Olaf Jagger
© Ester.Reglin.Film/ Martin Rottenkolber

Olaf Jagger

„Olaf Jagger“ // Deutschland-Start: 6. April 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

Als Olaf Schubert bei seinem „Vati“ (Franz-Jürgen Zigelski) den Keller aufräumen will, entdeckt er alten „Radioquatsch“ seiner Mutter. Darunter befindet sich zu seiner Überraschung die Aufnahme eines alten Interviews mit Sir Mick Jagger. Münster 1965. Hatte seine Mutter den Rockmusiker etwa gekannt? Hatte sie vielleicht sogar eine Affäre mit ihm? Damit entwickelt sich eine herrlich skurrile Spurensuche auf der Leinwand. Die Frage der Fragen dabei: Kann es sein, dass Olaf Schubert der leibliche Sohn von Rocklegende Sir Mick Jagger ist? Eine gewisse Ähnlichkeit besteht ja schon…

Eine skurrile Detektivgeschichte

Mit Olaf Jagger liefert uns die preisgekrönte Regisseurin Heike Fink eine fiktionale Dokumentation. Es beginnt damit, dass Olaf Schubert für die sozialen Medien Content produzieren will, um seine Fans zu unterhalten. Doch in einem der alten Kartons – auf ähnliche Weise beflügeln Formate wie Bares für Rares die Phantasie – findet sich ein alter Schatz: ein Interview seiner Mutter mit Sir Mick Jagger. Auf Grund von Olaf Schuberts Art ist diese ganze Anfangssituation bereits authentisch und lustig und man fragt sich, selbst, wenn man weiß, dass es sich um eine Pseudo-Dokumentation handelt: Hat seine Mutter wirklich beim Radio gearbeitet? Könnte zumindest das Interview echt sein? Obwohl man also schon merkt, dass es auf einer Ebene fiktional ist, was uns das Filmteam von Olaf Schubert so angeblich unverhofft darbieten kann, scheint die Wahrheit nicht weit entfernt zu liegen – X-Faktor – Das Unfassbare lässt grüßen.

Olaf Schubert beginnt gewissermaßen in seiner Bühnenrolle, in dem er für Social Media etwas aufnehmen möchte. Nach der Entdeckung des Interviews tauchen jedoch Fragen auf, welche den Menschen hinter der Kunstfigur betreffen. Er behält natürlich seine lustige Art, gleichzeitig erleben wir aber, dass er auch ernster werden kann. Als er beim Lesen eines Dokuments in der Stasiunterlagenbehörde auf Neuigkeiten aufmerksam wird, wendet Olaf Schubert einen durchaus bekannten Trick an. Er möchte, dass die Kamera ausgemacht wird. Er muss das Gelesene erst verarbeiten. Die Situation scheint also vermeidlich zu privat zu sein. Als Zuschauer mag man sich denken: Okay, er spielt gerade keine Rolle. Dadurch wird der dokumentarische Charakter untermalt, der uns Glaubwürdigkeit vorgaukelt.

Der Film driftet dabei nie in eine anstrengende Ernsthaftigkeit ab, die den Humor oder eine gewisse Leichtigkeit vermissen lässt. Tatsächlich merkt man dem Cast deutlich an, dass er Spaß bei den Dreharbeiten hatte. Selbst dann, wenn Olaf Schubert etwas bissiger in seinen Witzen wird, scheinbar getroffen von der Vorstellung, dass er all die Jahre belogen wurde, macht es noch Spaß, seiner detektivischen Reise zu folgen. Es gab mitunter auch Momente, etwa die Szene im Museum, in welcher die Pointe ein wenig lasch transportiert wurde. Der Diebstahl der Haarlocke hätte spannender inszeniert sein dürfen, wobei das Meckern auf hohem Niveau ist. Man darf hier auch nicht vergessen: Die Szenen werden von Olaf Schuberts Improvisationstalent getragen.

Im Pressestatement der Regisseurin erklärt Heike Fink, dass es nur „handlungskonstituierende, inhaltliche Markierungen“ brauchte, woraufhin Olaf Schubert in seine Rolle eintauchte. Inhaltlich bereichert er die Szenen mit Situationskomik, improvisierten Einfällen und skurrilen Momenten. Auf sein komödiantisches Talent statt nur auf Skript und geschriebene Dialoge zu setzen, zahlt sich aus für Olaf Jagger. Es gelingt dem Kabarettisten die Aufmerksamkeit oben zu halten. Dass der Film gut funktioniert, hat aber noch andere Gründe.

Bekannte Gesichter, Tiefe, der Schnitt

Die Situationen mit seinem Vater geben der Komödie eine authentisch anmutende Tiefe, indem sie sich zum Beispiel über Alltägliches streiten wie die Goldfische. Stellenweise fühlt man sich dabei schwach an Sketche von Loriot erinnert. Der Film geht hier auch Fragen nach, wie der Bedeutung der Familie, den Wurzeln. Mit der Suche ist es auch eine Frage nach den kreativen Wurzeln, was ein spannender Subtext ist.

In diesem Zusammenhang ist Olaf Jagger auch dahingehend spannend, dass er die Geschichtsfragmente der DDR aufgreift, sie in Teilen neu erzählt, die Geschichten von Menschen anhört, die er auf den Stationen seiner Suche antrifft. Etwa Oliver Welke aus der ZDF heute-show, oder Flake von Rammstein, wobei die Szene mit dem Rammstein-Mitglied besonders lustig ist. Aber nicht nur die Personen sind unterhaltsam in die Mockumentary eingebunden, auch die Drehorte sind spannend. Besonders hervorheben kann man die Halle Münsterland, aber auch das Chateau in Frankreich.

Der Schnitt funktioniert auch und erzeugt einen guten Fluss. Interviewsituationen, alte Aufnahmen, Olaf im Auto, etc. Der Wechsel der Locations hat einen guten Rhythmus wie Sir Mick Jagger selbst. Dadurch wird auch ein Gefühl des Fortschritts der Suche vermittelt. Einmal imitiert Olaf den Sänger im Hotel. Er singt vor einer Wand, an die ein Auftritt der Rolling Stones projiziert wird. Diese Überlappung von Neu und Alt, Vater und Sohn durch die Zeit getrennt, ein skurriles Duett, hat etwas Poetisches. Eine Szene, die vom Timing nicht so ganz zu passen scheint, ein wenig „im Nachhinein drangehängt“ wirkt, ist der Epilog. Aber auch das ist Meckern auf hohem Niveau.

Credits

OT: „Olaf Jagger“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Heike Fink
Drehbuch: Heike Fink
Musik: Dürbeck und Dohmen
Kamera: Hajo Schomerus
Besetzung: Olaf Schubert, Franz-Jürgen Zigelski, Ursula-Rosamaria Gottert, Alexander Schubert

Bilder

Trailer

Interview

Wer mehr über den Film erfahren möchte: Wir hatten die Gelegenheit, uns mit Olaf Schubert zu unterhalten. Im Interview zu Olaf Jagger sprechen wir über die Wahrheit, die Rolling Stones und Goldfische.

Olaf Schubert [Interview]

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Olaf Jagger
fazit
Unter der Regie von Heike Fink erzählt der fiktive Dokumentarfilm „Olaf Jagger“ eine wunderbar skurrile Detektivgeschichte. Olaf Schuberts Suche nach seinem berühmten, vermeintlich leiblichen Vater Sir Mick Jagger. Mit viel Situationskomik und improvisierten Einfällen ist das ein unterhaltsamer Film geworden – nicht nur für Fans des Comedians.
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