Pearl

(„Pearl“ directed by Patrick Osborne, 2016)

PearlKurzfilme sind immer eine schöne Gelegenheit, auch mal ein bisschen mit Stilen und Techniken zu experimentieren – vor allem im Animationsbereich. So auch hier. Ursprünglich hat Regisseur Patrick Osborne, der zuvor schon bei Könige der Wellen und Ralph reichts mitgearbeitet hatte, seinen neuen Kurzfilm Pearl im Rahmen der Google Spotlight Stories gedreht. Und gedreht darf hier sogar wörtlich verstanden werden, da es bei diesen Geschichten darum ging, den Zuschauern ein echtes 360-Grad-Erlebnis zu bieten. Soll heißen: Wer sich das Video beispielsweise auf seinem Smartphone anschaute, konnte das Geschehen durch Bewegung aus verschiedenen Perspektiven anschauen. Dafür gab es am Ende eine Oscar-Nominierung zum besten animierten Kurzfilm – der erste Virtual-Reality-Beitrag, der das geschafft hat. Dieses Mal musste sich Osborne, der 2015 eben diesen Preis für Liebe geht durch den Magen gewann, aber Piper geschlagen geben.

Unterschiedlicher hätten die beiden Konkurrenten um den Mini-Thron dabei kaum sein können – zumindest in technischer Hinsicht. Während die Pixar Studios bei ihrem Werk auf überwältigenden Fotorealismus setzen, ist das hier deutlich einfacher und stilisierter. Statt State of the Art sieht das hier eher nach einem Computerspiel aus den 90ern aus, eckige Figuren und detailarme Hintergründe inklusive. Und doch ist Pearl ein visuell durchaus interessantes Werk gewesen, selbst für all die, die lediglich die normale Videovariante werden. Hier wird mehr mit Andeutungen als Konkretem gearbeitet, mit Stimmungen.

Das liegt zum einen im Inhalt begründet. Und hier gibt es dann doch kleinere Überschneidungen mit dem Oscar-Gewinner: Erzählt wird die Geschichte einer Vater-Tochter-Beziehung, über mehrere Jahre hinweg. Das Besondere dabei ist, dass die komplette Geschichte an Bord eines Autos stattfindet, mit dem die beiden durch das Land fahren. Das Auto wird mit der Zeit natürlich in Mitleidenschaft getragen, auch die Protagonisten werden immer älter. Vor allem aber verändern sich die Menschen und die Beziehung der beiden, gerade auch weil die Tochter ihrem Vater später folgt und selbst ihre Liebe zur Musik entdeckt.

Musik spielt dann auch eine große Rolle in Pearl. Gesprochen wird während der knapp sechs Minuten praktisch gar nicht, dafür immer wieder musiziert. Kritiker spotteten dann auch, dass es sich hier um einen verkappten Werbefilm handelt. Um eine Autoreklame, nur länger. Wirklich viel Inhalt hat das Werk dann auch tatsächlich nicht zu bieten. Und doch ist es irgendwie schön und rührend, die beiden auf ihrem Road Trip zu begleiten, sie streiten, lachen und träumen zu sehen. Wie sie auf der Suche sind. Nein, wirklich aufregend ist es nicht, was Osborne da zu erzählen hat. Aber es ist doch so nah am Leben, dass der charmante Feel-Good-Film selbst ohne sein technisches Gimmick Wirkung zeigt. Lohnenswert sind die Minuten also auf jeden Fall, und sei es nur, um zu sehen, dass im Animationsbereich auch andere Wege möglich sind als die, welche uns die Blockbuster immer aufzeigen.



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Ohne Worte und ohne große grafische Details, dafür mit umso mehr Stimmung erzählt „Pearl“ die Geschichte eines Vater-Tochter-Paares über die Jahre hinweg. Ein schöner kleiner Geheimtipp, der zu Herzen geht.
7
von 10