
Mit seiner Musik hatte Alfred Moretti (John Malkovich) in den 1990ern riesigen Erfolg, bis er plötzlich in der Versenkung verschwand. Lange hatte er nichts mehr von sich hören lassen, niemand hatte mehr mit ihm gerechnet. Umso größer ist die Sensation, als er sich plötzlich wieder zurückmeldet und ein neues Album ankündigt. Die Aufmerksamkeit ist ihm trotz der langen Sendepause gewiss. Und so treffen unter anderem die Journalistin Ariel (Ayo Edebiri), ihr Boss Stan (Murray Bartlett), Talkshow-Moderatorin Clara (Juliette Lewis), Influencerin Emily (Stephanie Suganami), die Paparazza Bianca (Melissa Chambers) und der Radiostar Bill (Mark Sivertsen) auf seinem Anwesen zusammen, um über das musikalische Ereignis zu berichten. Dabei stellt sich jedoch heraus, dass der populäre Sänger offensichtlich Teil eines Kults geworden ist …
Kunst und Journalismus
Es gibt dieses beliebte Bild, dass Genie und Wahnsinn eng beieinanderliegen. Nur wer irgendwelche Abgründe in sich trägt und keine Angst davor hat, sich in diese zu begeben, kann wirklich große Kunst erzeugen. Zumindest an manchen Stellen meint man, dass Alfred Morettis Opus eben dieses Bild verwenden will und eine Verbindung aufzeigt zwischen dem Sonderbaren und dem Kreativen. Nur ist man sich hier nie ganz sicher, ob der Sänger, der einst Millionen Menschen anzog, wirklich ein solches Ausnahmetalent ist. Hatte er einen so großen Erfolg, weil er wirklich etwas Außergewöhnliches geleistet hat? Oder handelt es sich doch nur um einen Hype, dem die Menschen zum Opfer gefallen sind, in einer Form der Massenhysterie?
Ähnliche Überlegungen kann man bei der US-Produktion in vielerlei Hinsicht anstellen. Bemerkenswert an diesem ist, dass es sich um das Langfilm-Debüt von Regisseur und Mark Anthony Green handelt. Dieser hatte früher selbst als Journalist gearbeitet, unter anderem für das Männermagazin GQ. Und offensichtlich waren seine Erfahrungen nicht sonderlich gut, zumindest lässt er kein gutes Haar an seinen Kollegen und Kolleginnen. Alfred Morettis Opus ist nicht nur eine Geschichte über einen Künstler, der in einem bizarren Kult seine Heimat gefunden hat. Der Film ist vor allem eine Geschichte über die ganz spezielle Beziehung aus Kunst und Journalismus. Beide brauchen auf gewisse Weise einander, was immer zu Schwierigkeiten führen kann. Die Werke anderer für sich zu nutzen, kann ins Parasitäre gehen. Auch mangelnde Distanz kann zu einem Problem werden.
Zu wenig draus gemacht
Das sind also schon sehr interessante Themen, die Green da zwischendurch anspricht. Dass er sich zu all dem Gedanken gemacht hat, ist unverkennbar. Leider bleibt der Film dabei aber auch ziemlich diffus. So wird nie ganz klar, was genau er eigentlich sagen und vorwerfen will. Mal sagt er, dass die Protagonistin keine eigene Geschichte hat, mal macht er sich über den Künstler lustig, dann wieder die Leute, die das von ihm Gesagte unkritisch übernehmen. Das sind zwar alles denkbare Wege, die man einschlagen könnte. Indem Alfred Morettis Opus aber alle mal ein wenig verfolgt, kommt er nie wirklich an. Gleiches gilt für die Figuren, die größtenteils nichtssagend bleiben, kaum über Stereotype hinausgehen und für die das talentierte Ensemble letztendlich verschwendet wurde.
Dabei hätte auch diese Zuspitzung funktionieren können, wenn der Film als Satire konzipiert worden wäre. Da sind auch vereinzelt Momente, in denen sich dieser Gedanke geradezu aufdrängt. Aber auch das wird nie konsequent genug verfolgt, weshalb das Ganze auch nicht so unterhaltsam ist wie erhofft. Aufgrund des interessanten Szenarios ist dieser sonderbare Horrorfilm, der auf dem Sundance Film Festival 2025 Premiere hatte, zwar schon einen Blick wert. Zumal John Malkovich wie schon in der Philosophenfarce Seneca sichtlich Spaß damit hat, einen selbstverliebten Meister zu spielen. Und doch ist es enttäuschend, wie wenig Alfred Morettis Opus aus diesem Potenzial herausholt und einen am Ende vor allem mit einem Gedanken zurücklässt: „War das alles?“
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