Equals
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Equals – Euch gehört die Zukunft

(„Equals“ directed by Drake Doremus, 2015)

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„Equals – Euch gehört die Zukunft“ ist seit 10. November auf DVD und Blu-ray erhältlich

Nach einem verheerenden Atomkrieg ist auch den letzten klar, dass es nicht mehr so weiter gehen kann. Doch was tun? Für die Wissenschaftler ist die Antwort eindeutig, es sind die Gefühle der Menschen, welche immer wieder zu Katastrophen führen. Um solche in Zukunft verhindern zu können, arbeiten Forscher auch ständig daran, sämtliche Emotionen innerhalb der Bevölkerung abzuschalten. Doch hin und wieder brechen sie noch immer durch und müssen anschließend durch Medikamente wieder unter Kontrolle gebracht werden. Auch Silas (Nicholas Hoult) und Nia (Kristen Stewart) müssen eines Tages feststellen, dass da etwas Unbekanntes in ihnen heranwächst, von dem niemand etwas erfahren darf. Erst durch Jonas (Guy Pearce) und Bess (Jacki Weaver), die selbst im Verborgenen Gefühle pflegen und anderen Betroffenen helfen, schöpfen sie neue Hoffnung.

Wer hat sich nicht schon einmal gefragt, ob es nicht besser wäre, ein Leben ohne Gefühle zu haben? Nicht mehr über den Tod geliebter Menschen trauen zu müssen, keinen Liebeskummer mehr zu haben, sich nicht ständig darüber aufzuregen, wie inkompetente Leute sich durch Gewalt über andere hinwegsetzen. Drake Doremus, der hier Regie führte und auch die Grundidee lieferte, tat das offensichtlich in einem Maße, dass er der Ansicht war, daraus auch einen ganzen Film machen zu wollen. Warum auch nicht? Gerade im Science-Fiction-Bereich wimmelt es von Klassikern mit ganz ähnlichen Ideen, etwa „Eine schöne neue Welt“ oder „1984“. Das Problem ist daher nicht das Szenario an sich, sondern dass Doremus nicht wusste, was er darüber hinaus mit dem Thema anstellen wollte.

Dass Equals kaum ein Wort darüber verliert, wie die Menschheit zu der Entscheidung gelangte, Gefühle abschaffen zu wollen, ist dabei das geringere Problem. Aber es gibt auch im Hier und Jetzt keine echte Auseinandersetzung mit dem Thema. Auf der einen Seite haben wir die gesichtslose autoritäre Führung, die sich bemüht, jede Individualität zu unterdrücken. Auf der anderen Seite: die beiden unglücklich Liebenden. Welche Seite „Recht“ hat, daran lässt der dystopische Science-Fiction-Film keinen Zweifel. Das muss er natürlich nicht, sollte dann aber zumindest eine interessante Geschichte erzählen. Doch auch hier zeigt sich das Werk eher sparsam angelegt.

Die beginnende Romanze zwischen Silas und Nia ist es, die hier im Mittelpunkt steht. Und zumindest hier gibt es Positives zu berichten. Hoult und die oft unterschätzte Stewart überzeugen hier durchaus als Liebespaar, das eigentlich keines sein will, nicht einmal ein Konzept davon hat, was das überhaupt bedeutet. Es sind die kleinen Momente, mit denen die zwei den Film mit Leben füllen: verstohlene Blicke, kurze Berührungen beim Vorbeigehen, ein Zucken in der Lippe, eine verkrampfte Hand. All das geschieht natürlich vor dem Hintergrund einer totalitären Gesellschaft, weshalb die Heimlichtuerei Teil der Selbsterhaltung bedeutet. Diese Szenen würden aber auch in einem „normalen“ Film gut funktionieren, der von aufkommenden Gefühlen spricht. Von der Angst und der Unsicherheit, die damit einhergehen.

Doch so gelungen und rührend diese Einzelmomente auch sind, für einen 100 Minuten dauernden Film ist das dann doch etwas wenig. Zum Ende hin wird zwar versucht, die Dramatik ein wenig zu erhöhen, was aber nicht so recht zum Ton passt und auch nicht wirklich das Ziel erreicht. Zu sehr dreht sich Equals im Kreis, zeigt immer wieder sehr ähnliche Szenen. Immerhin sind die dafür schön anzusehen: Die futuristischen, wenn auch sparsamen Einrichtungen, das strahlende Weiß der Kleidung, die attraktiven Menschen mit vornehmlich blauen Augen, die allgegenwärtigen Hologramme – Doremus’ Vision einer Zukunftswelt mag nicht sonderlich neu sein, verbindet sich mit der ruhigen Musik aber zu einer melancholischen Atmosphäre, in der Menschen für sich allein bleiben, es nur auf Produktivität ankommt und oft Selbstmord der einzige Ausweg bleibt. Lebensbejahend ist das weniger, dafür von einer ansteckenden Monotonie geprägt, die sich nach etwas sehnt, von der sie selbst nicht weiß, was es ist.



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Schöne Bilder, eine dazu passende ruhige Musik, glaubwürdig und rührend gespielte Szenen einer beginnenden Liebe – „Equals“ hat viele gute Bestandteile und eine gelungen melancholische Atmosphäre. Dennoch fehlt der Science-Fiction-Dystopie eine echte eigene Vision, über das altbekannte Grundszenario hinaus mangelt es an echten Ideen.
6
von 10