Cowboy Bebop Der Film
© 2001 Sunrise • Bones • Bandai Visual

(„Cowboy Bebop: Tengoku no Tobira“ directed by Shinichirō Watanabe, 2001)

Im Jahr 2071 hat sich die Menschheit in den Weiten des Weltalls niedergelassen – notgedrungen, nachdem die Erde quasi unbewohnbar geworden war. Sehr viel friedlicher wurde es in dem extraterrestrischen Exil jedoch nicht. Keiner weiß, wer hinter dem Anschlag mit dem Truck steht oder auch, was diesen dazu veranlasst hat. Klar ist nur, dass 300 Menschen auf der Marskolonie starben oder sich bei dem verwendeten, bislang unbekannten Krankheitserreger ansteckten. Aus Furcht vor weiteren Vorfällen wird ein riesiges Kopfgeld auf den Täter ausgesetzt: 300 Millionen Woolong, ein neuer Rekord. Und das lassen sich Spike Spiegel und die anderen Crewmitglieder der Bebop nicht zweimal sagen, jeder versucht auf seine eigene Weise, an das hübsche Sümmchen zu kommen.

Wenn eine Animeserie erfolgreich läuft, ist die Verlockung immer groß, noch einen Kinofilm hinterherzuschieben. Oder auch ein Dutzend. Wenn die Serie darüber hinaus auch in Übersee Kultstatus genießt, oft als eines der wichtigsten Beispiele japanischer Zeichentrickkunst genannt wird, dann führt an einem Sequel kein Weg vorbei. Dass im Fall von Cowboy Bebop die Geschichte eigentlich keinen Nachfolger erlaubt, störte nicht weiter, stattdessen schuf dessen kreatives Mastermind Shinichirō Watanabe (Samurai Champloo, Terror in Tokio) einfach ein Midquel, das zwischen den Episoden 22 und 23 des Originals angesiedelt ist.

Neuling haben es dadurch naturgemäß etwas schwerer. Auch wenn Cowboy Bebop – Der Film eine im Grunde völlig eigenständige Geschichte erzählt und ohne Vorkenntnisse verständlich ist, liegt der Reiz in erster Linie darin, die alten Bekannten wiederzusehen. Groß vorgestellt werden die nicht, auch das Szenario muss man sich erst erarbeiten. Dass Watanabe und Drehbuchautorin Keiko Nobumoto (Wolf’s Rain) vorher an einer Serie gearbeitet hatten, dessen Episoden immer in sich abgeschlossen waren, merkt man ihrem Filmausflug durchaus an. Eigentlich ist der Beitrag vom Fantasy Filmfest 2002 wie eine weitere Folge, allerdings von 22 Minuten auf das Fünffache aufgeblasen – was sich an dem gemächlichen Tempo und der einen oder anderen Länge bemerkbar macht. Natürlich ist es schön, wie hier nach und nach die Hintergrundgeschichte preisgegeben wird, aus dem terroristischen Monster ein Mensch wird. Nur mangelt es dabei an einem roten Faden: Die einzelnen Crewmitglieder sind so sehr mit ihrer jeweiligen Jagd beschäftigt, dass daraus nie ein gemeinsamer Film wird.

Aber der Inhalt war auch schon im Fall der Serie nicht immer die Stärke gewesen, Cowboy Bebop hatte da mit größeren Schwankungen zu kämpfen, war manchmal mehr mit seiner Atmosphäre beschäftigt als mit interessanten Geschichten. Verlassen konnte man sich aber auf einige durchgängige Qualitäten: der Humor, die übercoolen Figuren – und das enorme Stilbewusstsein. Letzteres ist auch im Film noch zu spüren, die gefeierte Komponistin Yoko Kanno unterlegt den Anime mit jazzigen und rockigen Klängen, die eigentlich nicht zu dem Westerngehabe und dem Science-Fiction-Szenario passen sollten, aber eben doch eben in dieser ungewöhnlichen Mischung den Charme dieses etwas anderen Films ausmachen. Denn ließe man diese weg, er wäre nicht viel mehr als ein gewöhnlicher Cop Movie.

Zu sehen gibt es natürlich auch eine Menge. Das seinerzeit noch junge Animationsstudio BONES (Space Dandy, Noragami), welches aus Sunrise, dem Studio hinter der Serie, hervorgegangen ist, durfte hier ein bisschen mehr Geld und Zeit aufwenden, was Cowboy Bebop – Der Film vor allem während der Kampfszenen zugutekommt. Aber auch in den ruhigeren Momenten, wenn Spike durch die arabisch beeinflussten Märkte streift oder die Figuren sich in Träumen und Halluzinationen verlieren, gibt sich der Anime keine Blöße. Computer kommen dabei so gut wie gar nicht zum Einsatz, was dem Film zusammen mit den eher heruntergekommenen Szenerien etwas schön Altmodisches gibt. Ein Anime, der trotz seines ungewöhnlichen und betont coolen Äußeren recht klassisch und gradlinig ist und wie er heute kaum noch gemacht wird.



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Die Filmvariante des Kultanimes hält sich eng an die Stärken des Originals, legt optisch sogar noch ein bisschen drauf. Allerdings reicht der Inhalt nicht wirklich aus, „Cowboy Bebop – Der Film“ lebt wie die Serie mehr von seiner ungemein stilvollen Verpackung und den starken Charakteren als von einer wirklich spannenden Geschichte.
7
von 10