Midnight Runners

Midnight Runners

(OT: „Chung-nyeon-gyung-chal“, Regie: Joo-hwan Kim, Südkorea, 2017)

Midnight Runners
„Midnight Runners“ läuft im Rahmen des 6. koreanischen Filmfests Project K (18. bis 22. Oktober 2017)

Es ist nicht unbedingt die große Freundschaft auf den ersten Blick. Eigentlich will Ki-joon Park (Seo-joon Park) von Hee-yeol Kang (Ha-neul Kang) nur dessen Würste. Schließlich zeigt sich die Kantine der Polizeiakademie recht knauserig, was die Versorgung mit Essen angeht. Hee-yeol wiederum ist froh, wenn er die Würste nicht essen muss, aus gesundheitlichen Gründen. Auch sonst haben die beiden wenig gemeinsam. Ki-joon ist mehr der impulsive Typ, ein Macher. Sein zukünftiger Kollege ist dafür ein begeisterter, nüchterner Lerner. Und doch werden sie Freunde und auch eng zusammenarbeiten müssen: Eines Nachts werden sie Zeugen, wie eine junge Frau auf offener Straße entführt wird. Da sich die Behörden jedoch nichts des Falls annehmen können, müssen eben die beiden Jungspunde ran.

Das koreanische Kino hat es geschafft, wie kaum ein andere Nation heimische Besucher anzulocken. Da sind Zahlen dabei, von denen die Studios hierzulande nur träumen können. Midnight Runners beispielsweise hat rund 5,6 Millionen Zuschauer angezogen und steht auf der vorläufigen Jahres-Top-10 auf Platz fünf – und das obwohl Schauspieler und Regisseur bislang nicht für die ganz großen Blockbuster bekannt sind. Ein deutscher Release steht trotz der Zahlen bislang aus. Immerhin dürfen sich die Besucher des koreanischen Filmfests Project K aber darüber freuen, dass der Kassenschlager dort gezeigt wird.

Eine gut gelaunte Buddy-Komödie nach altem Muster
Die Freude dürfte auch deshalb groß sein, weil Midnight Runners in eine andere Richtung geht, als wir es hier gewohnt sind. Meistens sind es düstere Werke, gerade aus dem Thrillerbereich, welche deutsche Verleihe ans Land ziehen – zuletzt etwa das bedrohlich-mysteriöse The Wailing – Die Besessenen oder den stylischen Rachereißer The Villainess. Bei den fleißigen Polizeikadetten sieht es da erst einmal deutlich freundlicher und unbeschwerter aus. Anstatt gleich in die tiefsten Abgründe zu hüpfen, beschert uns Regisseur und Drehbuchautor Joo-hwan Kim eine gut gelaunte Buddy-Komödie, wie sie im Westen in den 80ern und 90ern gern gedreht wurden.

Altmodisch? Vielleicht ein bisschen. Hinzu kommt, dass die beiden Figuren nicht übermäßig originell gezeichnet wurden. Ein impulsiver Chaot und der verstockte Bücherwurm, das gab es schon oft. Wirklich abnehmen tut man Kang den Letzteren auch nicht, dafür sieht er dann doch zu sehr nach Teenieidol aus. Gut möglich, dass hier auch allgemein eine jüngere weibliche Zielgruppe angesprochen werden sollte. Denn knuffig und gutaussehend sind die beiden jungen Herren ja. Und auch sympathisch: Es macht einfach Spaß, den beiden zuzusehen, wie sie herumalbern, sich gegenseitig auf den Arm nehmen und manchmal auch einfach Mist bauen – ohne dabei gleich in ein Slapstickdauerbeschuss à la Police Academy zu geraten.

Mehr Düsterkeit, weniger Charme und Tempo
Eigenartig ist nur, wie dieser so gut gelaunte Film später dann doch die typisch südkoreanische Düsterkeit erreicht. Die chaotisch-actionreichen Ermittlungen, die manchmal auch ein wenig unorthodox sein durften, führen dann auf einmal in sehr finstere Gefilde. So finster, dass sich mancher „reiner“ Thriller nicht hintrauen dürfte. Das ist einerseits interessant, passt aber schlecht zu der ersten Hälfte. Der Stimmungsumschwung ist einfach zu heftig. Schade ist zudem, wie sehr auf einmal das Tempo herausgenommen wird. Es ist gerade der jugendliche Schwung, das nächtliche Umherrennen, was den Charme der Actionkomödie bis dahin ausgemacht hat. Das Gefühl von Dringlichkeit auch, ein bisschen wie in Lola rennt. Da wäre insgesamt doch mehr Konsequenz schön gewesen. Unterhaltsam ist der Film dennoch, ein vielversprechender Einstieg in eine neue Reihe – so zumindest wird impliziert –, bei der aber noch einiges an Luft nach oben ist.



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Trotz der oberflächlichen Charakterisierung macht es Spaß, den beiden Poizeianwärtern bei ihrem ersten Abenteuer zuzusehen. Die erste Hälfte ist dabei die gelungenere, wenn „Midnight Runners“ voll auf Humor und Tempo setzt. Später wird beides deutlich reduziert, die Geschichte wird sehr viel düsterer. Das ist nicht unspannend, die Actionkomödie verliert aber ihren Charme.
6
von 10