Nichts, was uns passiert TV Fernsehen Das Erste ARD Streaming Mediathek
© WDR/Gaumont/Thomas Kost

Nichts, was uns passiert

Nichts, was uns passiert TV Fernsehen Das Erste ARD Streaming Mediathek
„Nichts, was uns passiert“ // Deutschland-Start: 1. März 2023 (Das Erste)

Inhalt / Kritik

Als die 27-jährige Anna (Emma Drogunova) den ein Jahr älteren Jonas (Gustav Schmidt) kennenlernt, kommen sich die beiden zwar schnell näher. So richtig funktioniert das mit den zweien aber nicht, immer wieder ist das Verhältnis von Konflikten geprägt. So auch bei einer Party, wo die zwei sich wieder über den Weg laufen – und am Ende im Bett landen. Doch war es einvernehmlicher Sex? Während Anna darauf besteht, sich dagegen gewehrt zu haben und letztendlich vergewaltigt worden zu sein, da ist Jonas davon überzeugt, nichts falsch gemacht zu haben. Dabei wird die Podcasterin Kelly (Shari Asha Crosson) auf die Geschichte aufmerksam und versucht, beiden Seiten die Möglichkeit zu geben, ihre Sicht zu teilen …

Vergewaltigung oder nicht?

In Folge von #MeToo hat es eine ganze Reihe von Filmen gegeben, die sich auf die eine oder andere Weise mit dem Thema der Vergewaltigung oder des sexuellen Übergriffs befasst haben. So auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern. Sowohl So laut du kannst wie auch Trügerische Sicherheit erzählten davon, wie Frauen von Männern missbraucht wurden, die eine Machtposition innehatten. Beide erzählten auch, wie schwierig es für die Opfer war, sich im Anschluss Gehör zu verschaffen. Wer glaubt schon einem Niemand, wenn der Beschuldigte ein Jemand mit tadellosem Ruf und viel Einfluss ist? Nun folgt mit der ARD-Produktion Nichts, was uns passiert ein weiteres Drama, das in diesem Themengebiet spielt und sich mit den Fragen beschäftigt, die schon bei den obigen Kolleginnen zur Sprache kamen.

Wobei der Film in mehrfacher Hinsicht in eine andere Richtung geht. Während es bei den obigen Beispielen um bedeutende Männer ging, was die Geschichte noch weiter verkomplizierte, ist in Nichts, was uns passiert der Beschuldigte ein gewöhnlicher Student. Er und sein mutmaßliches Opfer begegnen sich auch nicht im beruflichen Umfeld, sondern verkehrten privat miteinander und kamen sich dabei mehrfach näher. Das führt zu mehr Unsicherheit, ob es sich überhaupt um eine Vergewaltigung handelt. Anfangs spielt die Adaption des gleichnamigen Romans von Bettina Wilpert auch mit dieser Ungewissheit. Das Element des Podcast-Interviews funktioniert an der Stelle auch recht gut, da die zwei ihre jeweiligen Versionen der Ereignisse teilen können. Das Publikum daheim vor den Fernsehern wird so zur Jury, das implizit dazu aufgerufen wird, Stellung zu beziehen. Wem von beiden können wir glauben? Wem sollen wir glauben?

Kein schlüssiges Konzept

Nur wird das Ganze nicht sonderlich konsequent von Regisseurin und Drehbuchautorin Julia C. Kaiser (Die Hannas) durchgezogen. Zum einen wird Anna deutlich mehr Raum zugestanden als Jonas. Wo es anfangs noch einen Wechsel der Perspektiven gibt, schlägt sich der Film später sehr eindeutig auf die Seite von Anna. Das ergibt sich jedoch nicht aus der Geschichte selbst heraus. Es wird auf irritierende Weise einfach festgelegt, einfach so mittendrin. Nun ist es nicht verkehrt, sich auf die Seite der Frau zu schlagen. Das taten die obigen Filme ja auch. Bei Nichts, was uns passiert wird auf diese Weise aber nicht klar, was genau der Film denn will. Die Schwierigkeiten von Vergewaltigungsopfern, Gerechtigkeit zu erfahren, werden ebenso angesprochen wie Victim Shaming, demzufolge das Opfer etwas Schlechtes getan hat. Aber alles wird irgendwie zusammengeworfen, ohne dass daraus je ein schlüssiges narratives Konzept würde.

Das ist schade, weil das Thema ebenso wichtig ist wie die Fragen, die aufgeworfen werden. Auch schauspielerisch überzeugt der Film, gerade Emma Drogunova (In Berlin wächst kein Orangenbaum) hat einige starke Szenen. Umso bedauerlicher ist, dass das Ensemble nicht das Drehbuch erhielt, das es verdient hätte. Zu oft schwank der Film zwischen willkürlich und plump, will unbedingt relevant sein und hat doch erschreckend wenig zu sagen. Bei einigen besonders plakativen Momenten ist sogar die Versuchung groß, vorzeitig auszuschalten. Nichts, was uns passiert reicht nicht einmal wirklich, um sinnvolle Diskussionen zu starten, dafür bleibt das zu bruchstückhaft. Das relevante Thema und die Besetzung machen das Drama zwar trotzdem phasenweise zu einem willkommenen Beitrag im Fernsehen. Gut ist das Ergebnis aber kaum.

Credits

OT: „Nichts, was uns passiert“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Julia C. Kaiser
Drehbuch: Julia C. Kaiser
Vorlage: Bettina Wilpert
Musik: Victoria Hillestad
Kamera: Lotta Kilian
Besetzung: Emma Drogunova, Lamin Leroy Gibba, Gustav Schmidt, Shari Asha Crosson, Katja Hutko, Amina Merai, Nils Bannert, Svenja Niekerken

Bilder

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

Nichts, was uns passiert
fazit
„Nichts, was uns passiert“ schwimmt auf der #MeToo-Welle mit, wenn eine Studentin ihren Kommilitonen beschuldigt, sie vergewaltigt zu haben. Der Film bleibt jedoch auf seltsame Weise unschlüssig, nähert sich willkürlich und plump dem wichtigen Thema an. Trotz eines guten Ensembles gehen die wichtigen Fragen dadurch letztendlich unter.
Leserwertung93 Bewertungen
3.7
5
von 10