A Thousand and One
© Focus Features

A Thousand and One

„A Thousand and One“ // Deutschland-Start: 18. Mai 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

Das Leben von Inez (Teyana Taylor) war nicht immer einfach, immer wieder hatte sie zu kämpfen und kam dabei auch schon mal mit dem Gesetz in Konflikt. Am Ende landete sie sogar im Gefängnis. Frisch aus diesem entlassen, ist sie fest entschlossen, es in Zukunft besser zu machen. Vor allem will sie, dass es Terry (Aaron Kingsley Adetola) später einmal besser haben wird. Zu dem Zweck ist sie zu allem bereit und entführt ihn auch von seiner Pflegefamilie, um woanders neu anzufangen. Zumindest eine Zeit lang scheint dies auch zu funktionieren, zusammen mit Lucky (William Catlett) bilden sie eine Familie und verschworene Einheit. Doch auch in den Folgejahren kommt es immer wieder zu schwierigen Situationen. Der inzwischen 17 Jahre alte Terry (Josiah Cross) hat mit vielem zu kämpfen und kommt nicht wirklich voran – obwohl er durch seinen Grips zu Höherem in der Lage wäre …

Porträt einer schwierigen Familie

Wer gerne Dramen über schwierige Familienverhältnisse sieht, hat diese Woche im Kino gleich zwei empfehlenswerte Beispiele zur Auswahl. So wird in Die Linie ein brutaler Streit zwischen einer Frau und ihrer Mutter zum Anlass, ein komplexes und widersprüchliches Porträt zu entwerfen. Während dessen Regisseurin Ursula Meier bereits eine etablierte Größe ist und die Qualität ihres neuesten Films daher kaum überrascht, stellt sich A.V. Rockwell als echte Entdeckung heraus. Zwei Kurzfilme hat die US-Amerikanischen zuvor gedreht, mit A Thousand and One gibt sie nun ihr Spielfilmdebüt. Dafür erhielt sie bei der Weltpremiere beim Sundance Film Festival 2023 viel Zuspruch. Sie durfte sogar den Großen Preis der Jury entgegennehmen, eine Auszeichnung, die in den letzten Jahren an Nanny und CODA ging.

Wie in diesen beiden Filmen geht es um das Thema Familie. Aber auch Marginalisierung spielt eine Rolle, erzählt Rockwell doch von dem Leben der afroamerikanischen Bevölkerung. Die Regisseurin und Drehbuchautorin geht aber nicht so weit, aus diesem Szenario wieder ein Rassismusdrama zu machen, wie man es in den letzten Jahren oft gesehen hat. Hier geht es nicht um Polizeigewalt und ähnliche Beispiele systematischer Unterdrückung. Das bedeutet aber nicht, dass A Thousand and One nicht auch etwas zu Rassismus zu sagen hätte. Aber der findet eher im Hintergrund statt, wenn eine Gesellschaft entstanden ist, in der schwarze Männer und Frauen weniger Möglichkeiten des Aufstiegs haben. Wer unten ist, kann nur mit großer Anstrengung etwas dagegen ausrichten. Das gilt gerade auch für Menschen, die von Anfang an unten waren, also nie eine Chance hatten, ein anderes Leben kennenzulernen.

Ambivalent und vielschichtig

A Thousand and One erzählt, wie Inez das Unmögliche möglich machen möchte. Ihre Mission ist es, aus diesem Teufelskreis auszubrechen, wenn die Chancen- und Perspektivlosigkeit von Generation zu Generation weitergegeben wird. Prinzipiell bringt der Film damit den Stoff für ein Wohlfühl-Aufsteigerdrama mit sich, wie man es gerade in den USA immer wieder gern sieht. Nur dass der American Dream dabei nicht so funktioniert, wie sich das die Protagonistin wünschen würde. Tatsächlich scheitert sie wieder und wieder, kämpft gegen ein Schicksal, bei dem man sich zuweilen fragt, ob es überhaupt überwunden werden kann. Gleichzeitig hat Rockwell keinen dieser Filme gedreht, die sich am Leid der eigenen Figuren weiden. Die schwierige Situation wird nicht ausgeschlachtet.

Eine ähnliche Gratwanderung befolgt sie bei den Figuren. Auch wenn Inez beste Absichten hat, bedeutet das nicht, dass sie damit zur Heldin wird. Von Anfang an ist sie ambivalent, später wird es noch mehr als das werden. Auch bei Lucky macht es sich Rockwell nicht einfach. Zwar hält sich seine Begeisterung in Grenzen, als er in eine Vaterrolle gezwungen wird. Er ist zunächst auch keine große Unterstützung. Doch mit der Zeit kommen er und Terry sich nahe. A Thousand and One wird damit zu einem sehr dynamischen Familienporträt, bei dem die Figuren gleichermaßen von eigenen Entscheidungen wie auch äußeren Einflüssen geprägt werden. Das ist gut gespielt, inhaltlich vielschichtig, gerade beim überraschenden Ende, das Diskussionen geradezu provoziert – und zudem ein spannendes Zeitporträt, wenn die Geschichte auf viele Jahre angelegt ist vor dem Hintergrund einer sich verändernden New York City.

Credits

OT: „A Thousand and One“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: A.V. Rockwell
Drehbuch: A.V. Rockwell
Musik: Gary Gunn
Kamera: Eric K. Yue
Besetzung: Teyana Taylor, Will Catlett, Josiah Cross, Aven Courtney, Aaron Kingsley Adetola

Bilder

Trailer

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A Thousand and One
fazit
„A Thousand and One“ erzählt die Geschichte einer Frau aus niedrigsten Verhältnissen, die für ihren Sohn ein besseres Leben möchte. Das Drama der Spielfilmdebütantin A.V. Rockwell verwebt dabei Zeit- und Gesellschaftsporträt mit dem Bild einer ständig strauchelnden Familie. Das ist sehenswert und gut gespielt, zudem von vielen Ambivalenzen geprägt, die gerade am Ende Diskussionen provozieren.
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