Mord nach Mass

Mord nach Maß

(„Endless Night“ directed by Sidney Gilliat, 1972)

Mord nach MassDer flatterhafte, nur wenig ambitionierte Michael Rogers (Hywel Bennett) springt von Job zu Job, ohne je einen Plan zu entwickeln, was er eigentlich mit seinem Leben anfingen will. Das ändert sich, als er der reichen Erbin Fenella Guteman (Hayley Mills) bei der Besichtigung eines Grundstücks über den Weg läuft, das er unbedingt haben will. Der Wunsch erfüllt sich, als Michael und Fenella ein Paar werden, heiraten und den „Zigeuner-Acker“ kaufen, wie das Land von den Einheimischen genannt wird. Dass darauf ein Fluch liegen soll, interessiert die beiden nicht – bis einige unangenehme Vorkommnisse sie doch ins Grübeln bringen. Und das ist nicht das einzige Ärgernis in Michaels Leben: Fenellas Vertraute Greta (Britt Ekland) zieht bei den beiden ein und mischt sich fortan überall ein.

Die 60er und 70er waren zweifelsfrei die produktivste und beste Zeit, wenn es um Verfilmungen der Bücher von Agatha Christie geht. Was die Abwechslung angeht, musste der geneigte Krimifan jedoch die Ansprüche nach unten schrauben: Die meisten Adaptionen beruhten auf Geschichten mit Miss Marple (16.50 Uhr ab Paddington, Mord im Pfarrhaus) und Hercule Poirot (Die Morde des Herrn ABC, Mord im Orient-Express, Tod auf dem Nil) oder versuchten sich mal wieder an dem Klassiker „Und dann gab’s keines mehr“ (Da waren’s nur noch neun, Ein Unbekannter rechnet ab). Die vielen anderen Romane und Kurzgeschichten hingegen, die blieben während der beiden Dekaden fast völlig unbeachtet.

Einer der wenigen größeren Versuche, auch außerhalb dieses Dreiergespanns etwas auf die Beine zu stellen, war der Kinofilm Mord nach Maß von 1972. Und das war zumindest in der Theorie eine erfreuliche Sache, nicht nur weil damit auch mal andere Figuren auf die große Leinwand durften, sondern auch weil das fünf Jahre zuvor erschienene gleichnamige Buch zu den besseren im Spätwerk der großen Krimiautorin gehört. Wer jedoch nur den Film kennt, der wird relativ wenig davon ahnen, denn der wird der Vorlage kaum gerecht, ist sogar eine der langweiligsten Adaptionen überhaupt geworden.

Anders als viele Geschichten von Christie beginnt Mord nach Maß – seinem Titel zum Trotz – nicht mit einem Mord, der aufgeklärt werden muss, ist also kein klassischer Whodunnit. Stattdessen sind hier die Thrillerelemente ausgeprägt, an die Stelle einer Mördersuche tritt das unheimliche Gefühl, dass bald etwas Schlimmes passieren wird. Doch eben dieses Gefühl will sich nicht einstellen, ähnlich wie bei Bertrams Hotel und They Do It With Mirrors gibt es unheilschwangere Dialoge, aber keine dazu passende Atmosphäre, keine echte Spannung, kein Nervenkitzel, was denn nun passieren mag. Dafür lässt sich Regisseur Sidney Gilliat viel Zeit damit, seine Figuren einzufügen, Vorgeschichten zu erzählen und die langsam stärker werdende Beziehung zu beleuchten.

Gut gespielt ist das, über lange Zeit ist Mord nach Maß aber mehr Romanze als Krimi. Wenn dann später doch noch die tendenzielle Ereignislosigkeit durchbrochen wird, dann geschieht das so unvermittelt und auch kurz, dass die Szenen eher wie ein Fremdkörper wirken. Und das ist sehr bedauerlich, denn die Auflösung dürfte die meisten tatsächlich überraschen, ohne dabei übertrieben verschachtelt zu sein; das Originalposter warb sogar damit, dass nur 3 von 100 Menschen sie vorzeitig erraten. Möglich ist aber auch, dass die übrigen 97 zu dem Zeitpunkt längst eingeschlafen waren, weil es einem der Film schwer macht, bis zum Ende Anteilnahme am Geschehen zu zeigen und sich für das Schicksal des jungen Paares zu interessieren.



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Guter Roman, schwacher Film: „Mord nach Maß“ gefällt durch gute Darsteller und einen überraschenden Schluss. Doch der Weg dorthin ist mühsam, dafür bietet der Krimi-Thriller einfach zu wenig Spannung oder erwähnenswerte Ereignisse.
4
von 10