791 km
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791 km

„791 km“ // Deutschland-Start: 14. Dezember 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

Nichts geht mehr, ganz Deutschland wurde durch einen Sturm lahmgelegt. Das bedeutet für unzählige Menschen, dass sie irgendwo gestrandet sind, wenn weder Züge noch Flugzeuge eine Option sind. Für Joseph (Joachim Król) könnte das ganz lukrativ sein, schließlich streiten sich mit der älteren Aktivistin Marianne (Iris Berben), der unbedarften Susi (Lena Urzendowsky), Start-up-Gründerin Tiana (Nilam Farooq) und Krankenpfleger Philipp (Ben Münchow), der bis eben noch ihr Freund war, darum, wer in seinem Taxi mitfahren darf. Eigentlich hat Joseph überhaupt keine Lust, von München bis nach Hamburg zu fahren. Doch die Aussicht, gleich mehrere Taxi-Gutscheine zu ergattern, lässt ihn umdenken. Eine Entscheidung, die er bald bereut, da sich die fünf unentwegt auf der 791 km langen Fahrt streiten …

Der Streit fährt mit

Wie wetteranfällig Deutschland ist, zeigte sich gerade erst, als ein verstärkter Schneefall über Tage hinweg den kompletten Süden des Landes lahmlegte. Insofern ist es schon ein richtig gutes Timing, dass 791 km nur kurze Zeit später in die Kinos kommt. Hier liegt zwar kein Schnee, dafür hat ein Sturm dafür gesorgt, dass niemand mehr weiterkommt. Um einen Kommentar auf marode Strukturen handelt es sich hierbei jedoch nicht. Vielmehr nutzt die deutsche Tragikomödie den Zustand lediglich als Vorwand, um eine Gruppe möglichst unterschiedlicher Leute zusammenzubringen und diese zu zwingen, viele Stunden miteinander zu verbringen. Der Anlass ist dabei völlig beliebig. Genauso gut hätte man von Leuten erzählen können, die gemeinsam auf einer einsamen Insel gestrandet sind oder sich ein Zimmer im Krankenhaus teilen.

Die Beliebigkeit des Ortes setzt sich in der Beliebigkeit der Themen fort. So baut der sonst eher im Fernsehen tätige Drehbuchautor Gernot Gricksch (Die Drei von der Müllabfuhr: Arbeit am Limit, Barfuß durch Australien) gleich zu Beginn einen Streit der Weltsichten ein, wenn es um typische ökologische und gesellschaftliche Streitthemen angeht. Die Absicht ist klar: Mit groben Strichen sollen die Fronten aufgezeichnet werden. Grundsätzlich kann man so etwas schon machen. Bei 791 km bleiben aber nur langweilige Klischees übrig. Die Konflikte sind zudem schon arg forciert, kommen völlig aus dem Nichts. Wenn das Ganze wenigstens unterhaltsam wäre. So aber ärgert man sich nur darüber, wie wenig Arbeit investiert wurde, während man sich vermutlich gleichzeitig auf die Schulter klopfte, relevant zu sein.

Zu wenig draus gemacht

Besser wird es, wenn sich der Film von den Karikaturen löst und anfängt, persönliche Geschichten zu erzählen. Wie das bei so langen Autofahrten ist, man beginnt sich zu öffnen. Aus den Fremden werden vertraute, man teilt Erfahrungen, Sorgen und Hoffnungen miteinander. Zwischenzeitlich sieht es daher so aus, als könne 791 km nach einem holprigen Start doch noch ein guter Film werden. Dann jedoch schlägt Gricksch ins andere Extrem aus, statt eines billigen Humors gibt es dann billiges Drama. Dass gleich drei der fünf Insassen traumatische Erfahrungen gemacht haben, ist schon sehr exzessiv. Diese werden auch erneut auf unbeholfene Weise eingebaut, quasi aus dem Zylinder gezaubert, wenn das alte Thema durch ist.

Das ist insofern sehr schade, weil Regisseur Tobi Baumann (Der Wixxer) ein Ensemble zur Verfügung stand, das in den unterschiedlichsten Kontexten schon sein Talent bewiesen hat. Hier bekommt es aber zu wenig Gelegenheit, dieses auch wirklich zu nutzen. Hin und wieder gelingt es ihnen zwar, dem schwachen Drehbuch zu trotzen und zumindest punktuell die Figurenkonstellation zum Leben zu erwecken. Außerdem ist die versöhnliche Note grundsätzlich willkommen. Aber es ist nicht genug, um die Mängel insgesamt auszugleichen. 791 km macht viel zu wenig aus dem Szenario und der Besetzung, weshalb der Film trotz vereinzelt netter Momente letzten Endes eine ziemliche Enttäuschung ist.

Credits

OT: „791 km“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Tobi Baumann
Drehbuch: Gernot Gricksch
Musik: Tobias Kuhn, Philipp Steinke
Kamera: Philipp Kirsamer
Besetzung: Iris Berben, Joachim Król, Nilam Farooq, Lena Urzendowsky, Ben Münchow

Bilder

Trailer

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791 km
fazit
Wenn fünf Fremde sich ein Taxi teilen, kann es rund gehen. Theoretisch. Praktisch ist „791 km“ eine ziemlich langweilige Angelegenheit, wenn es erst forcierten pseudorelevanten Humor gibt, später dann exzessives Drama. Angesichts des talentierten Ensembles ist das viel zu wenig.
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