Meine geliebte Unbekannte Mon inconnue Love at second sight
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Meine geliebte Unbekannte

Kritik

Meine geliebte Unbekannte Mon inconnue Love at second sight
„Meine geliebte Unbekannte“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Raphaël (François Civil) hat es geschafft: Mit seinen Romanen rund um die Helden Zoltan und Shadow, an denen er schon als Jugendlicher saß, hat er absolute Bestseller geschaffen, die Fans stehen bei ihm Schlange, um ein Autogramm zu bekommen. Sein Privatleben hat zuletzt jedoch deutlich darunter gelitten, vor allem seine Ehe mit Olivia (Joséphine Japy), die früher eine Karriere als Musikerin anstrebte, läuft schon seit einer ganzen Weile nicht mehr. Aber es könnte schlimmer kommen, wie Raphaël feststellt. Sehr viel schlimmer. Als er eines Morgens aufwacht, findet er sich in einer Parallelwelt wieder, in der nichts so ist, wie er es kannte. Aus dem erfolgreichen Autor wurde ein einfacher Schullehrer, Olivia ist plötzlich eine Unbekannte. Aber weshalb? Während er noch mit den Veränderungen kämpft, tüfteln er und sein bester Freund Félix (Benjamin Lavernhe) an einem Plan, wie er vielleicht sein altes Leben zurückbekommen kann …

Was wäre wenn? Das ist eine dieser Fragen, die wir uns selbst immer wieder stellen, sei es auf die Zukunft gerichtet, wenn wir uns verschiedene Möglichkeiten ausmalen, oder im Rückblick auf vergangene Ereignisse, bei denen wir uns anders hätten entscheiden können. Meine geliebte Unbekannte bastelt aus dieser Überlegung ein komplettes Szenario und nimmt sich dafür ein eigentlich im Science-Fiction-Umfeld beliebtes Konzept: die Parallelwelt. Mit technologischen Vorrichtungen und komplizierten Theorien hat es der französische Film dabei weniger. Wie es zum Sprung in diese Parallelwelt kam, wird nie so ganz erklärt. Das Element ist nur ein Mittel zum Zweck, um eine Beziehung zu demontieren und neu zusammenzubauen.

Die Ernüchterung eines Erfolgsmenschen

Meine geliebte Unbekannte setzt dabei zunächst vor allem auf das Mittel des Humors. Nicht allein, dass sich Raphaël in einer für ihn fremden Welt zurechtfinden muss, was immer mit komischen Momenten einhergeht. Hugo Gélin (Plötzlich Papa), der hier Regie führte und das Drehbuch mitschrieb, machte sich zudem den Spaß daraus, diese zwei Welten möglichst kontrastreich zu gestalten. Wenn ein erfolgsverwöhnter Egozentriker, der nur noch für den Ruhm lebt, auf einmal ein Niemand ist, sich mit Schulklassen herumplagt und in einer Beziehung steckt, auf die er so gar keine Lust hat, dann wird schon effektiv mit der Schadenfreude des Publikums gespielt. Das Motto: geschieht ihm recht!

Später wird dieser Faktor reduziert, Meine geliebte Unbekannte soll ja in erster Linie eine Liebeskomödie sein. Und in einer solchen ist es unabdingbare Voraussetzung, dass man den Hauptfiguren die Daumen drückt, doch endlich zusammenzukommen. Also wird der Humor etwas abgewandelt, betrifft eher die komischen Versuche von Raphaël, wieder an Olivia heranzukommen. Diese Szenen werden dann auch zur Sternstunde von Benjamin Lavernhe (Birnenkuchen mit Lavendel), der hier als wenig zurückhaltender bester Freund sein komödiantisches Talent unter Beweis stellen darf und verdient eine César-Nominierung für die beste Nebenrolle erhielt. Seine Ideen sind teils völlig überzogen, irgendwie idiotisch, aber eben auch lustig, seine Figur ist ganz klassisch die des witzigen Sidekicks.

Magie mit bekanntem Ende

Das eigentliche Paar ist im direkten Vergleich recht brav, Gélin verzichtet da auf zu viel Humor – oder nennenswerte Experimente. Wie die Geschichte nach dem Einstieg weitergeht, das kann man auch ohne große Fantasie erraten. Meine geliebte Unbekannte ist trotz allem eine eher konventionelle Komödie. Klar, dass es hier letztendlich darum geht, dass sich Raphaël der eigenen Fehler bewusst wird. Wie bei so vielen anderen „magischen“ Komödien – sei es Und täglich grüßt das Murmeltier, Eine Weihnachtsgeschichte oder Midnight in Paris – dient das Szenario dazu, dass der Held zu sich selbst findet und am Ende erkennt, worauf es im Leben wirklich ankommt.

Die Antwort darauf weiß man als Zuschauer natürlich schon längst, Meine geliebte Unbekannte ist kein Film, der mit großen Erkenntnissen für sich Werbung macht – oder machen will. Mit diesem Anspruch sollte man deshalb auch nicht an diese romantische Komödie gehen. Stattdessen gibt es eine ausgewogene Mischung aus Albernheit und Herzlichkeit, dann und wann mit etwas ernsteren Themen und Fragen beschwert. Aus dem Konzept hätte man sicherlich noch mehr machen können, manches hätte mehr Tiefgang verdient. Aber es ist doch ein ausgesprochen netter Film, der sicher zu den besseren Genrevertretern der letzten Zeit gehört und einen von besseren Zeiten träumen lässt – seien diese hier oder in einer Parallelwelt.

Credits

OT: „Mon inconnue“
IT: „Love at Second Sight“
Land: Frankreich
Jahr: 2019
Regie: Hugo Gélin
Drehbuch: Hugo Gélin, Igor Gotesman, Benjamin Parent
Musik: Sage
Kamera: Nicolas Massart
Besetzung: François Civil, Joséphine Japy, Benjamin Lavernhe, Camille Lellouche, Amaury de Crayencour, Edith Scob

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
César 2020 Bester Nebendarsteller Benjamin Lavernhe Nominierung

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In „Meine geliebte Unbekannte“ wacht ein erfolgreicher, selbstbezogener Autor in einer Parallelwelt auf, in der vieles anders ist als gewohnt. Die Liebeskomödie setzt dabei auf eine Mischung aus albernem Humor und konventioneller Romantik, die nie so viel aus dem Szenario herausholt, wie möglich gewesen wäre, aber doch irgendwie schön und streckenweise witzig ist.
6
von 10