Alles in Handarbeit

Alles in Handarbeit

(„Hardly Working“, directed by Jerry Lewis, 1980)

Nach 10 Jahren Leinwandabstinentz führte Jerry Lewis Regie bei Hardly Working – die berüchtigtste Periode im Leben des legendären Komiker hatte bereits lange vorher mit misslungenen Filmen begonnen, die niemand sehen wollte. Anders sollte es auch seinem neuen Film nicht ergehen, der den Tiefpunkt im komödiantischen Schaffen des Amerikaners nicht zu heben vermochte. Der Film eröffnet mit einer Montage aus diversen frühen Jerry Lewis Filmen. Lewis als Page, Lewis als Kellner, Lewis als der Tollpatsch, der alle Dinge kaputtmacht, die ihm im Weg stehen. Abblende zur Gegenwart. Jerry Lewis als Clown in der Maske eines Zirkus‘ vor seinem Auftritt. Nun kann man sich fragen, weshalb die einleitende Montage – die lustiger ist als alles, was folgen soll – vor dem eigentlichen Beginn des Films eingesetzt wurde. Soll der Zuschauer daran erinnert werden, wie lustig Jerry Lewis einst war? Erinnert sich der Clown an seine besten Zeiten, denen er hinterher trauert? Nein, denn Bo Hooper als Clown schlüpft nicht in die Rollen eines Pagen, eines Kellners oder eines Angestellten, wie es in der Montage demonstriert wurde. Weshalb also diese Einleitung? Man weiß es nicht.

Bo Hooper hat eine schwere Zeit vor sich, denn der Zirkus, in dem er als Clown arbeitet, wird geschlossen. Perspektivlos lässt er sich in der Wohnung seiner Schwester (Susan Oliver) nieder und verspricht seinem entnervten Schwager (Roger C. Carmel) hoch und heilig, sich um einen Job zu bemühen. Doch gleich bei seinem ersten Job als Tankstellenwärter geht alles schief, was schief gehen kann. Immerhin lernt er an seinem ersten – und einzigen – Tag in dieser Profession die schöne Millie (Deanna Lund) kennen, in die er sich sofort verliebt. Anders als sein Boss, denn dieser ist von den fragwürdigen Qualitäten Bos weniger überzeugt. So wenig, dass er selber seinen mühsam aufgestellten Berg von Konserven zerstört. Warum? Man weiß es nicht.

Bo übernimmt daraufhin viele Jobs für kurze Zeit und es dauert lange, bis man herausfindet, wohin dieser Film steuert, als der ehemalige Clown schließlich einen Job bei der Post erhält. Dort ist man gnädig mit ihm und es scheint, als würde er dort glücklich werden. Bis zu diesem Zeitpunkt funktioniert Hardly Working als eine Aufeinanderfolge schlechter Sketche, die man in ähnlicher Art und Weise bereits in Dutzenden Jerry Lewis-Filmen gesehen hat. Das Konzept ist einfach: die Menschen in Lewis‘ Umgebung werden in den Wahnsinn getrieben, alle Gegenstände, die sich Bo in den Weg stellen, werden zerstört. Warum hat sich Jerry Lewis erhofft, aus diesem abgegriffenen Konzept einen Langfilm als Wiederauferstehung seiner Karriere zu drehen? Man weiß es nicht.

Nicht nur die wenig originellen Scherze stoßen übel auf, sondern vor allem auch die Vorhersehbarkeit eben jener. Der Job als Tankstellenwärter erforderte zu jener Zeit das Auffüllen des Tanks eines Autos. Natürlich ist die Zapfsäule neben dem Auto außer Betrieb und der Fahrer kurz austreten, sodass er den Wagen nicht umparken kann. Die nächste Zapfsäule ist griffbereit, doch was passiert? Der Benzinschlauch ist zu kurz – haben Sie es erraten? Auf der Poststelle steht mitten im Raum eine Karre, bis oben hin gefüllt mit Briefen. Am Rad der Karre hat sich eine Tasche verfangen. Was wird passieren, wenn Jerry Lewis die Tasche vom Rad lösen will? Haben Sie es erraten? Man weiß es nicht.

Obwohl ein Kritiker nie die Witze eines Films vorab erläutern sollte, scheint es hier nicht von großer Bedeutung zu sein, denn die Witze sind derart platt, dass sich höchstens ein sechsjähriger darüber noch amüsieren könnte. Am besten funktionieren zwei, drei Scherze, die aufgrund ihres Surrealismus noch für ein leichtes Schmunzeln sorgen können, doch davon abgesehen zielt Jerry Lewis in allem was er tut, derart auf die eigentliche Pointe ab, dass es für ihn keine Rolle spielt, wie unwichtig, zäh, langweilig oder unrealistisch das Vorspiel ist. Das beste Beispiel mag eine Szene im Büro der Post sein, in dem der Zuschauer für zwei Minuten Zeuge wird, wie sich ein Beamter akribisch die Brille putzt. Wohlgemerkt nur zu dem Zweck, dass Jerry Lewis anschließend auf eben jene niesen kann. Sie finden das nicht lustig? Der Beamte auch nicht, denn der zückt erneut für eine schier endlose Zeit sein Putztuch und macht sich erneut ans Werk. Kann man so einen 90minütigen Film füllen? Man weiß es nicht.

Erschreckend ist auch die Erkenntnis, wie wenig Lewis als Regisseur seine Schauspieler im Griff hat, denn die darstellerischen Leistungen sind derart schlecht und verkrampft, dass man glaubt, einen Knopf an ihren Körpern finden zu können, auf den Lewis zu gegebener Zeit drückt, um sie wie Roboter ihre Zeilen aufsagen zu lassen. Zu dieser Unfähigkeit fügt sich eine Szene, welche die Limitierungen und Grenzen des Regisseurs als Paradebeispiel aufzeigt. In einer Doppelrolle wird der Zuschauer Zeuge, wie sich Lewis als Dame verkleidet mit Lewis, dem Postboten unterhält. Dabei wird streng vermieden, beide Rollen in einem Bild zu zeigen – der Aufwand wäre anscheinend zu groß gewesen, sodass man schlicht ein Double in die Kamera rückte, über dessen Schulter man entweder Jerry, den Postboten oder Jerry, die vollschlanke Tennisspielerin filmte. Es ist ein Film, der trotz Anstrengungen seitens des Regisseurs keinen Sinn macht, denn auch die Versuche, den Charakteren menschliche Wärme einzuflößen, scheitern aufs Extremste. Die Liebesgeschichte ist konstruiert, wird nicht konsequent verfolgt. Der am Boden zerstörte Ex-Clown Bo Hooper gibt sich im stillen Familienleben als ernsthafter, sensibler Mann, ehe er wenige Sekunden später Milch über der Hose seines Schwagers verschüttet und als enervierender „Quasi-Clown“ im Berufsleben derart schnell das Gesicht wechselt, dass man nur noch Angst vor diesem Wahnsinnigen haben kann.

Alles in Handarbeit ist ein Film für Vorschüler oder Erstklässler mit stumpfen, platten, abgenutzten und vorhersehbaren Witzen, filmisch schlecht und inkompetent in Szene gesetzt mit lediglich zwei, drei Minuten, die das frühere Talent des Komikers Lewis aufblitzen lassen. Derart unlustig, dass es schon wieder lustig ist.

Anmerkung: Der Film ist in Deutschland bisher noch nicht auf DVD erschienen (Stand: April 2011)



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von 10