Lionhearted - Aus der Deckung
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Lionhearted – Aus der Deckung

Inhalt / Kritik

Lionhearted - Aus der Deckung
„Lionhearted“ // Deutschland-Start: 23. September 2021 (Kino) // 28. Januar 2022 (DVD)

„Sport hat die Kraft, die Welt zu verändern. Er hat die Kraft zu inspirieren. Er kann Hoffnung geben, wo vorher nur Verzweiflung war“ – Schon der frühere südafrikanische Präsident Nelson Mandela hat dem Sport eine verbindende Kraft zugeschrieben. Dass dieses Zitat immer noch Bestand hat, zeigt der 90-minütige Dokumentarfilm Lionhearted von Antje Drinnenberg über den Boxtrainer Ali Cukur und seine Schützlinge Saskia, Abu, Raschad und Burak. Es geht um Boxen als Mittel für sozialen Wandel, um Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen und ihrem ganz persönlichem Kampf um ihren Platz in der Gesellschaft.

Ali nimmt sie alle in seinem Gym auf. Mittlerweile boxen über 30 Nationen bei ihm und seinem Trainerstab beim TSV 1860 im Münchner Glockenbachviertel. Aber Ali trainiert sie nicht nur. Er formt sie. Steckt Herzblut rein. Und gibt sie nicht auf. Er nimmt Boxen als Metapher für das Leben. Für ihn geht es nicht darum, zu treffen, sondern darum, nicht getroffen zu werden. Im Ring wie im Leben. Einmal mehr aufstehen als hinfallen. Nicht aufgeben, sondern weitermachen.

Mentor, Vaterfigur und Vertrauensperson

Sätze, die sich die Jugendlichen zu Herzen nehmen. Denn Ali ist für sie mehr als ein Trainer. Er ist Anlaufstation und Halt zugleich. Mentor, Vaterfigur und Vertrauensperson. Beim Training vergessen sie ihre Probleme, ihren Schmerz aus der Vergangenheit, aber auch ihre Angst vor der Zukunft. Sie lernen an sich zu glauben, Probleme mit Worten statt mit Gewalt zu lösen. Sie werden selbstbewusster. Gehen an ihre Grenzen und darüber hinaus. Sie merken, was sie alles schaffen können, wenn sie ein Ziel haben und jemand ihnen vertraut. So wie Ali. Er lobt und ermutigt, weist sie aber auch in ihre Schranken und fordert sie heraus. Denn: Talent ist nicht alles, nur gepaart mit Fleiß, Motivation und Zielstrebigkeit ist Erfolg möglich. Ohne hartes Training und Disziplin geht es nicht. Beim Boxtraining lernen sie dranzubleiben. Mit früheren Verletzungen aus der Vergangenheit abzuschließen. Sich aus ihrer Komfortzone zu wagen.

Um sie auf den jährlichen Vergleichskampf vorzubereiten fliegt Ali mit ihnen in ein Trainingslager. Nicht wie sonst in die Türkei, sondern nach Ghana. Dort erwartet sie eine ganz andere Welt: Sie treffen auf die Boxer von Alis ghanaischem Pendant James Quartey aus dem Agbogbloshie Slum. Mehr Müllhalde als Elektronikschrottverarbeitung, mitten in einem Viertel in Ghanas Hauptstadt Accra. Hier leben mehr als 40.000 Menschen auf engstem Raum. Die Fassungslosigkeit auf den Gesichtern der Jugendlichen wird zu Demut. Erstmals fühlen sie Dankbarkeit für das, was sie haben. Die Möglichkeiten. Die Chancen. Die Perspektiven. Doch die jungen Boxer von Quartey brauchen kein Mitleid. Im Gegenteil. Sie beeindrucken durch ihr großes Herz. Ihre Kondition bei mehr als 30 Grad. Ihren Kampfgeist und Ihren Ehrgeiz.

Boxen für eine bessere Zukunft

Für die jungen Ghanaer ist das Boxen ihr Ticket raus aus dem Slum. Rein in eine bessere Zukunft. Dafür geben sie alles. Das spüren Alis Schützlinge im täglichen Training. Aber für sie alle gemeinsam ist der Sport eine Flucht aus der Wirklichkeit. Denn das Leben ist manchmal der größere Gegner als der im Ring. Von dem sie die härteren Schläge einstecken müssen. Und das ihnen zeigt, aus welchem Holz sie geschnitzt sind. Wieviel in ihnen steckt. Immer an ihrer Seite: Ali. Er spricht ruhig, fast leise. Unaufgeregt. Selbst wenn er wütend ist, wirkt er gelassen. Aber dennoch zieht er seinem Team manchmal die Ohren lang. Und er weiß, wovon er spricht. Auch er hatte es nicht leicht, kam als Kind aus der Türkei nach Deutschland, musste sich hier beweisen und durchsetzen. All das gibt er nun an die nächste Generation weiter – und nutzt dafür das Boxen.

Trotzdem glorifiziert der Film Ali nicht. Er steht in einer Reihe mit seinen Schützlingen. Auf Augenhöhe. Die Beziehung zu seinen Boxern ist durch Respekt und gegenseitige Wertschätzung geprägt.

Dynamische Boxszenen wechseln sich mit nachdenklichen Interviews ab, Luftaufnahmen aus dem Slum mit den O-Tönen der verschwitzten Boxer während des Trainings. Besonders berührend ist die Szene, bei der der Boxer Burak liebevoll die Hände von den afrikanischen Kids aus dem Slum hält und sie nicht loslässt. Er, das Großmaul, der Sprücheklopfer, der Macho, ist mit einem Mal ganz leise, sanft und liebevoll. Nicht nur er tritt um ein paar Freunde und Erfahrungen reicher die Heimreise nach Deutschland an. Alle Teammitglieder haben von dieser Erfahrung profitiert.

Diese pure, unaufgesetzte und ehrliche Art macht den Film zu einer Liebeserklärung an die verbindende Kraft des Sports. An das Gemeinschaftsgefühl. Unabhängig von Herkunft und Nationalität.

Credits

OT: „Lionhearted“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Antje Drinnenberg
Drehbuch: Antje Drinnenberg
Kamera: Jannis Willbold

Bilder

Trailer

Interviews

Euch hat Lionhearted gefallen? Dann haben wir noch etwas für euch: Boxtrainer Ali Cucur und Regisseurin Antje Drinnenberg haben uns in unseren Interviews mehr über sich und den Dokumentarfilm erzählt.

Ali Cukur [Interview]

Antje Drinnenberg [Interview]

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„Lionhearted“ begleitet den den Boxtrainer Ali Cukur, der jungen Menschen aus schwierigen Verhältnissen wieder eine Perspektive gibt. Der Dokumentarfilm wird dadurch zu einer Liebeserklärung an die verbindende Kraft des Sports
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