Die Unschuld Kaibutsu Monster 2023 Hirokazu Koreeda
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Die Unschuld

Die Unschuld Kaibutsu Monster 2023 Hirokazu Koreeda
„Die Unschuld“ // Deutschland-Start: 21. März 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Seit dem Tod ihres Mannes muss sich Saori Mugino (Sakura Ando) alleine um ihren Sohn Minato (Soya Kurokawa) kümmern. Einfach ist das nicht. Vor allem in der letzten Zeit, da der Junge sich immer wieder eigenartig verhält. Wo ist zum Beispiel der eine Schuh von ihm geblieben? Eine wirkliche Antwort erhält sie nicht. Als Minato eines Abends nicht zurückkommt, macht sie sich auf die Suche und findet ihn in einem verlassenen Eisenbahntunnel. Langsam wächst in ihr der Verdacht, dass etwas in der Schule vorgefallen sein muss. Ob sein Lehrer Herr Hori (Eita Nagayama) ihn misshandelt hat? Sie will es genau wissen und konfrontiert die Schule mit ihren Vermutungen. Doch dort will man nichts davon wissen und versucht, die aufgebrachte Mutter abzuwimmeln …

Rückkehr und neue Wege

Zuletzt hatte sich Hirokazu Koreeda bevorzugt im Ausland beschäftigt. Zuerst war da La Vérité – Leben und lügen lassen (2019), ein französisches Drama mit Catherine Deneuve und Juliette Binoche über eine besondere Mutter-Tochter-Beziehung. 2022 folgte Broker – Familie gesucht, ein südkoreanisches Roadmovie, bei dem eine Familie für ein Findelkind gesucht wird. Mit Die Unschuld kehrte der Regisseur wieder in seine Heimat Japan zurück, wo er zuvor immer gedreht hatte. In der Zwischenzeit hatte er zwar in seiner Heimat an mehreren Serien mitgearbeitet. Und doch durfte man neugierig sein: Das Drama ist sein erster japanischer Film seit Shoplifters – Familienbande, für den er 2018 eine Goldene Palme und eine Oscar-Nominierung erhielt. Dabei ist der Film in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich, trotz der Rückkehr beschreitet Koreeda teils neue Wege.

So stammte das Drehbuch diesmal nicht von ihm, zum ersten Mal seit fast 30 Jahren. Stattdessen hat Yûji Sakamoto dieses verfasst und wurde prompt bei der Premiere in Cannes dafür ausgezeichnet. Manche werden vielleicht den von ihm geschriebenen Film In Love and Deep Water gesehen haben, der vor einigen Wochen auf Netflix erschienen ist, eine Mischung aus Krimi und Liebeskomödie, bei der ein Mord auf einem Luxusschiff aufgeklärt werden muss. Auch bei Die Unschuld geht es darum, die Wahrheit herauszufinden. Anfangs meint man auch, es mit einem Thriller zu tun zu haben. Wir sehen ein Gebäude, das in Flammen steht. Und natürlich steht der Verdacht im Raum, dass der Lehrer ein Verbrechen begangen haben könnte. Doch auch wenn der Film zum Start als Genrebeitrag angekündigt wurde, man diese Angabe oft liest, das passt nicht so wirklich.

Multiperspektivisches Drama

Vielmehr handelt es sich um ein Drama, bei dem Stück für Stück ein Puzzle zusammengesetzt wird. Zu diesem Zweck wird die Geschichte mehr oder weniger dreimal erzählt, einmal aus der Sicht der Mutter, einmal aus der des Lehrers, zum Schluss kommt die Perspektive des Jungen. Das Prinzip ist bekannt, das multiperspektivische Erzählen ist seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil des Kinos. Rashomon von Koreedas Landsmann Akira Kurosawa ist da Referenz. Ganz so ambitioniert ist Die Unschuld dabei aber nicht. Es geht hier nicht um die Subjektivität von Wahrheit und wie diese sehr unterschiedlich sein kann. Vielmehr ist die Wahrheit durchaus eindeutig, sie wird nur nicht erkannt. Ohne zu viel vorab vom Inhalt verraten zu wollen, zeigt uns der Film auf, wie schnell wir Situationen falsch verstehen und beurteilen können. Und wie fatal es sein kann, solche Urteile zu fällen.

Einen leicht moralischen Unterton hat das Drama also durchaus. Das gilt auch dann, als wir in der Auflösung erfahren, worum es eigentlich ging. Dabei werden menschliche Abgründe angesprochen – nicht ohne Grund lautet der Originaltitel Kaibutsu, übersetzt Monster. Das geht zu Herzen, wie fast immer bei Koreeda. Wo es sonst oft aber auch humorvolle, leichtere Momente gibt, wenn sich alternative Familienkonstrukte zusammensetzen, da ist Die Unschuld mit starken sozialkritischen Aussagen verbunden. Der wendungsreiche Film ist ein Appell für mehr Toleranz und Entgegenkommen. Dafür, anderen Menschen zu helfen, für sie da zu sein. Und eben ihnen zuzuhören und sich nicht darauf zu beschränken, vorschnelle Urteile zu fällen.

Credits

OT: „Kaibutsu“
IT: „Monster“
Land: Japan
Jahr: 2023
Regie: Hirokazu Koreeda
Drehbuch: Yûji Sakamoto
Musik: Ryuichi Sakamoto
Kamera: Ryuto Kondo
Besetzung: Sakura Ando, Eita Nagayama, Soya Kurokawa, Hinata Hiiragi, Yuko Tanaka

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Die Unschuld
fazit
„Die Unschuld“ nähert sich im Rahmen einer multiperspektivischen Erzählung der Wahrheit an, warum sich ein Junge seit einiger Zeit so seltsam verhält. Die Auflösung ist überraschend, wenn sich viele Urteile als falsch und vorschnell herausstellen. Doch auch wenn der Film manchmal als Thriller verkauft wird, handelt es sich vielmehr um ein zu Herzen gehendes Drama um Intoleranz, Vorurteile und Mitgefühl.
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