The Garden Left Behind
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The Garden Left Behind

The Garden Left Behind
„The Garden Left Behind“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Tina (Carlie Guevara) lebt zusammen mit ihrer Großmutter Eliana (Miriam Cruz) in einem kleinen Apartment in New York City, nachdem sie vor vielen Jahren illegal in die USA eingereist sind. Ihre Großmutter jedoch ist noch immer nicht mit der Entscheidung im Reinen, nicht mehr in Mexiko zu leben. Für sie wäre es einfacher wieder zurückzugehen und ein möglicherweise problemfreieres Leben in der Heimat zu führen. Für Tina jedoch steht außer Frage, die USA wieder zu verlassen, hat sie doch hier in der Transgender Community Halt gefunden und zudem Aussicht auf eine hormonelle Behandlung, um ihren Wunsch zu verwirklichen, endlich vollständig eine Frau zu werden. Um sich finanziell über Wasser zu halten und für die Behandlungen zu sparen, fährt Tina Taxi und nimmt einen Job in der Bar an. Bisher erfährt sie dabei nicht nur Unterstützung von ihren Freundinnen, sondern auch von ihrem langjährigen Freund Kevin (Michael Madsen). Als sie allerdings tatsächlich in Aussicht hat ihre Behandlung beginnen zu können, kommt alles ganz anders, als sich die junge Frau ersehnt und vorgestellt hat.

Gefeiertes Debüt
The Garden Left Behind ist der erste Langfilm von Falvio Alves, der beim diesjährigen SXSW Festival direkt mit dem Publikumspreis ausgezeichnet worden ist. Wie sich herausstellt, das absolut zu Recht. Der Regisseur legt ein unglaubliches Gespür für Authentizität und Emotionalität an den Tag, sodass der Film schon nach ganz kurzer Zeit nicht nur mit seinen fantastischen Hauptdarstellern, sondern auch mit dem Szenenbild besticht.

Zunächst beginnt der Film mit einer jungen Frau, die nachts tief traurig allein durch New York läuft. Zu dem Zeitpunkt weiß der Zuschauer noch rein gar nichts, weder ihren Namen, noch die Lebensumstände, die sie in diesen Moment geführt haben. Einen kurzen Augenblick später blendet der Regisseur ab und versetzt den Zuschauer in eine völlig neue Situation. Erst jetzt als „Antonio“ durch die Wohnung gerufen wird und dieselbe junge Frau erscheint, wird klar, dass das Leben von ihr mehr als schwierig ist. Schon der Umstand, dass Tina immer noch Antonio von ihrer Großmutter gerufen wird, versetzt einem einen Schlag in die Magengrube und lässt bereits jetzt erahnen, mit welcher psychischen Belastung sie zu kämpfen hat. Sind es doch diese, für außenstehende eher nichtig erscheinenden Dinge, die gewaltig an Tinas Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl nagen und sie daran hindern, sich so zu akzeptieren wie sie ist.

Viele Probleme, authentisch umgesetzt
Das geht sogar so weit, dass sich sich stellenweise nicht mal sicher ist, warum sie die Anstrengungen mit Arztbesuchen und Therapiestunden auf sich nimmt und mitunter ihre Entscheidung in Frage stellt, obwohl sich in der Trans Community von New York Freundinnen hat, die ihr zur Seite stehen und sie immer wieder ermutigen, die Schritte weiterzuverfolgen. Immer vor Augen, die notwendige hormonelle Therapie zu bekommen und die Verwandlung endlich vollständig vollziehen zu können. Als wäre das nicht schon genug, worauf sich der Zuschauer vorbereiten muss, wird man auch noch mit illegaler Einwanderung und einer toxischen Beziehung konfrontiert. Der Regisseur macht es seiner Hauptdarstellerin alles andere als leicht, sich mit ihrem Leben arrangieren zu können.

Diese Unruhe, die Verzweiflung aber auch die absolute Unsicherheit, die Tina ausstrahlt, porträtiert Carlie Guevara mit ihrem Leinwanddebüt unglaublich überzeugend. Man merkt dem Film an, dass er weiß wovon er erzählt und das schlichtweg auch, weil der Regisseur ganz bewusst alle Rollen in seinem Film mit echten Transfrauen besetzt. Man spürt als Zuschauer, dass hier in der Dramaturgie nicht des Drehbuchs wegen mehr dazu gedichtet wurde als nötig. Das Leben dieser Frauen ist nicht einfach und genau das bringt Falvio Alves so realistisch wie nur irgend möglich dem Zuschauer näher. Den alltäglichen Kampf dieser Frauen zu porträtieren, die immer irgendwie in der Angst leben müssen, mit Hass und Gewalt konfrontiert zu werden, erfordert sehr viel Feingefühl in der Darstellung, um sich als Zuschauer in die Lage derer versetzten und mitfühlen zu können, auch wenn man sich selbst nie in ähnlicher Lage wiederfinden wird. The Garden Left Behind ist in der Hinsicht ausnahmslos gelungen und offenbart dann etwa 30 Minuten vor Ende des Film seine volle emotionale Kraft, die dem Zuschauer unvermittelt trifft und ihm den Boden unter den Füßen wegreißen wird. So schnell wird man diesen Film danach nicht mehr vergessen.



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Ein Erstlingswerk, dass es in sich hat. Nicht nur optisch ist der Film eine Perle, auch die Geschichte berührt zutiefst und glänzt mit einer schauspielerischen Leistung, die man selten so intensiv erleben konnte. Ein hochaktuelles Thema, das der Regisseur gekonnt aufarbeitet und für den Zuschauern so erfahrbar macht, dass der Film auch danach noch lange im Gedächtnis bleiben wird.
9
von 10