“ ist seit 27. Mai auf DVD und Blu-ray erhältlich

Wer auch nur ansatzweise etwas übrig hat für die Kunst der Zeichentrickfilme, der kommt schon bei der bloßen Nennung des Namens Studio Ghibli ins Schwärmen. Stärker noch als Disney und Pixar steht das japanische Animationsstudio für pure Kinomagie auf einem (fast) durchgehend hohen Niveau. Dass hinter dieser vermeintlichen Leichtigkeit, den wundersamen bis alltäglichen Figuren und den verschwenderisch detailvollen Szenerien harte, jahrelange Arbeit steckt, das wird dabei gern vergessen. Alleine deshalb schon darf man für den Dokumentarfilm The Kingdom of Dreams and Madness dankbar sein, der bemerkenswert nüchtern zeigt, was eigentlich hinter den Kulissen der Animegroßmeister so passiert.

„Darf ich bei der Arbeit zusehen“, fragte Mami Sunada im Jahr 2012. Es war ein guter Zeitpunkt, wurde damals doch parallel gleich an zwei Spielfilmen gearbeitet, die vermutlich die jeweils letzten der beiden Regisseure und Studio-Begründer Hayao Miyazaki und Isao Takahata gewesen sein dürften. Während Miyazaki in Wie der Wind sich hebt dem jungen Flugzeugbauer Jiro Horikoshi ein Denkmal setzte, nahm sich Takahata in Die Legende der Prinzessin Kaguya einer alten, bekannten Sage Japans an. Zwei Filme, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, von zwei Regisseuren, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten.

Auf der einen Seite Miyazaki, der Mann der festen Rituale. Einer, dessen Tagesablauf klar durchstrukturiert ist und der andere mit seinem Perfektionismus in den Wahnsinn treibt. Und auf der anderen Takahata, der kein großes Verständnis für Disziplin oder Zeitpläne hat und andere mit seinem Chaos in den Wahnsinn treibt. Nein, dass „Wahnsinn“ im Titel der Dokumentation steht, das ist kein Zufall, wer den Dokumentarfilm gesehen hat, wird sich wundern, wie überhaupt je einer der großen Animeklassiker fertig werden konnte.

Zu sehen sind diese übrigens fast gar nicht, auch die beiden damals noch in Produktion gewesenen Filme werden zwar oft erwähnt, aber kaum gezeigt. In Erinnerungen geschwelgt wird hier daher nicht, auch wenn Sunada mit ihren harmlosen Fragen an manchen Stellen eher wie ein Fangirl wirkt, ist The Kingdom of Dreams and Madness keine direkte Liebeserklärung an das Studio und seine Leute. Vielleicht ist es sogar diese Harmlosigkeit, welche es ihr möglich macht, offene, nicht immer positive Einblicke in die Arbeits- und Denkvorgänge zu erhaschen. An manchen Stellen wirkt Miyazaki, der meistens im Mittelpunkt steht, wie ein netter Onkel, an anderen wie ein Tyrann. Der Dokumentarfilm ist deshalb auch in weiten Teilen eine Art Psychogramm, bei dem die Akteure stärker im Vordergrund stehen als die Arbeit.

Einer dieser Akteure: Toshio Suzuki. Der war in der öffentlichen Wahrnehmung zwar eher selten anzutreffen, sorgte aber als Mitgründer, Produzent und langjähriger Präsident von Studio Ghibli maßgeblich dafür, dass es das Studio überhaupt gab. Durch ihn gewinnt der Zuschauer noch einmal einen etwas anderen Blick auf die Animepioniere, darf mehr über Merchandising und finanzielle Zwänge erfahren, darüber was es heißt, mit den Künstlern zusammenarbeiten zu dürfen. Und zu müssen. Auch wenn der eigentliche Zeichentrickteil ein bisschen kurz kommt und man nur wenig darüber erfährt, wie ein solcher Film tatsächlich, man sicher auch ein bisschen mehr über die Geschichte von Ghibli hätte sprechen können – bis auf Heidi und Nausicäa wird kaum etwas erwähnt –, gehört The Kingdom of Dreams and Madness doch zum Pflichtprogramm eines jeden Fans, der schon immer mal ein bisschen hinter die wunderbaren Bilder der Japaner schauen wollte.



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Wer steckt eigentlich hinter den wundervollen Zeichentrickfilmen von Studio Ghibli? „The Kingdom of Dreams and Madness“ gibt eine sehenswerte und erstaunlich nüchterne Antwort darauf, konzentriert sich stärker auf die Künstler als auf deren Werke.