Trennung La séparation Isabelle Huppert
© 1994 Pathé Films

Trennung

Kritik

Trennung La séparation Isabelle Huppert
„Trennung“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Viele Jahre sind Anne (Isabelle Huppert) und Pierre (Daniel Auteuil) nun schon ein Paar, gemeinsam haben sie einen 15 Monate alten Sohn namens Loulou. Und doch kriselt es schon seit einer Weile in der Beziehung der beiden, erst leise, dann immer mehr. Vor allem Anne ist es, die sich verstärkt zurückzieht und Pierre abweist. Als sie ihm eines Tages gesteht, sie habe einen anderen Mann kennengelernt und wäre sich ihrer Gefühle nicht mehr sicher, bricht dennoch für Pierre eine Welt zusammen. Er weiß nicht mehr weiter, will einerseits die Beziehung retten, gerät dabei aber auch mit Anne aneinander. Und dann wäre da noch die Frage: Was geschieht eigentlich mit Loulou, wenn die beiden sich trennen?

Wenn in Filmen die Liebe thematisiert wird, dann geht es meistens um eine, die am Entstehen ist. Menschen, die sich begegnen, Gefühle füreinander entwickeln und diverse Stolpersteine aus dem Weg räumen müssen, um sich am Ende in die Arme fallen zu können. Aber es gibt sie natürlich, die Filme, die nicht das Anfang, sondern das Ende einer Romanze zeigen. Die vorführen, was passiert, wenn das Bauchkribbeln weg ist, die Welt nicht mehr rosarot gefärbt ist. Wenn Gefühle verschwunden oder sich gewandelt haben. Das kann sehr hässlich sein, wie diverse Scheidungsdramen vorgemacht haben, von Kramer gegen Kramer bis zu Marriage Story – vor allem wenn Kinder im Spiel sind.

Der Anfang vom Ende
Ganz so weit geht es bei Trennung nicht. Wo die US-amerikanischen Filme berichten, wie es nach dem Ende der Beziehung weitergeht, da ist das französische Drama aus dem Jahr 1994 noch mittendrin. Genauer setzt es zu einem Zeitpunkt ein, als sich Pierre der Verschiebung innerhalb der Partnerschaft bewusst wird. Regisseur Christian Vincent, der zusammen mit Dan Franck dessen Roman für die Leinwand adaptiert hat, lässt dabei jedoch offen, wann genau die Verschiebung eingesetzt hat. Vielleicht gab es schon vorher Anzeichen, die Pierre nur nicht bemerkt hat. Vielleicht wusste Anne selbst nicht, dass da etwas in ihr vor sich geht, eine schleichende Entfremdung begonnen hat.

Allgemein verzichtet der Film darauf, zu viele Kontexte zu liefern. An einer Stelle erfahren wir von einer frühen Begegnung der beiden, als sie noch kein Paar waren. Das ist es aber schon. Wie sie sich kennengelernt haben, wie lange sie zusammen sind, was genau sie aneinander finden – nichts davon wird erzählt. Gleichermaßen schweigt sich Trennung darüber aus, weshalb die Beziehung derart abgekühlt ist. Sicher, es gibt den einen fremden Mann, in den sich Anne verliebt hat und der als Schatten immer dabei ist. Doch auch da wird nichts verraten, kein Name, keine Geschichte. Er ist nur das Symptom der Krise, aber nicht deren Ursache. Er wird auch kein einziges Mal gezeigt.

Kommunikation ohne Sprache
Das wird für ein Publikum frustrierend sein, das es ganz genau wissen will. Das einen Grund dafür braucht, weshalb Beziehungen scheitern, um mit ihnen abschließen zu können. Ein tatsächliches Manko ist diese Zurückhaltung und der inhaltliche Minimalismus jedoch nicht. Er passt sogar ganz gut zu der Sprachlosigkeit des Paares, das keines ist. Vieles hier läuft nonverbal ab, drückt sich in einer sich aufbäumenden Wut aus, in verletzten Blicken – oder eben in einer zurückgezogenen Hand. Und wenn dann doch mal versucht wird, Gefühle in Worte zu fassen, wird es schnell giftig und gewalttätig. Eben weil die beiden dieses Kommunikationsdefizit haben, sucht sich das Innere einen anderen Weg, nur um auf diese Weise alles noch schlimmer zu machen.

Eine Geschichte nur über indirekte Auseinandersetzungen zu erzählen, anstatt sich auf Dialoge verlassen zu können, bedeutet zwangsläufig eine höhere Herausforderung an das Schauspielensemble, die anderweitig kommunizieren müssen, mit Blicken, mit Mimik oder Körpersprache. Vincent fand hierfür zu seinem – und unseren – Glück jedoch zwei absolute Größen. Isabelle Huppert (Geheime Staatsaffären, Eine Frau mit berauschenden Talenten) und Daniel Auteuil (Die schönste Zeit unseres Lebens) funktionieren wunderbar als zwei Leute, die zusammen sind, es gleichzeitig nicht sind, die ihr Leben als Fremdkörper miteinander teilen. Sie werden zu Symbolen für eine Zwischenmenschlichkeit, die sich selbst aus den Augen verloren hat und in einem Stadion herumirrt, ohne Ziel und Richtung. Die irgendwie immer noch hofft und versucht sich festzuhalten, obwohl das Fundament längst zusammengefallen ist.

Credits

OT: „La séparation“
Land: Frankreich
Jahr: 1994
Regie: Christian Vincent
Drehbuch: Dan Franck, Christian Vincent
Vorlage: Dan Franck
Musik: Renzo Rossellini
Kamera: Denis Lenoir
Besetzung: Isabelle Huppert, Daniel Auteuil, Jérôme Deschamps, Karin Viard

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
César 1995 Beste Hauptdarstellerin Isabelle Huppert Nominierung
Bester Hauptdarsteller Daniel Auteuil Nominierung

Kaufen/Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

„Trennung“ erzählt die Geschichte einer zerbröckelnden Beziehung und gibt sich dabei gleich doppelt sprachlos: Das Drama gibt wenig Kontexte oder Vorgeschichten, zeigt zudem zwei Leute, die nicht miteinander kommunizieren können. Das ist großartig gespielt, wird aufgrund der inhaltlichen Lücken und dem damit verbundenen Minimalismus aber nicht jedem gefallen.
8
von 10