Calamity, a Childhood of Martha Jane Cannary
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Calamity, a Childhood of Martha Jane Cannary

Kritik

Calamity, a Childhood of Martha Jane Cannary
„Calamity, a Childhood of Martha Jane Cannary“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

1863 in Amerika: Eine Gruppe Menschen ist mit ihrer Planwagenkolonne auf dem Weg in den Westen, in der Hoffnung dort ein besseres Leben vorzufinden. Darunter befindet sich auch die 12-jährige Martha Jane, die mit ihrer Familie unterwegs ist und seit einem Unfall ihres Vaters die Führung übernommen hat. Für sie ist die neue Verantwortung und die Steuerung des Wagens ein Geschenk, konnte sie mit den üblichen Mädchenbeschäftigungen doch noch nie etwas anfangen. Bei den anderen stößt ihr burschikoses Auftreten aber auf nur wenig Gegenliebe, immer wieder kommt es zu Streitigkeiten mit den Jungs oder auch dem Anführer der Kolonne. Als sie eines Tages beschuldigt wird, mehrere Sachen gestohlen zu haben, nimmt sie Reißaus und reist allein durch die Wildnis. Ihr Ziel: Den wahren Täter schnappen und so ihre Unschuld beweisen …

Sie gehörte sicher zu den größten Stars des Wilden Westens: Camality Jane, eigentlich Martha Jane Cannary. In einem traditionell von Männern dominierten Umfeld schaffte es die Amerikanerin, sich einen Namen zu machen, auch indem sie einige Verhaltensweisen demonstrierte, die man so gar nicht mit Weiblichkeit in Verbindung brachte. Sie rauchte, trank, fluchte, trug bevorzugt Männerkleidung und inszenierte sich in den Wild-West-Shows als Indianertöterin. Wie viel von ihrem öffentlichen Image der Wahrheit entsprach, darüber kann man nur spekulieren. So wie sich im Wilden Westen allgemein rasch romantisierende Legenden bildeten, die bis heute überdauert haben, arbeitete Jane schon früh an ihrem Vermächtnis.

Die Anfänge einer Unruhestifterin

Filme oder andere künstlerische Werke, die auf ihrem Leben basieren, müssen sich deshalb mit Spekulationen zufriedengeben und sich auf die eine oder andere Weise an der Legendenbildung beteiligen. So auch der Animationsfilm Calamity, a Childhood of Martha Jane Cannary, der die Jugendjahre der späteren Ikone beleuchtet, aber schon im Titel deutlich macht, nicht mehr als eine Möglichkeit unter vielen zu sein. Regisseur und Co-Autor Rémi Chayé greift hierbei auf diverse Eigenschaften zurück, welche später der erwachsenen Jane zugeschrieben werden. Wenn es nach dem Film geht, da legte sie sich schon als Jugendliche mit allen an, wich vor keinem Streit zurück, war mutig und freiheitsliebend – und hasste Mädchenkleidung.

Dass der Film wohl nur am Rande etwas mit der Wahrheit zu tun hat, ist in dem Umfeld nicht weiter schlimm, ebenso wenig, dass er zur Romantisierung der damaligen Zeit beiträgt. Vielmehr erzählt Chayé wie schon in seinem viel beachteten Debüt Long Way North von einer Jugendlichen, die ausreißt und lernt, sich in einer harten Umgebung durchzusetzen. Das macht Calamity, a Childhood of Martha Jane Cannary natürlich gerade auch für Mädchen zu einem interessanten Film, wenn ihnen hier vorgelebt wird, dass das vermeintlich schwächere Geschlecht sehr wohl triumphieren kann. Dass es sich auch nicht an vorgefertigte Geschlechterrollen halten muss, der zufolge Frauen sich vor allem um Haushalt und Familie kümmern und ansonsten möglichst hübsch aussehen sollen.

Klassische Abenteuer

Doch auch für ein männliches Publikum hat der Familienfilm jede Menge zu bieten. Auf ihrer Reise durch die Wildnis, wo sie den Dieb zu fassen hofft, erlebt sie zahllose Abenteuer. Einiges davon ist mit Humor verbunden, wenn die widerspenstige Martha in missliche Lagen gerät oder sich auch schon mal mit wichtigen Leuten anlegt. Andere sind durchaus spannend. Zwar weiß man natürlich, dass ihr nie wirklich etwas geschehen kann, einige der Situationen wären aber auch in einem „echten“ Abenteuerfilm gut aufgehoben. Und auch die Abwechslung in der episodenhaft erzählten Geschichte stimmt, wenn die Titelheldin unterwegs den unterschiedlichsten Leuten begegnet.

Visuell ist Calamity, a Childhood of Martha Jane Cannary ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Der Beitrag vom Fantoche Animationsfestival 2020 gefällt durch seine in Pastellfarben gehaltenen Hintergründe, welche dem Film eine leichte Bilderbuchatmosphäre verleihen. Und auch bei den Designs der Figuren und den Animationen überzeugt die dänisch-französische Coproduktion. Größere Überraschungen sollte man sich von dem lebhaft-nostalgischen Film dabei insgesamt nicht erhoffen, Chayé hat dafür einen ganz klassischen Abenteuerfilm für eine etwas jüngere Zielgruppe gedreht, mit zeitlosen Qualitäten, die ihn auch in Jahren noch sehenswert machen werden.

Credits

OT: „Calamity, une enfance de Martha Jane Cannary“
Land: Frankreich, Dänemark
Jahr: 2020
Regie: Rémi Chayé
Drehbuch: Rémi Chayé, Sandra Tosello, Fabrice de Costil
Musik: Florencia Di Concilio

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
César 2021 Bester Animationsfilm Nominierung
Europäischer Filmpreis 2020 Bester Animationsfilm Nominierung
Prix Lumières 2021 Beste Musik Florencia Di Concilio Nominierung
Bester Animationsfilm   Nominierung

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„Calamity, a Childhood of Martha Jane Cannary“ nimmt uns mit in die Zeit des Wilden Westens und erzählt von den Jugendjahren der späteren Ikone Camality Jane. Der Animationsfilm ist dabei klar romantisierend und ohne große Überraschung, bietet aber beste Abenteuerunterhaltung für ein etwas jüngeres Publikum und eine gelungene Optik.
8
von 10