Mord in Genua - Ein Fall für Petra Delicato
© ZDF/Luisa Carcavale

Mord in Genua – Ein Fall für Petra Delicato

Kritik

Mord in Genua - Ein Fall für Petra Delicato
„Mord in Genua – Ein Fall für Petra Delicato“ // Deutschland-Start: 6. Dezember 2020 (ZDF) // 9. April 2021 (DVD/Blu-ray)

Mit Menschen hatte es Petra Delicato (Paola Cortellesi) ja nie so. Zwei Ehen hat sie bereits hinter sich, die beide gescheitert sind und nach denen sie erst einmal genug hat von der Romantik. Zwischenmenschliche Kontakte bedeuten ihr allgemein nicht so wahnsinnig viel, ihr reicht es, wenn sie fernab der Leute ein bisschen vor sich her arbeiten kann, weshalb sie auch mit Freude ihrer Arbeit im Polizeiarchiv nachgeht. Dort hat sie wenigstens ihre Ruhe. Das ändert sich, als die ehemalige Anwältin nach einer Nachtschicht ein junges Vergewaltigungsopfer vernehmen soll. Mehr noch, gemeinsam mit dem deutlich umgänglicheren Polizisten Antonio Monte (Andrea Pennacchi) soll sie sogar die Ermittlungen in dem Fall übernehmen. Und es wird nicht der einzige Fall sein, den das ungleiche Duo zusammen zu lösen hat …

Neuer Schauplatz für eine alte Bekannte
Auch wenn Alicia Giménez Bartlett inzwischen weit mehr als zwanzig Romane veröffentlicht hat seit ihrem Debüt im Jahr 1984, am berühmtesten ist die Spanierin dann doch noch für ihre Krimis rund um die Polizistin Petra Delicado, die schwierige Fälle zu knacken hat. Seit 1996 war diese in zahlreichen Fällen unterwegs, der 12. Band Sin muertos ist erst dieses Jahr erschienen. 1999 startete zudem eine TV-Serie, die auf den Geschichten basierte und 13 Folgen umfasste. Aber das ist lange her, weshalb die Entscheidung getroffen wurde, mit einer zweiten Serie noch ein bisschen von der andauernden Popularität profitieren zu wollen. Um eine Fortsetzung handelt es sich bei Mord in Genua – Ein Fall für Petra Delicato jedoch nicht. Nicht nur, dass das Ensemble ausgetauscht wurde, der Schauplatz wurde zudem von Spanien nach Italien verlegt, aus dem Nachnamen Delicado wurde dabei Delicato, was sicher so manche Fans etwas verwirren dürfte.

Aber vermutlich soll hier eh ein neues Publikum angesprochen werden, weshalb die Geschichten mit der Stunde null anfangen. Genauer ist Petra zu Beginn keine wirkliche Polizistin, sondern schlittert eher zufällig in diese Aufgabe hinein, bedingt durch einen akuten Personalmangel. Das soll dann vermutlich auch ihre etwas eigenen Vorstellungen von Recht und Ordnung rechtfertigen, die sie immer wieder an den Tag legt. In der ersten Folge Das Zeichen darf sie nicht nur Monte, sondern auch das Publikum schocken, wenn sie einen Verdächtigen beim Verhör genüsslich mit offensichtlichem Hang zum Sadismus demütigt. Und auch an anderen Stellen liefert sie genügend Gründe, warum eine Ehe mit ihr zum Scheitern verurteilt sein muss. Diplomatie und Feingefühl sind weniger ihre Stärken, Einfühlungsvermögen interessiert sie nicht, Kooperationen bedeuten lediglich, dass andere das tun, was sie vorgibt.

Eine Heldin, die keine ist
Das erinnert ein wenig an die Protagonistin aus der Kultserie Die Brücke – Transit in den Tod, auch dort ermittelte eine Polizistin, die mit der gesamten Zwischenmenschlichkeit nicht viel anzufangen weiß und mit einem kumpelhaften, männlichen Kollegen zusammenarbeiten musste. Was damals aber noch originell und interessant war, wirkt hier zu konstruiert und gewollt. Es ist auch deutlich anstrengender als bei der skandinavischen Produktion seinerzeit. Auch wenn Delicato und Monte mit der Zeit etwas näher zusammenrücken, für zusätzliche Sympathiepunkte sorgt das nicht. Die Titelfigur bleibt so herablassend, arrogant und übergriffig, dass es schon eine gehörige Portion Masochismus braucht, um bis zum Schluss dranzubleiben. Es ist nicht einmal so, dass ihre soziale Inkompetenz à la Sherlock Holmes durch ihre Brillanz ausgeglichen würde. Warum sie eine erfolgreiche Anwältin gewesen sein soll, so wird behauptet, es erschließt sich nicht aus der Serie.

Besser sind da schon die Fälle an sich, die zwischen banal und bizarr schwanken. Nach der Eröffnungsfolge um einen Serienvergewaltiger geht es in Hundeliebe um illegalen Hundehandel, in Glückssucher wird ein abgetrennter Penis verschickt, in Schein und Sein dreht sich alles um Erpressungen. Die thematische Bandbreite ist also ganz ordentlich, zudem wird klassische Ermittlungsarbeit betrieben. Während bei vielen Krimiserien heute der kriminologische Aspekt verloren gegangen ist und ganz andere Sachen in den Mittelpunkt rücken, da ist Mord in Genua – Ein Fall für Petra Delicato ein Fall für Fans des klassischen Rätselratens – zumal das immer mit einigen Wendungen verbunden ist. Dennoch, die große Begeisterung tritt auch hierbei nicht auf, da einiges dann doch ein bisschen weit hergeholt ist, man von alleine gar nicht erst auf die Lösung kommen kann. Im stark überlaufenen Genreangebot fehlt es deshalb etwas an den guten Argumenten, weshalb man ausgerechnet dieser Serie den Vorzug geben sollte, mehr als Durchschnitt ist das nicht.

Credits

OT: „Petra“
Land: Italien
Jahr: 2020
Regie: Maria Sole Tognazzi
Drehbuch: Giulia Calenda, Furio Andreotti, Ilaria Macchia
Vorlage: Alicia Giménez Bartlett
Musik: Andrea Farri
Kamera: Arnaldo Catinari
Besetzung: Paola Cortellesi, Andrea Pennacchi, Federica Rosellini, Diego Ribon, Alessandro Tedeschi, Alessia Giuliani, Cristian Popa, Matteo Sintucci, Beatrice Aiello, Antonio Zavatteri

Bilder

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„Mord in Genua – Ein Fall für Petra Delicato“ nimmt die beliebten Krimiromane um die spanische Polizistin, verlegt diese aber nach Italien. Die Serie steht sich durch die zuweilen unerträgliche Hauptfigur teils selbst im Weg. Besser sieht es bei den Fällen an sich aus, die zumindest mit Wendungen und Rätseln beschäftigen, auch wenn das am Ende trotzdem nicht mehr als Durchschnitt ist.
5
von 10