Feminism WTF
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Feminism WTF

„Feminism WTF“ // Deutschland-Start: 7. September 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

Früher mag nicht alles besser gewesen sein. Es war aber zumindest in vielfacher Hinsicht einfacher, man musste sich über viele Themen keine Gedanken machen. Ob es nun Ernährung ist oder der Klimaschutz, das spielte im Alltag keine so wahnsinnig große Rolle. Ein Thema, das heute zu den besonderen Reizthemen gehört, dreht sich um Geschlechter. Auch das war früher deutlich simpler: Es gab Männer und Frauen, beide Gruppen wussten genau, was sie zu tun haben und was ihr Platz war. Zumindest wenn sie sich an die gesellschaftlichen Erwartungen gehalten haben. Heute gilt das nicht mehr. Die Geschlechterrollen werden immer weiter hinterfragt, sogar das Konzept des Geschlechts überhaupt. Das stößt nicht bei allen auf Zustimmung, wie erhitzte Diskussionen um Gendersternchen und Transsexualität beweisen. Kaum etwas ruft heutzutage derart emotionale Reaktionen hervor.

Viele Themen miteinander verknüpft

In Feminism WTF ist davon nichts zu spüren. Hier ist man unter sich, es kommen in dem Dokumentarfilm ausschließlich Leute zu Wort, die sich auf die eine oder andere Weise ohnehin schon mit diesen Themenkomplexen auseinandersetzen. Streitgespräche sucht man hier daher vergeblich. Es gibt ja nicht einmal Raum für Widerworte, da ein Großteil des Werks aus separaten Interviewsituationen besteht. Ein bisschen schade ist das schon, da dies ein bisschen der pluralistischen Weltsicht widerspricht, die gefordert wird. Der Film selbst betont beispielsweise, dass es viele Formen eines Feminismus gibt. Anstatt diese aber miteinander zu konfrontieren, wird aneinander vorbeigeredet.

Zu sagen hat der Film dabei aber schon einiges. Er ist auch deutlich vielseitiger, als man es im Vorfeld erwarten könnte. Beispielsweise wird irgendwann auch Kolonialismus angesprochen und die Frage, wo Rassismus auf Frauenfeindlichkeit trifft. Gewalterfahrungen, Vergewaltigung eingeschlossen, treffen auf Plädoyers dafür, sich von dem binären Geschlechterdenken zu lösen. Feminism WTF wird auf diese Weise zu einer Art Abhandlung mit zahlreichen Kapiteln, die zwar alle irgendwie zusammenhängen, aber keinen roten Faden ergeben. Man hätte viele der Interviews auch in einer anderen Reihenfolge bringen können, ohne dass es einen Unterschied gemacht hätte. Regisseurin Katharina Mückstein, sonst mit fiktionalen Werken wie L’Animale oder Der Wien-Krimi: Blind ermittelt – Die nackte Kaiserin in Erscheinung getreten, verzichtet darauf, ein größeres Narrativ entwickeln zu wollen.

Intellektuell und verspielt

Dafür sind andere Elemente bemerkenswert, die sich in dem ersten Dokumentarfilm der österreichischen Regisseurin wiederfinden. So gibt es einige performative Sequenzen, welche die Interviews unterbrechen. Auch kleinere Experimente lockern den Aufbau auf, der quasi notgedrungen etwas eintönig ist. Hinzu kommen die vielen Farben. Feminism WTF setzt sich nicht nur für eine buntere Welt ein, in der die Menschen mehr Ausdrucksmöglichkeiten haben. Das ist hier sogar geradezu wörtlich umgesetzt, wenn die Szenerien mal ganz in blau gehalten sind, andere in pink, auch gelb und weiß sind vertreten. Das hätte es zwar vielleicht nicht unbedingt gebraucht, ist als Ergänzung zu den betont intellektuellen, nüchternen Gesprächen, bei dem auch schon mal Kant auseinandergenommen wird, aber willkommen.

Der Film, der bereits auf zahlreichen Festivals zu sehen war, hat dabei natürlich selbst etwas Normatives, selbst wenn er sich an mehreren Stellen gegen Normen ausspricht. Er sagt auch nicht wirklich, wie die notwendigen Veränderungen erreicht werden können, wenn schon die Themen an sich oft auf Widerspruch treffen. Einen kurzen Ausblick auf die Zukunft gibt es am Ende aber schon, wenn in Feminism WTF die Interviewten sagen dürfen, wie es ihrer Meinung nach weitergehen wird und soll. Auch dabei herrscht Uneinigkeit, Optimismus und Pessimismus sind jeweils vertreten, was in dem Fall aber nicht weiter schlimm ist. Der Film ist eine Art Zwischenfazit, wenn zurückgeblickt wird, auch auf vergangene Errungenschaften, auf Gutes wie Schlechtes. Man mag sich dabei nicht immer einig sein, eines verbindet die Menschen vor der Kamera aber: die Lust, Themen anzusprechen und weiterzudenken, selbst wenn dies nicht immer von anderen gewünscht ist.

Credits

OT: „Feminism WTF“
Land: Österreich
Jahr: 2023
Regie: Katharina Mückstein
Musik: Tony Renaissance
Kamera: Michael Schindegger

Bilder

Trailer

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Feminism WTF
fazit
„Feminism WTF“ befasst sich mit dem Themenkomplex Feminismus, wozu auch Gedanken zu Kolonialismus und gefestigten Geschlechterrollen gehört. Diese zumeist intellektuellen Interviews werden durch mehrere Punkte aufgelockert. Etwas schade ist, dass diese verschiedenen Zugänge nacheinander durchgemacht werden, anstatt mehr auf Austausch zu gehen.
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