Wildland Kød & Blod
© Koch Films

Wildland

Inhalt / Kritik

Wildland
„Wildland“ // Deutschland-Start: 24. Juni 2021 (DVD/Blu-ray)

Nach dem Unfalltod ihrer Mutter zieht die 17-jährige Ida (Sandra Guldberg Kampp) zu ihrer Tante Bodil (Sidse Babett Knudsen) und deren drei erwachsenen Söhnen Jonas (Joachim Fjelstrup), Mads (Besir Zeciri) und David (Elliott Crosset Hove). Eigentlich kennt die Jugendliche diesen Teil der Familie kaum, einen wirklichen Kontakt zu ihnen hat es nie gegeben. Dennoch wird sie dort herzlich aufgenommen, schließlich sind sie Familie. Und als Familie hält man zusammen. Das muss Ida aber auch in anderer Hinsicht einsehen: Familie heißt manchmal wegzusehen und den Mund zu halten. Vor allem bei den diversen kriminellen Machenschaften wird ihr unmissverständlich klargemacht, dass sie loyal zu sein hat, wenn sie nicht den Zorn der Matriarchin zu spüren bekommen will …

Aus Tradition kriminell

Auch wenn das Prinzip heute seltener geworden: Es gibt sie noch die Beispiele, bei denen Eltern ihre Kinder dazu anhalten, ihnen in die beruflichen Fußstapfen zu folgen. Oft geht es dabei um die Übernahme von Familienbetrieben, die vielleicht seit Generationen schon bestehen und der ganze Stolz sind. Aber es geht auch anders, wie das Beispiel Wildland zeigt. Auch da ist es dem Nachwuchs schon vorgegeben, dass es dem Vorbild der Mutter folgt. Sie gibt die Marschrichtung vor, hat sehr genaue Vorstellungen davon, wie es ist, dieses Familiengeschäft. Nur dass keiner die skrupellose Verbrecherin in rein moralischer Hinsicht als Vorbild bezeichnen wollte. Hier gibt es höchstens die Moral des Stärkeren.

Dass eine Jugendliche, die offensichtlich schon vorher nicht das ganz große Familienglück genoss, ausgerechnet bei einem solchen Haufen landet, darf man natürlich schon kritisieren. Vielleicht sollte Wildland in der Hinsicht ein Seitenhieb auf überforderte oder schlichtweg unfähige Behörden sein, die nach dem Prinzip „aus den Augen, aus dem Sinn“ verfahren. So oder so bedeutet der Neustart ein Übergang vom Regen in die Traufe. Immerhin: Die Leute sind nett. Ein wenig zumindest. Es dauert aber nicht lang, bis das Publikum bezeugen kann, dass der demonstrierte Familienzusammenhalt nicht unbedingt auf Zuneigung und Zärtlichkeit basiert. Da werden schon mal Ohrfeigen verteilt, zwischendurch tun es auch offene Beleidigungen.

Mehr Familienporträt als Krimi

Tatsächlich sind die kriminellen Machenschaften der Familie über längere Zeit gar nicht so sehr das Anliegen des Film. Vielmehr beleuchtet das Krimidrama, welches auf der Berlinale 2020 Weltpremiere hatte, die Mechanismen innerhalb der Familie. Die sind dabei gar nicht so leicht zu definieren. Wildland zeigt eine Mutter, die zwar schon für ihre Kinder sorgen will, das aber notfalls mit Gewalt durchdrückt. Auch bei den Kindern ist die Stimmung mindestens angespannt, wechselt zwischendurch ins Aggressive. Da braucht es nicht einmal die Ausflüge zu den Opfern, bei denen Geld geholt werden soll. Es reicht schon der Blick auf den morgendlichen Frühstückstisch, bei dem man immer das Gefühl hat, dass da gleich eine Bombe hochgeht.

Der dänische Film ist dann auch hierfür sehenswert, als Porträt einer verkorksten Familie, weniger als ein echtes Krimidrama. Auch wenn sich die Leute hier offensichtlich gut genug herumschlagen, hat man zwischendurch immer wieder Zweifel daran, ob sie denn eigentlich wissen, was sie da tun. Wildland hätte in der Hinsicht sogar gut als Komödie funktioniert, wenn immer mal wieder etwas schief geht. Und doch hat Regisseurin Jeanette Nordahl bei ihrem Spielfilmdebüt ein Drama vorgelegt, welches trotz aller komischer Situationen ziemlich düster ist. Das bedeutet weniger, dass es zu Herzen geht. Selbst der Schicksalsschlag von Ida entfaltet in diese Richtung nicht sehr viel Wirkung. Stattdessen ist das hier eine tendenziell deprimierende Geschichte über die Sehnsucht nach Zusammengehörigkeit, Missbrauch und Determinismus. Denn auch wenn Ida ihr ganzes Leben noch vor sich hat, wird spätestens zum Ende hin klar: Mit der Familie wird das nichts.

Credits

OT: „Kød & Blod“
Land: Dänemark
Jahr: 2020
Regie: Jeanette Nordahl
Drehbuch: Ingeborg Topsøe
Musik: Puce Mary
Kamera: David Gallego
Besetzung: Sandra Guldberg Kampp, Sidse Babett Knudsen, Joachim Fjelstrup, Elliott Crosset Hove, Besir Zeciri, Carla Philip Røder, Sofie Torp, Frida Sejersen, Omar Shargawi, Benjamin Kitter

Bilder

Trailer

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

In „Wildland“ landet eine 17-Jährige nach dem Tod ihrer Mutter bei kriminellen Verwandten. Das wäre bei den verkorksten Figuren auch Stoff für eine Komödie gewesen. Stattdessen handelt es sich um ein Drama rund um angespannte Familiendynamiken und eine skrupellose Matriarchin, welche keinen anderen Weg zulässt.
7
von 10