Ich bin dann mal weg
© Warner Bros

Ich bin dann mal weg

(„Ich bin dann mal weg“ directed by Julia von Heinz, 2015)

Ich bin dann mal weg
„Ich bin dann mal weg“ läuft ab 24. Dezember im Kino

Als der Entertainer Hape Kerkeling (Devid Striesow) eines Tages auf der Bühne zusammenbricht, ist die Diagnose klar: Überarbeitung. Er solle sich schonen, rät ihm der Arzt, einfach mal nichts tun. Was so mancher sicher dankend annehmen würde, ist für Kerkeling eine Zumutung. Womit sich nur die Zeit vertreiben? Bis er auf die Idee kommt, den Jakobsweg entlangzupilgern. Und so macht er sich, auch gegen den Rat seines Umfeldes, auf die Reise, lernt dabei andere Pilger wie die schweigsame Stella (Martina Gedeck) und die kratzbürstige Journalistin Lena (Karoline Schuch) kennen. Und am Ende auch sich selbst.

Wenn sich ein Buch monatelang auf den Bestsellerlisten tummelt, ist die Frage nach einer etwaigen Verfilmung weniger mit meinem „ob“, sondern vielmehr mit einem „wann“ verbunden. Dass es nach der Veröffentlichung von Hape Kerkelings „Ich bin dann mal weg“ ganze neun Jahre dauerte, bis ein Pendant für die Leinwand geschaffen wurde, erstaunt dann auch ein wenig, lässt sich aber mit der Natur des Buches erklären. Wie eine Geschichte verfilmen, die eigentlich keine ist, sondern vielmehr eine fortlaufende Aneinanderreihung von Gedanken und Erinnerungen?

Regisseurin Julia von Heinz und ihr Autorenteam begegneten dieser Aufgabe, indem sie die literarische Vorlage umstrukturierten und auch vereinfachten. Begann das Buch direkt mit dem Weg, wird hier noch eine längere Vorgeschichte mit auf den Weg gegeben, um so für den Nichtkenner den Einstieg zu erleichtern. Ob das nötig gewesen wäre, darüber lässt sich streiten, es schadet aber auch nicht weiter. Schlimmer sind da die ständigen Flashbacks an seine Kindheit und die Erinnerungen an seine gläubige Großmutter. Die Szenen werden zwar von der gewohnt schrulligen Katharina Thalbach witzig gespielten, stehen aber kaum in einem Zusammenhang mit dem Pilgerweg, sollen vermutlich für Auflockerung auf der handlungsarmen Reise sorgen, führen aber vielmehr dazu, ständig aus dem Fluss gerissen zu werden.

Dabei ist der Weg hier tatsächlich der deutlich interessantere Aspekt – optisch ohnehin, wir werden mit tollen Aufnahmen der Natur und kleinen Dörfern belohnt, aber auch inhaltlich. Die introspektiven Passagen des Buches als Voice-over umzusetzen, ist vielleicht nicht originell, funktioniert jedoch gut. Über weite Strecken hält Ich bin dann mal weg die bekannte Mischung aus humorvollen und nachdenklichen Elementen bei, wird so zu einem schön besinnlichen Film, der wie gemacht ist für die Weihnachtszeit und mit Devid Striesow auch prima besetzt ist.

Zum Ende hin baut der Film dann aber doch deutlich ab. Schon dass der Sprachwitz im Vergleich zum Buch Federn lassen musste, ist äußerst schade, von dem beschriebenen Sprachenwirrwarr ist kaum mehr etwas übriggeblieben. Vor allem aber entdeckt Ich bin dann mal weg im weiteren Verlauf sein Herz, wird rührselig, teilweise auch sehr kitschig. Was mit Biss und Ironie begann, wird zu einem spirituell-emotional überhöhten Postkartenreigen, der eine Reaktion erzwingen will, anstatt sie dem Zuschauer zu überlassen. Das kann man mögen, raubt dem Ganzen aber seine Note, ist kaum noch von Betroffenheitsdramen zu unterscheiden, an denen im Fernsehen nun wirklich kein Mangel herrscht. Im direkten Vergleich fährt man mit dem Buch deshalb doch noch deutlich besser. Wer dieses schon durch hat oder generell weniger leseaffin ist, findet hier aber eine schön bebilderte Alternative für die Feiertage.



(Anzeige)

„Ich bin dann mal weg“ hält über lange Zeit die bekannte Mischung aus Humor und Nachdenklichkeit bei, garniert diese mit schönen Bildern. Die vielen unnötigen Flashbacks stören jedoch den Fluss des Films, zum Ende hin wird es auch recht kitschig.
6
von 10