Kiddo
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„Kiddo“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Das junge Mädchen Lu (Rosa van Leeuwen) könnte glücklicher nicht sein. Morgen kommt endlich ihre Mutter Karina (Frieda Barnhard) vorbei, um sie im Pflegeheim zu besuchen. Lu schaut herauf zu ihrer Mutter. Denn Karina arbeitet in Hollywood als bekannte Schauspielerin und Stunt-Frau. Sowieso ist sie all das, was Lu irgendwann mal sein will. Vor einigen Jahren hat Karina ihrer Tochter hoch und heilig – mit einem „Kleiner-Finger-Schwur“ – versprochen, dass sie zurück kommen wird. Und dieses Versprechen löst sie nun endlich ein. Vereint mit ihrer Mutter geht es auf einen Roadtrip gen Polen, wo Karina wohl Geld versteckt hat. Doch Lu fallen plötzlich einige Sachen auf, die nach und nach dafür sorgen, dass sich das Bild, welches sie von ihrer Mutter hat, auflöst. Dabei will das junge Mädchen tief im Inneren doch eigentlich nur eins – eine Mutter, die für sie da ist.

Die Tragik der Alleinerziehenden

Eltern werden – was für die einen das größte Glück auf Erden ist, kann für andere zur Zerreißprobe werden. Druck und Versagensängste können dazu führen, dass man mit der Situation nicht mehr zurecht kommt. Wenn dann auch noch der Partner fehlt, um diesen Stress abzufedern und auf zwei Schultern zu verteilen, kann es böse ausgehen. Filme wie Aftersun oder Scrapper haben in den letzten Jahren mehr als eindrucksvoll gezeigt, wie fragil die Beziehung zwischen Kind und alleinerziehendem Elternteil sein kann. Auch Kiddo beleuchtet diese Figurenkonstellation und zeigt die mit der Thematik verbunden Tragik und emotionalen Fallhöhe auf.

Denn nachvollziehbar sind beide Seiten der Medaille. Lus Situation ist nicht beneidenswert. Sie lebt im Heim, wurde von ihrer Mutter verlassen. Das Versprechen, das ihr gegeben wurde – da kann man sich beim Zuschauen recht sicher sein – wird wahrscheinlich nicht erfüllt werden. Auch die Geschichten, die Karina ihr erzählt hat, sind mit Sicherheit nicht wahr. Lus Situation ist tragisch. Sie ist alleine im Heim, weil ihre Mutter wohlmöglich Angst hat und überfordert ist.

Dass das so ist, wird relativ schnell deutlich. Auch Karinas Leben ist nicht beneidenswert. Auch sie ist alleine. Sie hat Gewissenbisse, da sie ihre Tochter alleine gelassen hat. Doch wie soll sie denn ein Kind erziehen, wenn sie nicht einmal ihr eigenes Leben in den Griff bekommt? Schnell lässt sich vermuten: Karina wurde ebenfalls mal im Stich gelassen, was sie zu der Frau gemacht hat, die sie jetzt ist. Karinas Leben ist tragisch. Beide Lebenswege sind dabei voneinander abhängig, haben sich vermutlich gegenseitig bedingt und befeuert und können nur gemeinsam in die richtige Bahn gelenkt werden. Alleine schon wegen dieser Grundhandlung ist Kiddo also ein höchst emotionaler Film.

Zwei Kinder reisen gemeinsam

Mit dieser ambivalent-tragischen Ausgangssituation weiß Regisseurin Zara Dwinger gut zu arbeiten. Den Zuschauenden bietet sich ein interessanter Kontrast zwischen dem Drama, das der Film erzählt, und den gezeigten Bildern, die oft wie bunte Gemälde wirken. Während die Handlung also nur so vor Tragik zu tropfen scheint, erzählt das Kiddo visuell auf leichte und spielerische Art und Weise. Das funktionierte einwandfrei. Die Handlung wird so immer wieder aufgelockert – gibt dem Ganzen dadurch eine gewisse tragisch-komische Schwere.

Dieser Effekt wird dann noch durch kleine Einspieler, Zwischentitel und Text-Boxen im Film mehr verstärkt. Alles bekommt nach und nach einen kindlichen Touch. Das sorgt dafür, dass sich langsam, aber sicher das Gefühl einstellt, dass Karina tief im Herzen eigentlich selbst noch ein Kind ist. Die junge Frau ist vermutlich zu jung Mutter geworden, konnte sich nie entfalten und muss sich nun um ein Kind kümmern, obwohl sie sich scheinbar selbst nie gefunden hat. Hier wird das Spannungsverhältnis zwischen Tragik und kindlicher Erzählweise mehr als deutlich. Denn auch hier ist die Handlung dramatisch, wird durch die Art des Erzählens jedoch herrlich konterkariert und aufgelockert.

Nach und nach entspinnt sich der Roadmovie zu einer Bonnie & Clyde Lite Version, ohne moralische Grenzen zu übertreten. Die angespannte Mutter-Tochter-Beziehung taut nach und nach auf. Es entsteht eine herrliche Chemie. Beide Figuren machen in den knapp 90 Minuten eine enorme Entwicklung durch, die in einem dezenten und gerade deswegen sehr emotionalen Finale mündet.

Credits

OT: „Kiddo“
Land: Niederlande
Jahr: 2023
Regie: Zara Dwinger
Drehbuch: Zara Dwinger
Musik: Jac van Exter
Kamera: Douwe Hennink
Besetzung: Frieda Barnhard, Rosa van Leeuwen, Aisa Winter, Maksymillian Rudnicki, Lidia Sadowa

Trailer

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Kiddo
fazit
"Aftersun" und "Scrapper" haben es vorgemacht. Geschichten über alleinerziehende Elternteile und deren Kinder funktionieren aufgrund Tragik und emotionaler Fallhöhe recht gut. Auch "Kiddo" ist ein herzlich tragischer Streifen, der hier und da durch seine kindliche Überzeichnung seltsam schöne Kontraste zeichnet.
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