Tod auf dem Nil
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Tod auf dem Nil (1978)

(„Death on the Nile“ directed by John Guillermin, 1978)

Agatha Christie Collection
„Tod auf dem Nil“ ist als Teil der „Agatha Christie Collection“ seit 19. Februar auf DVD und Blu-ray erhältlich

Eigentlich hatte der belgische Meisterdetektiv Hercule Poirot (Peter Ustinov) nur ein paar Tage Urlaub in Ägypten machen wollen, als er in eine unschöne Dreiecksbeziehung hineingezogen wird. Linnet Ridgeway Doyle (Lois Chiles) und ihr Ehemann Simon Doyle (Simon MacCorkindale) verbringen ihre Flitterwochen im Land der Pyramiden und Pharaonen, werden dabei jedoch regelmäßig von Simons vorherigen Verlobten Jacky de Bellefort (Mia Farrow) gestört. Als Poirots Versuche, die Verschmähte von ihrem Rachefeldzug abzubringen, scheitern, ahnt er Böses. Und tatsächlich, kurze Zeit drauf liegt Linnet erschossen in ihrer Kabine auf dem Kreuzfahrtschiff. Doch die Suche nach dem Mörder ist schwieriger als gedacht, denn Jacky hat ein Alibi, dafür hatte fast das gesamte Schiff Motiv und Gelegenheit, die reiche Erbin töten zu wollen.

Nicht nur die Romane der englischen Queen of Crime Agatha Christie waren ein Ereignis, die Filme waren es oft ebenso – dafür reicht ein Blick auf die Besetzung. Wie schon bei früheren Umsetzungen wie Ein Unbekannter rechnet ab oder Mord im Orient Express war auch Tod auf dem Nil ein Schaulaufen europäischer wie amerikanischer Filmstars: Mia Farrow und David Niven, Bette Davis und Angela Lansbury, Jane Birkin und Maggie Smith, sie alle hatten mehr oder weniger große Rollen. Doch das Aushängeschild par excellence war natürlich Peter Ustinov, der hier das erste Mal in die Rolle des belgischen Detektiv Hercule Poirot schlüpfte, fünf weitere Filme sollten noch folgen.

Ausgangslage für Tod auf dem Nil war der gleichnamige Roman aus dem Jahr 1937. Einige Figuren mussten zwar gestrichen oder zu einer zusammengefasst werden, insgesamt hält sich die Verfilmung jedoch weitestgehend an das Original. Wer andere Geschichten Christies kennt, weiß deshalb schon, was ihn erwartet: diverse mysteriöse Todesfälle, eine Vielzahl an Verdächtigen, die eine oder andere falsche Fährte und eine Auflösung, die kaum ein Leser wohl hätte vorhersehen können – aus gutem Grund. Mit Konzepten wie Plausibilität darf man den Krimis der britischen Autorin nicht begegnen, schon der Umstand, dass zufällig zehn Personen an Bord sind, die alle ein Motiv hätten, ist schon weit hergeholt. Und wenn wir zum Schluss erfahren, wie der Mord passiert sein soll, dann ist auch das schwer zu glauben.

Und doch macht es eben Spaß, sich den Kopf zu zerbrechen, über der Unmöglichkeit der Situation zu brüten und per Ausschlussverfahren den Täter finden zu wollen. Schade ist nur, dass die eigentlichen Ermittlungen – wie schon bei Mord im Orientexpress – recht kurz kommen, schließlich braucht man mindestens eine halbe Stunde, um die Lösung zu erklären, eine weitere Stunde, um zu sagen, wer wie und warum Linnet hätte ermorden können und wollen. Was im Buch noch durch eigene Nachforschungen geschah, wird in der Filmversion etwas unelegant durch Dialoge zwischen den Passagieren gelöst, welche Poirot durch ein unglaublich gutes Timing immer mithören darf.

Während man sich über den Inhalt und dessen Umsetzung streiten kann, bei dem Drumherum wird das wohl keiner tun wollen. Schon immer waren neben den ausgeklügelten Plots auch die stimmungsvollen und detailreichen Beschreibungen von Land und Leute eine Stärke von Agatha Christie. Und dies wurde hier sehr gelungen umgesetzt: Tod auf dem Nil wurde an Originalschauplätzen in Ägypten gedreht, Bauwerke wie die Sphinx, die Pyramiden oder Tempel tragen maßgeblich zur Atmosphäre bei. Gleiches gilt für die aufwendigen Kostüme, die 1978 auch mit einem Oscar belohnt wurden.

Die Schauspieler wurden dieses Mal zwar nicht bedacht, gingen aber mit offensichtlicher Spielfreude an die Arbeit. So sorgt Angela Lansbury als alkoholkranke Schundroman-Autorin für erheiternde Momente, ebenso die Wortduelle zwischen Bette Davis und Maggie Smith. Doch über allem thront Peter Ustinov, der dem sonst so unterkühlten Poirot eine ungekannte Wärme und Menschlichkeit verleiht. Da zudem die Einspielergebnisse ordentlich waren, durfte er deshalb vier Jahre später in Das Böse unter der Sonne erneut in diese Rolle schlüpfen und seine kleinen grauen Zellen erneut unter Beweis stellen – zur Freude seines Publikums.



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Ein komplexer Fall, aufwendige Kostüme, tolle Kulissen und eine Unmenge an Stars: „Tod auf dem Nil“ setzt die Stärken des gleichnamigen Romans von Agatha Christie gelungen um. Glaubwürdig ist das wie so oft nicht, außerdem kommen die Ermittlungen etwas kurz. Doch für Knobelfreunde bietet der erste Film mit Peter Ustinov als Hercule Poirot noch immer eine Menge Rätselfutter für die kleinen grauen Zellen.
7
von 10