Paradise Hills
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Paradise Hills

Paradise Hills
„Paradise Hills“ // Deutschland-Start: 29. August 2019 (Kino) // 28. Januar 2021 (DVD/Blu-ray)

Gegen ihren Willen wird Uma (Emma Roberts) zu einer Insel gebracht, die unter dem Namen „Paradise“ bekannt ist. Unter den Augen der Herzogin (Milla Jovovich), ihrer Pfleger und Diener lernen dort junge Frauen sich gesellschaftskonform zu verhalten, so wie Umas Zimmergenossinnen Chloe (Danielle Macdonald) und Yu (Awkwfina), welche aufgrund ihrer äußeren Erscheinung sowie ihres Verhaltens von ihrer Familie nach „Paradise“ zur „Umerziehung“ geschickt wurden. Da sich Uma weigert, den für sie auserkorenen Mann zu ehelichen, hat ihre Mutter sie kurzerhand für zwei Monate in die Hände der Herzogin übergeben. Aufgrund ihres Trotzes gegen die Versuche der Herzogin sie umzuerziehen freundet sich Uma zudem mit dem Popsternchen Amarna (Eiza González) an, das dort ist wegen ihrer Alkoholprobleme. Zusammen mit ihr schmiedet Uma einen Plan, von der Insel zu fliehen. Jedoch kommen die beiden dabei einem dunklen Geheimnis auf die Spur, welches die Therapie der Herzogin in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt. Die Flucht wird damit nicht nur zu einer Befreiung, sondern bald schon zu einem Akt des Überlebens.

Schöne neue Inselwelt
Mit Paradise Hills legt die spanische Regisseurin Alice Waddington ihr Langfilmdebüt vor. Nach ihrem sehr populären Kurzfilm Disco Inferno (2015) entschied sich die Fotografin und Modedesignerin für eine Melange aus Science-Fiction Elementen, insbesondere des dystopischen Films, und eines Gesellschaftsdramas. Waddington, die sich in Interviews engagiert für bessere Arbeitsbedingungen für Frauen, insbesondere im kulturellen Bereich, ausspricht, definiert in Paradise Hills viele dieser Themen und schafft es zugleich, unserer heutigen Welt einen Spiegel vorzuhalten. Gerade wenn es um Bereiche wie Identität und die Definition von Geschlechterrollen geht, findet ihr Film immer wieder starke Momente, was nicht zuletzt auch am Drehbuch von Brain DeLeeuw (Some Kind of Hate) und Nacho Vigalondo (Colossal) liegt.

Auf visueller Ebene überzeugt die idyllische, üppige Farben- und Formwelt des Inselparadieses, das bereits früh seine dunkle Seite zeigt. Kaum einen Hehl macht diese „schöne neue Welt“ von ihrer Agenda, die sozial-konforme Frau zu erziehen, die keine Widerworte gibt, sich in der Passivität zurechtfindet und ihrem Mann eine treue Gefährtin ist. Anders als die düsteren Welten eines Children of Men oder Equals – Euch gehört die Zukunft wird die Umwelt als luxuriöser Luxusort gezeigt, bei dem die Patientinnen die gegebene Ordnung akzeptieren und damit auch die ihnen zugeschriebene Rolle. Um die armen Schlucker vor der Tür, die nie Zugang zu diesen Paradiesen erhalten, kann sich letztlich jemand anders kümmern.

Strukturell übernimmt sich Waddingtons Film, der auf dem Sundance Film Festival 2019 Premiere feierte, bisweilen. Gerade im letzten Drittel, wenn noch versucht wird Märchenelemente mit in die Handlung einzubeziehen, wirkt das Ganze doch etwas arg abstrus. Jedoch überzeugt der Bau dieser Inselwelt, jenes güldenen Käfigs nicht zuletzt auch wegen der tollen Bilder des Kameramanns Josu Inchaustegui.

Blick in den Spiegel, Blick in sich selbst
Ein weiterer Punkt ist das größtenteils weibliche Ensemble, auf welches Waddington in ihrem Film zurückgreifen kann. Die nach Nerve und American Horror Story: Coven abermals sehr stark auftretende Emma Roberts spielt Uma als eine junge Frau, die ihre Rolle noch nicht ganz gefunden hat und zwischen großer Kraft und Überzeugung hin zu starker Verletzlichkeit pendelt. Speziell ihre Szenen mit Jovovich und González stellen schauspielerisch die Spitzen des Films dar, genauso wie Roberts’ Szenen mit Macdonald und Awkwafina (bekannt aus Crazy Rich).

Zentral ist für ihre Figuren das Motiv des Spiegels, eines der wichtigsten Elemente der Therapie der Herzogin, der dazu dient, sich selbst zu erkennen. Ironisch ist nur, dass es gar nicht so sehr auf ein Erkennen ankommt, denn die Kraft, den Trotz und den Widerstand, den man vielleicht erkennen mag, will man im Paradies je letztlich unterbinden.



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„Paradise Hills“ ist eine Mischung aus Dystopie und Gesellschaftsdrama um Geschlechterrollen und Selbstbehauptung. Toll gespielt und überzeugend in Szene gesetzt, leidet der Film am Schluss etwas an seinem thematischen Ballast.
6
von 10