Welcome Venice
© Kairos Filmverleih

Welcome Venice

Welcome Venice
„Welcome Venice“ // Deutschland-Start: 3. August 2023 (Kino)

Inhalt/Kritik

Die beschauliche Inselgruppe Giudecca liegt im Süden der Stadt Venedig. Hier wohnen die Brüder Piero (Paolo Pierobon) und Toni (Roberto Citran), welche wie ihr Vater zuvor als Fischer tätig sind. Der dritte im Bunde ist Alvise (Andrea Pennacchi). Als jüngster Bruder schert er etwas aus der Art, kann der traditionellen Krabbenfischerei nicht viel abgewinnen. Stattdessen schlägt er aus dem Tourismus Kapital, der sich trotz der Corona-Pandemie immer noch als profitabel erweist. Nachdem Toni vom Blitz getroffen wird und stirbt, möchte Alvise das Elternhaus künftig an Feriengäste vermieten. Piero allerdings hält überhaupt nichts von der Idee, wie er auch überhaupt den ganzen Veränderungen in der Stadt ablehnend gegenübersteht. Können die beiden Brüder sich irgendwie einigen oder werden sie sich vollends auseinanderleben?

Szenen aus dem Alltag

„Wer hat die U-Bahn erfunden?“
„Den Namen weiß ich nicht, es waren die Engländer, Mitte des [19. Jahrhunderts].“
„Großartige Erfindung.“

Das ist nur einer der vielen belanglosen Dialoge, die Welcome Venice ausmachen. So belanglos und deplatziert sie für sich genommen auch sein mögen (der beispielhaft gewählte etwa findet nach einer Vertragsunterzeichnung statt), sie sind doch aus dem Leben gegriffen und fügen sich organisch ins Gesamtbild des Filmes ein. Vielleicht liegt es auch an diesen flüssigen Dialogen, dass das Schauspiel zu den größten Stärken von Welcome Venice zählt.

Intensives Familiendrama

Direkt zu Beginn des Films lernen wir die gesamte Familie kennen, welche sich alsbald wieder zerstreut, um danach nur noch einmal vollständig versammelt aufzutreten. Die Anlässe sind dabei ziemlich gegensätzlich: Zuerst wird ein Geburtstag gefeiert, später eine Beerdigung abgehalten. Der Geburtstag wird von einem Anruf unterbrochen, der Alvise betrifft. Bereits hier wird uns gezeigt, dass er sich von der Familie abgespaltet hat. Nach der Beerdigung von Toni erzählt Alvise davon, wie der Vater ihm das Schwimmen beibringen wollte. Genau so nämlich, wie auch seinen beiden Brüdern zuvor: Indem er mit dem Boot aufs Wasser hinausgefahren ist und Alvise einfach über Bord geworfen hat. Nur hatte diese Vorgehensweise beim jüngsten Sohn keinen Erfolg, er musste wieder herausgezogen werden, wäre andernfalls ertrunken.

Diese Szene zeigt aber nicht nur auf, wie sehr Alvise von den Familientraditionen abweicht, sie lässt uns nicht nur noch mehr Einblick darin gewinnen, wie sehr er sich von seinen Brüdern, natürlich insbesondere Piero, unterscheidet. Diese Szene legt den Grundstein für den intensivsten Moment in Welcome Venice, über welchen der Spoilervermeidung wegen hier nur andeutungsweise gesprochen werden kann. Ein Charakter scheint jedenfalls mit einer Entscheidung zu hadern, zumindest kurzweilig tatsächlich in Erwägung zu ziehen, bis zum Äußersten zu gehen. Es ist vorstellbar, dass die Situation deutlich schlimmer verlaufen wäre, wären die Rollen der beteiligten Akteure vertauscht gewesen. So aber lässt sich daraus ein Argument für die Stärke von familiären Banden schmieden.

Kampf zwischen Tradition und Moderne

Regisseur Andrea Serge, der gemeinsam mit Marco Pettenello das Drehbuch schrieb, hat überwiegend Dokumentarfilme gemacht. Das ist Welcome Venice stellenweise auch anzumerken. Ähnlich wie in Gehen und Bleiben legt der Streifen gelegentlich ein Päuschen ein, um Landschaftsbilder einzufangen. Anders als etwa in A Prayer Before Dawn – Das letzte Gebet reißen diese dokumentarisch angehauchten Szenen nicht aus der Immersion, da Serge clever genug ist, die Kameraeinstellungen cineastisch bearbeiten zu lassen. Dadurch fallen die Bilder nicht störend auf, sondern machen den Film atmosphärisch. Allerdings scheint das Konzept nicht ganz zu Ende gedacht zu sein, da Venedig insgesamt eine eher untergeordnete Rolle spielt.

Welcome Venice ist sehr leise und hebt sich die größte Pointe für den Schluss auf. Es steckt zwar durchaus eine gewisse Komik darin, allerdings hört der Film damit auch einfach auf, statt ein richtiges Ende zu haben. Die finale Szene kann jedoch wiederum in Zusammenhang mit der weiter oben angedeuteten gesehen werden, als weiteres Scharmützel im ewigen Kampf zwischen Tradition und Moderne.

Credits

OT: „Welcome Venice“
Land: Italien
Jahr: 2021
Regie: Andrea Serge
Drehbuch: Andrea Serge, Marco Pettenello
Musik: Theo Tohardo
Kamera: Matteo Calore
Besetzung: Paolo Pierobon, Andrea Pennacchi, Roberto Citran, Anna Bellato, Sara Lazzaro, Giuliana Musso, Ottavia Piccolo, Stefano Scandaletti, Francesco Wolf

Bilder

Trailer

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Venedig 2021

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Welcome Venice
Fazit
"Welcome Venice" ist ein leiser Film über Familie, Traditionen, Moderne und Veränderung. Er überzeugt vor allem mit seinem Schauspiel, lässt einige andere Dinge - wie etwa ein vernünftiges Ende - dafür allerdings zu kurz kommen.
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