Hautnah Closer
© Sony Pictures

Hautnah (2004)

Hautnah Closer
„Hautnah“ // Deutschland-Start: 13. Januar 2005 (Kino) // 5. Juli 2005 (DVD)

Inhalt / Kritik

In London kreuzen sich die Wege von Stripperin Alice (Natalie Portman), Schriftsteller Dan (Jude Law), Fotografin Anna (Julia Roberts) und Arzt Larry (Clive Owen) auf unterschiedliche Weise, zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Konstellationen. Alice und Dan verlieben sich ineinander, er schreibt ein Buch über ihr Leben. Dafür wird er von Anna fotografiert, mit der er flirtet. Da sie nicht auf seine Avancen eingeht, gibt er sich im Internet Larry gegenüber als sie aus und lockt ihn zu einem Date. Dort angekommen trifft der Arzt tatsächlich auf Anna. Die zufällige Begegnung endet bald in einer Hochzeit. Doch dann beginnen Anna und Dan eine Affäre miteinander …

Vorbild Theater

Ein Theaterstück ist grundlegend anders als ein Film. Das bezieht sich zum einen aufs Schauspiel – der Mime auf der Bühne muss schließlich so „groß“ agieren und intonieren, dass es im ganzen Saal hinreichend wahrgenommen werden kann. Zum anderen bezieht es sich aber auch auf die Inszenierung an sich. Von einigen Spielereien mancher übermütiger Theaterregisseure abgesehen, ist die Bühne ein statischer Ort. Der Film als solcher hingegen ist naturgemäß dynamisch, geprägt von Bewegungen. Das „Motion“ in der englischen Bezeichnung „Motion Picture“ kommt ja nicht von ungefähr. Schon bei seinem Regiedebüt 1966 hatte Mike Nichols Erfolg damit, das Theaterstück Wer hat Angst vor Virginia Woolf? für die große Leinwand zu adaptieren. Sein Film Hautnah aus dem Jahre 2004 basiert auf dem gleichnamigen Bühnenwerk von Patrick Marber. Ob hier von einer gelungenen Umarbeitung der Vorlage in ein anderes Medium gesprochen werden kann, hängt tatsächlich von den Präferenzen des Zuschauers ab.

Im Grunde ist Hautnah ein reiner Dialogfilm. Nebenfiguren treten kaum auf, der Fokus liegt fast vollständig auf unseren vier Protagonisten. Bei denen wiederum stehen die Handlungen weniger im Vordergrund, stattdessen reden sie viel. Die Dialoge können teilweise so lebhaft sein, dass manche Zuschauer Jahre nach der Sichtung schwören könnten, es gäbe Sexszenen in Hautnah. Gibt es aber nicht. Fast alles findet hier lediglich im Dialog statt. Nicht zwingend nur im gesprochenen, schließlich wird die eigentliche Geschichte erst durch die schriftliche Textkommunikation in einem Internetchatroom ins Rollen gebracht. Der Film steht und fällt mit den Dialogen. Lebhaft oder nicht, wer mit dem überwiegenden Teil davon nichts anfangen kann, wird auch Hautnah nicht viel abgewinnen können. Hier und da gibt es sicher einmal zitierwürdige Zeilen, aber insgesamt fühlt sich das hier alles schon sehr nach Theaterstück an. Auch die Erzählweise kann mitunter anstrengend sein. Closer verlangt volle Aufmerksamkeit vom Publikum: Zeitsprünge (mitunter von mehreren Monaten bis zu einem Jahr) werden nicht gesondert markiert, müssen vielmehr aus dem Dialog hergeleitet werden.

Keine Identifikationsfiguren

Warum die Oscar-Nominierung für Beste weibliche Nebenrolle an Natalie Portman ging, ist nicht nachzuvollziehen. Sie spielt keineswegs schlecht, aber wenn in Hautnah jemand diese Ehrung verdient hätte, dann ja wohl Julia Roberts. Clive Owen konnte sich über eine Nominierung in der korrespondierenden Kategorie freuen, und das auch völlig zurecht. Fraglich bleibt natürlich die Klassifizierung, schließlich sind alle vier Figuren Protagonisten. Es ist zwar durchaus bewusst so angelegt, aber eine Identifizierung mit den Charakteren fällt schwer. Keiner davon ist sonderlich sympathisch, keiner davon kann richtig angefeuert werden. Die Figuren sind nur insofern interessant, als dass der Zuschauer sich über ihre Schwächen echauffieren kann. Und das mag nicht für jeden ausreichen.

Neben dem Schauspiel sorgt aber vor allem der Soundtrack dafür, dass hier nicht unbedingt vorzeitig abgeschaltet werden muss. Musikalisch wurde sich für Hautnah viel bei der Oper Cosí fan tutte bedient, der dritten und letzten Zusammenarbeit von Lorenzo Da Ponte und Wolfgang Amadeus Mozart. Da diese nach ihrem Erscheinen lange Zeit geächtet wurde und erst im 20. Jahrhundert die verdiente Anerkennung fand, ist es gut möglich, dass Hautnah im Jahre 2223 hier besser besprochen werden wird.

Credits

OT: „Closer“
Land: USA
Jahr: 2004
Regie: Mike Nichols
Drehbuch: Patrick Marber
Vorlage: Patrick Marber
Musik: Suzana Peric
Kamera: Stephen Goldblatt
Besetzung: Natalie Portman, Jude Law, Julia Roberts, Clive Owen

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 2005 Bester Nebendarsteller Clive Owen Nominiert
Beste Nebendarstellerin Natalie Portman Nominiert
BAFTA 2005 Bester Nebendarsteller Clive Owen Sieg
Beste Nebendarstellerin Natalie Portman Nominiert
Bestes adaptiertes Drehbuch Patrick Marber Nominiert
Golden Globes 2005 Bester Film (Drama) Nominiert
Beste Regie Mike Nichols Nominiert
Bester Nebendarsteller Clive Owen Sieg
Beste Nebendarstellerin Natalie Portman Sieg
Bestes Drehbuch Patrick Marber Nominiert

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Hautnah (2004)
fazit
„Hautnah“ ist die Adaption eines Theaterstückes, die sich auch als Film nicht unbedingt als ein anderes Medium anfühlt. Der Streifen steht und fällt mit seinen Dialogen. Wer den bühnenhaften Zeilen etwas abgewinnen kann, wird hier seine Freude dran haben, alle anderen werden wohl nur Schauspiel und Soundtrack zu schätzen wissen.
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