Der Schein Heilige Leap of Faith
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Der Schein-Heilige

Der Schein Heilige Leap of Faith
„Der Schein-Heilige“ // Deutschland-Start: 1. April 1993 (Kino) // 17. Mai 2005 (DVD)

Jonas Nightengale (Steve Martin) und seine Crew fahren durch die USA, um im Namen Gottes Wunderheilungen zu vollziehen. Diese lassen sie sich gut bezahlen, auch wenn die ganze Sache wenig mit Gott zu tun hat und es sich bei der Bande um nichts anderes als Betrüger handelt. Nachdem ein Truck der Kolonne ausfällt und die Gruppe außerplanmäßig einen Zwischenstopp im verschlafenen Städtchen Rustwater einlegen muss, wird auch hier kurzerhand das Predigerzelt aufgebaut und zur Messe gerufen. Obwohl Jonas seine Zeremonien sonst nur in gut betuchteren Gegenden abhält, spielt ihm hier nicht nur die hohe Arbeitslosenquote in die Hände; zu lange hat es nicht mehr geregnet und die Ernten bleiben aus. Derartige Verzweiflung wissen die erfahrenen Trickbetrüger für ihre Zwecke zu nutzen. Unter den Einwohnern befinden sich allerdings auch Kellnerin Marva (Lolita Davidovich) und ihr nach einem Unfall gehbehinderter Bruder Boyd (Lukas Haas), welche beide ihre ganz eigene Meinung zu Jonas und Wundern haben.

Menschen wollen betrogen werden. Das war zu allen Zeiten so und ist heutzutage nicht anders. Sei es das Heilversprechen, nachdem alle Ärzte die Hoffnung schon aufgegeben haben, sei es ein kostenloses Auto: Die Leute glauben alles, wenn das Ziel nur verlockend genug für sie ist. Der rationale Teil des Gehirns scheint dabei auszusetzen. „Die Facebookseite des Europaparks verschenkt kostenlose Tickets und alles was ich dafür tun muss, ist den Beitrag zu teilen und meine persönlichen Daten anzugeben? Das klingt realistisch, vor allem da die Seite dieses weltbekannten Freizeitparks gerade einmal 5000 Likes hat und nicht verifiziert ist. Das mach ich!“ Es wirkt fast so, als wollten die Leute die Wahrheit gar nicht wissen, als würden sie sie bewusst ausblenden.

Betrug geht immer
Diesen psychologisch interessanten Umstand greift auch Der Schein-Heilige auf, als Sheriff Will (Liam Neeson) den Bewohnern des fiktiven Ortes Nightengales wahre Identität und seine kriminelle Vergangenheit offenbart. Zwar wenden sie sich im ersten Moment von ihm ab, doch gleich darauf zieht er sie wieder in seinen Bann, verspricht erneut sinngemäß das Blaue vom Himmel und auch wenn er mittels leicht zu durchschauender Rhetorik die Vorwürfe des Sheriffs zu seinen Gunsten nutzt, frisst ihm die Masse aus der Hand, getrieben von dem Wunsch nach göttlichem Segen. Dass Nightengales Betrügereien einigermaßen akkurat ablaufen, dafür sorgte der im Abspann als „Cons and Frauds Consultant“ bezeichnete Ricky Jay, welcher als erfahrener Zauberer beispielsweise den Hauptdarstellern in The Prestige – Die Meister der Magie dazu verhalf, ihre Arbeit glaubwürdig vor der Kamera zu absolvieren. Ohne es zu erwähnen, bedient sich Der Schein-Heilige in Hinblick auf Jonas‘ Betrugsmethoden an realen Fällen, wie etwa dem des Televangelisten Peter Popoff, welcher vom legendären Skeptiker James Randi überführt wurde.

Schauspielerisch gibt es bei Der Schein-Heilige nichts zu bemängeln, in gewisser Weise lebt das Werk sogar vom Schauspiel. Der ein oder andere Subplot ist eher auf Seifenopernniveau und die Message des Films wird vor allem gegen Ende hin immer mehr verwässert. Allen voran geht Steve Martin komplett in der Rolle des predigenden Showmans auf, wenn er sich auf der Bühne die Seele aus dem Leib performt und die Massen kontrolliert, bis selbst der Zuschauer an seinen Lippen hängt. Aber auch die teilweise namhaften Nebendarsteller (u.a. Meat Loaf, Philip Seymour Hoffman) tragen ihren Teil zum Gelingen bei, oft wiederum weniger durch ihre Szenen als vielmehr durch ihre schauspielerische Leistung.



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"Der Schein-Heilige" bleibt hinter der Leistung seiner Darsteller zurück, profitiert von dieser aber ziemlich. Der Film traut sich nicht, eine konkrete Aussage zu treffen, illustriert aber gut, wie einfach Menschen sich aufgrund ihrer Hoffnungen blenden lassen.
6
von 10