Priscilla MUBI Streamen online
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Priscilla

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„Priscilla“ // Deutschland-Start: 4. Januar 2024 (Kino) // 11. April 2024 (DVD / Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Bad Nauheim, 1959, auf einer US Air Base. Ein fremder Mann spricht die junge Priscilla Beaulieu (Cailee Spaeny) an. Ob sie Elvis Presley (Jacob Elordi) kennenlernen wolle, der zu dieser Zeit seinen Militärdienst in Deutschland ableistet? Und wie sie will! Priscilla ist seit langem ein Fan des Mannes, der damals schon ein Superstar war. „Heartbreak Hotel“ ist ihr Lieblingslied, der Song von den gebrochenen Herzen. Ein Vorzeichen? Damals sicher nicht. Der Superstar lässt kaum die Augen von der erst 14-jährigen Schülerin, die schüchtern und kindlich wirkt unter den ausgelassenen Gästen. Im Gespräch unter vier Augen zeigt er sich verletzlich. Der zehn Jahre Ältere trauert um seine verstorbene Mutter. Außerdem hat er Heimweh, genau wie Priscilla, die wegen der Versetzung ihres Stiefvaters Paul (Ari Cohen) nach Deutschland nun keine Freunde mehr hat. Auch nach Elvis‘ Rückkehr in die USA reißt der Kontakt der beiden Seelenverwandten nur kurz ab. Zwei Jahre später ringt der „King of Rock ’n’ Roll“ Priscillas Mutter Ann (Dagmara Dominczyk)“ die Erlaubnis ab, die nunmehr 17-jährige in seine legendäre Villa „Graceland“ ziehen zu lassen, wo sie tagsüber in eine katholische Mädchenschule geht und dort ihren Highschool-Abschluss macht. Ein bitter-süßes Abenteuer beginnt.

Wie im Märchen

Realität oder Märchen? Priscilla müsste sich eigentlich kneifen, als sie zu ihrem zweiten Treffen mit Elvis abgeholt wird. Frisch verliebt sitzt sie auf dem Rücksitz, strahlend vor Glück. Die Kamera von Philippe Le Sourd verweilt auf ihrem Gesicht, als wolle sie diesen Moment ganz auskosten. Auch in der Folge wird sie nah bei dem Mädchen bleiben, das die gesamte Gefühlspalette einer schwierigen Beziehung durchlebt: Freude und Enttäuschung, Einsamkeit und ewiges Warten, Schmerz über Elvis‘ Affären und die Klatschgeschichten in der Yellow Press, ein Leben im goldenen Käfig. Denn der Superstar formt sie wie Knete unter seinen Händen: Kleidung, Haarfarbe, Augen-Make-Up, alles soll seinen Wünschen entsprechen. Was ihr gefällt, ist tabu. Arbeiten darf sie nicht, ihn nach Hollywood oder auf Tour begleiten, ebenfalls nicht, nur sich zu Hause nach ihm sehnen, so stellt er sich das vor, wenn man Priscillas Erinnerungen in ihrem Buch Elvis und ich von 1985 glauben darf.

Sofia Coppola (Lost in Translation, 2003; Die Verführten, 2017) glaubt ihr nicht nur. Sie will genau diese Geschichte verfilmen, auch wenn sie sich aus heutiger Perspektive als Kindesmissbrauch anfühlt, zwar nicht in sexueller Hinsicht, aber sehr wohl als seelische Grausamkeit, angetan einem Mädchen, das sich nicht auf Augenhöhe wehren kann. Die Regisseurin unterstreicht das Machtgefälle sogar, indem sie den männlichen Darsteller körperlich noch größer besetzt und die Hauptfigur noch kleiner als die realen Vorbilder. Aber sie enthält sich jeglichen Urteils und will ganz in Priscillas Gefühlswelt eintauchen. Ob sich das alles wirklich so abgespielt hat, darf man zumindest anzweifeln, wenn man das Buch Child Bride: The Untold Story of Priscilla Beaulieu Presley von der amerikanischen Autorin Suzanne Finstad zur Kenntnis nimmt. Dort wird die „Kindbraut“ als durchaus aktiver Fan beschrieben, der Elvis von sich aus verführen und Teil seiner Glamour-Welt werden wollte.

Studie der Einsamkeit

In seinen besten Momenten erinnert der Film an stärkere Werke der Autorenfilmerin wie zum Beispiel Lost in Translation. Das visuell intensive Eintauchen in Gefühle von Langeweile und Entfremdung ist seit diesem Durchbruch fast so etwas wie ihr Lebensthema geworden. Auch Priscilla erforscht die Einsamkeit inmitten einer luxuriösen Ausstattung, bei der das Filmteam freie Hand hatte, denn das „Graceland“ von heute ist nicht das von damals. Elvis ließ es nach Priscillas Auszug komplett umbauen. Des Öfteren fühlt man sich bei der einsamen Frau in den weitläufigen, pastellfarbigen Räumen auch an die trauernde Jackie (2016) von Pablo Larraín erinnert. Aber Priscilla lässt sich nicht wirklich fallen in den Schmerz ihrer Hauptfigur, obwohl der Akzent des Films auf solchen nachdenklichen, in langen Einstellungen gedrehten Szenen liegt, und nicht auf den Montagesequenzen der wilden Party- und Shoppingsequenzen, wenn Elvis ausnahmsweise mal zu Hause vorbeischaut. Unterm Strich soll die Kindfrau bei allem Leid auch als eine gezeigt werden, die ihren Elvis bis heute liebt. So will es die echte Priscilla, die Nachlassverwalterin des „King“, die auch als Mit-Produzentin des Films fungiert. Wer etwas anderes behauptet, kann schnell von ihr verklagt werden.

Zuweilen werden das Eingesperrtsein und das übergriffige Verhalten des hier gezeigten Elvis so bedrückend, dass man eingreifen möchte. Es wirkt wie ein lang herbeigesehnter Befreiungsschlag, als Priscilla das erste Mal widerspricht. Langsam hellt sich die seelische Düsternis in den lichtdurchfluteten Räumen auf und die stimmungsvolle Kamera nimmt einen Teenager ins Visier, der nach und nach zur Frau reift. In all der Fremdbestimmung bahnt sich Priscilla trotz widrigster Umstände ihren eigenen Weg. Diese außergewöhnliche Stärke in der inneren Entwicklung hat Sofia Coppola nach eigenem Bekunden am meisten interessiert. Dadurch reicht die sanfte Heldin dann doch noch all den bisherigen Frauenfiguren die Hand, mit denen die Regisseurin das Publikum beschenkt hat.

Credits

OT: „Priscilla“
Land: USA, Italien
Jahr: 2023
Regie: Sofia Coppola
Drehbuch: Sofia Coppola
Musik: Phoenix
Kamera: Philippe Le Sourd
Besetzung: Cailee Spaeny, Jacob Elordi, Dagmara Dominczyk, Ari Cohen, Jorja Cadence, Emily Mitchell, Tim Post

Bilder

Trailer

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Priscilla
fazit
Teilweise verstörend, aber immer solidarisch mit ihrer Heldin lässt Sofia Coppola die 14 Jahre Revue passieren, in denen Priscilla Presley die Geliebte und Ehefrau des „King of Rock ’n’ Roll“ war. Elvis wird hier zur überraschend traditionalistischen Nebenfigur. Die Bühne gehört ganz einem Mädchen, das den Frauenhelden vor allem deshalb bezauberte, weil sie so kindlich und formbar war.
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