A Prayer Before Dawn
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A Prayer Before Dawn – Das letzte Gebet

A Prayer Before Dawn DVD
„A Prayer Before Dawn“ // Deutschland-Start: 8. November 2018 (Kino) // 8. März 2019 (DVD/Blu-ray)

Bei Drogendelikten versteht man in Thailand wenig Spaß. Das bekommt auch Amateurboxer Billy Moore (Joe Cole) zu spüren, nachdem er fürs Dealen zu einer Haftstrafe im härtesten Knast des Landes verurteilt wird. Als einziger Weißer unter lauter Thais ist der Aufenthalt im „Bangkok Hilton“ noch einmal drei Stufen unangenehmer. Darüber hinaus setzt ihm seine Heroinsucht zu, für ihn scheint alles verloren. Als sich ihm dann aber die Möglichkeit eröffnet, seine Kampffähigkeiten einzusetzen, scheint sich das Blatt vorerst zu wenden …

Ein englischsprachiger Kämpfer, der in einen thailändischen Knast geworfen wird? Das erinnert an Kickboxer: Die Abrechnung. Gefängnisturniere unter Häftlingen? Da drängen sich schnell Assoziationen an das Undisputed-Franchise auf. Mit Filmen dieser Art hat A Prayer Before Dawn – Das letzte Gebet allerdings so gar nichts zu tun. Das liegt nicht nur daran, dass er auf den wirklich erlebten Ereignissen des realen William Moore beziehungsweise seiner Biografie A Prayer Before Dawn: My Nightmare in Thailand’s Prisons beruht. Es steht hier beinahe wortwörtlich der Protagonist Moore – fantastisch verkörpert von Cole – im Mittelpunkt, oft klebt die Kamera förmlich an ihm und ist auch sonst immer recht nahe am Geschehen. Während eine verwackelte Handkamera nicht selten ein falsch gewähltes und eingesetztes Stilmittel ist, passt die Arbeit von David Ungaro hier teilweise erfreulich gut zur Handlung und der Stimmung des Films.

Was lange währt, wird endlich brutal
Schon für einen Touristen, der des Thailändischen nicht mächtig ist, kann ein Aufenthalt in Bangkok mit einigen Komplikationen verbunden sein – wie viel mehr gilt das für einen Knastinsassen. Der einzige Weiße zu sein und zudem keinerlei Tattoos zu haben, hilft auch nicht gerade, wenn bei den halbnackten Mitgefangenen um einen herum mehr von der Tinte als von der dunkleren Haut zu sehen ist. Moore ist in gewissem Maße also alleine auf weiter Flur, in einem anderen, weltlicheren Maße ist er allerdings auf engem Raum mit vielen skrupellosen Verbrechern eingepfercht. Die einzigen Verbündeten sind seine Fäuste, auch wenn er einige Hindernisse überwinden muss, bevor er sie wirksam einsetzen kann. Mehr als eine Stunde dauert es, bis Moore so richtig in den Ring steigen darf; der Kampf ist brutal und verhilft ihm zur Chance, für das Gefängnis an der nationalen Meisterschaft teilzunehmen, aber bei knapp zwei Stunden Laufzeit ist die Action dann doch eher rar gesät.

Die letzten paar Sekunden sind sehr stark und wirken sowohl im Film als auch auf einer Metaebene. Der Großteil von A Prayer Before Dawn vermittelt allerdings den Eindruck, als wäre an Jean-Stéphane Sauvaire ein begnadeter Dokumentarfilmer verloren gegangen. Am Gefängnisalltag wird nichts beschönigt, das tropische Klima setzt dem Zuschauer durch die konstant schwitzenden Körper der Darsteller beinahe selbst schon zu, der Cast besteht überwiegend nicht aus professionellen Schauspielern, sondern aus professionellen Boxern und Ex-Häftlingen – dürfte man den Film mit nur einem einzigen Nomen beschreiben, die Wahl könnte nur auf „Authentizität“ fallen.

Ein Übermaß an Realismus
Während das alles also zum gnadenlosen Realismus beiträgt, schadet es dem Film letztendlich mehr als dass es ihm nützt. Der durch die Machart evozierte dokumentarische Charakter sorgt paradoxerweise dafür, dass sich Zuschauer weniger in die Handlung hineinversetzen können. Anders als der gesunde Menschenverstand vermuten würde, schafft eine dokumentarische Herangehensweise mehr Distanz zum Sujet, während gerade die bewusst fiktive Inszenierung zum Eintauchen einlädt. Die Frage „Ist das jetzt echt?“ stellt sich gar nicht erst, wenn von vornherein klar kommuniziert wird, dass der Film vom Publikum eine gewisse suspension of disbelief verlangt. Ist das Gezeigte aber berichtend festgehalten, drängt sich die Frage auf und kann den Zuschauer aus dem Film reißen. Auf rationaler Ebene ist die Entscheidung von Sauvaire nachzuvollziehen und es gibt durchaus Szenen in A Prayer Before Dawn, die gut funktionieren, aber unterm Strich war es die falsche Entscheidung.



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Wer mit der Erwartung eines reinen Kampffilms an „A Prayer before Dawn – Das letzte Gebet“ herangeht, dürfte maßlos enttäuscht werden, Freunde des langsamen Dramas werden ihm aber etwas abgewinnen können. Die Kameraführung und andere Faktoren sorgen für herausragende Authentizität, was den Film jedoch überwiegend wie eine Dokumentation wirken lässt und die Immersion stark beeinträchtigt.
5
von 10