Tatanka – Die Reise zurück in das Reich der Camorra

Tatanka – Die Reise zurück in das Reich der Camorra

(„Tatanka“ directed by Giuseppe Gagliardi, 2011)

Tatanka – Die Reise zurück in das Reich der CamorraSie leben in Herden, die um die 50 Tiere umfassen können. Ihr Fleisch soll recht schmackhaft sein, was Anfang des 20. Jahrhunderts fast zu ihrer Ausrottung geführt hätte. Und sie sind stark, die Amerikanischen Bisons, sehr stark sogar. Das mit den Herden ist nicht so sein Ding, dafür lässt Michele (Lorenzo Scialla, später Clemente Russo) zu wenige an sich ran. Und ob er gut schmeckt, ist auch nicht überliefert. Aber stark, oh ja, das ist er. Wenn er mit der rechten Faust zulangt, gehen selbst gestandene Rinder zu Boden. Als er aufgrund dieser Durchschlagskraft und Unbeirrtheit Tatanka genannt wird, das indianische Wort für den wuchtigen Büffel, dann hat das also schon seine Berechtigung.

An der Technik mangelt es ihm jedoch, obwohl er immer wieder von Trainern unter die Fittiche genommen wird, die ihn zum Boxprofi ausbilden wollen. Doch immer wieder kommt ihm etwas dazwischen. Oder besser jemand: Micheles bester Freund Rosario (Vincenzo Pane, später Carmine Recano). Der neigt ein wenig zu Gewalt, auch in dummen Situationen. Vielleicht sogar genau dann. Regelmäßig bringt er die beiden in schwierige Lagen, am Ende landet Michele seinetwegen sogar im Knast. Als er acht Jahre später wieder frei kommt, hat es Rosario durch weniger legale Tätigkeiten zu Reichtum gebracht. Und er verspricht Michele als Wiedergutmachung, ihm doch noch dessen Traum zu ermöglichen: als Boxer bei den Olympischen Spielen teilnehmen.

Einen Traum hatte auch Roberto Saviano, doch der bringt ihm bis heute eine Menge Ärger ein. Mit seinem 2006 erschienenen Buch „Gomorra“ wollte der italienische Journalist und Autor die Machenschaften eben jener Familienclans aufdecken, die unter anderem mit Drogen und Waffengeschäften die Region um Neapel in Angst und Schrecken versetzen. Erfolg hatte er damit auch: Seine Mischung aus Roman und dokumentarischer Studie wurde zum Bestseller, von den Kritikern gelobt und anschließt sogar verfilmt (Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra). Kehrseite der Medaille ist, dass der gebürtige Neapolitaner seither in einem Versteck leben muss, um der Rache der Camorra zu entgehen.Tatanka – Die Reise zurück in das Reich der Camorra Szene 1

Auch Tatanka basiert auf einer Vorlage des Autors, genauer auf der Kurzgeschichte „Tatanka scatenato“. Und zunächst hat es den Anschein, als könne Saviano wieder nicht die Finger von seinem Lieblingsthema lassen. Ausgesprochen düster und stimmungsvoll fängt es hier an, mit Jugendlichen, die sich allein schon aufgrund fehlender sonstiger Perspektiven der Camorra anschließen. Aber auch mit einer Polizei, die in ihrem Kampfeswillen nicht davor zurückschreckt, einen Verdächtigen zu Tode zu foltern und anschließend die Leiche zu entsorgen. Dieser Einstieg ist richtig gelungen, die schnellen und geschickten Schnitte sorgen zusammen mit den tollen Bildern für eine richtig gute Atmosphäre.

Problematisch wird es, als der Film sich von seinen jugendlichen Kleinkriminellen fortbewegt und sich auf Micheles Versuch konzentriert, doch noch Karriere als Boxer zu machen. Vielleicht hätte der Themenwechsel sogar funktioniert, wäre Tatanka konsequent dabei geblieben. Aber Verbrechen spielen auch weiterhin eine Rolle, sodass der Film auf einmal eine Mischung aus Gomorrha und bekannten Boxeraufstiegsdramen à la Wie ein wilder Stier oder Rocky wird. Tatanka – Die Reise zurück in das Reich der Camorra Szene 2

Das betrifft vor allem die zweite Hälfte, wenn einfach zu viel passiert, zu viele Personen eingeführt werden. Einen roten Faden sucht man hier dann vergeblich, oft hat man den Eindruck, Tatanka würde einfach willkürlich Szenen aneinanderhängen, ohne zu wissen, wo es eigentlich hingehen soll. Immerhin machen die Boxszenen auch dann noch einiges her. Die Kämpfe sind gut inszeniert und überzeugend gespielt – kein Wunder, Hauptdarsteller Clemente Russo ist eigentlich Boxer und nahm als solcher tatsächlich an den Olympischen Spielen teil. Aber auch abseits des Rings macht der Sportler bei seinem Schauspieldebüt eine überraschend gute Figur.

Tatanka ist seit 28. Januar auf DVD und Blu-ray erhältlich



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Zunächst ein stimmungsvolles Porträt jugendlicher Kleinkrimineller, wandelt sich Tatanka im weiteren Verlauf zu einer Mischung aus Kriminalfilm und Sportdrama. Und dabei übernimmt sich Regisseur Giuseppe Gagliardi. Einzelne Bestandteile überzeugen, es fehlt jedoch der rote Faden.
5
von 10