Catch the Fair One – Von der Beute zum Raubtier
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Catch the Fair One – Von der Beute zum Raubtier

„Catch the Fair One – Von der Beute zum Raubtier“ // Deutschland-Start: 26. Januar 2023 (Kino) // 3. März 2023 (DVD/Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Früher war Kaylee (Kali Reis) eine erfolgreiche Boxerin. Mittlerweile lebt sie in einer Unterkunft für Obdachlose und versucht sich mit einem Job als Kellnerin über Wasser zu halten. Ansonsten verbringt sie ihre Zeit damit, nach ihrer verschwundenen Schwester Weeta (Mainaku Borrero) zu suchen. Eines Tages stößt sie tatsächlich auf einen vielversprechenden Hinweis. Es gelingt ihr daraufhin, als vermeintliches Opfer einen Menschenhändlerring zu unterwandern, der sich auf indigene Frauen spezialisiert hat. Kaylee will nun nicht mehr nur ihre Schwester retten, sondern den Verbrechern das Handwerk legen …

Starkes Schauspieldebüt

Ob der deutsche Zusatz im hierzulande verwendeten Titel Catch the Fair One – Von der Beute zum Raubtier so sonderlich gelungen ist, muss wohl jeder Zuschauer nach der Sichtung für sich entscheiden. Damit wird die Tagline des Originalposters aufgegriffen, „The predators are her prey“, wobei „predator“ im Englischen eben nicht nur Raubtier heißt, sondern auch Sexualstraftäter. Die Doppeldeutigkeit im Original lässt sich weder dafür noch für den Titel übersetzen, weshalb der Zusatz wohl mindestens als zweckmäßig einzuordnen ist. Wörtlich bezieht sich der englische Titel auf die Rettung von Kaylees Schwester. Die Formulierung „to catch a fair one“ ist aber auch Slang. Mit der im übertragenen Sinne verwendeten Phrase ist das handgreifliche Aufeinandertreffen zweier Leute in einer fairen Auseinandersetzung gemeint. Im Prinzip heißt es also einfach zu kämpfen. Dieser „Leitgedanke“ trifft nicht nur auf die Protagonistin zu, sondern auch auf die Hauptdarstellerin.

Kali Reis (trotz anderer Schreibweise genau so ausgesprochen wie ihre Figur Kaylee) war Boxchampion in zwei Gewichtsklassen. Catch the Fair One – Von der Beute zum Raubtier fokussiert sich stark auf Kaylee, steht und fällt dadurch mit Reis‘ Performance. Über diese kann kaum genug Positives gesagt werden, und das ist das große Glück von Catch the Fair One. Das Gedächtnis neigt dazu, neuen Eindrücken gegenüber ein wenig befangen zu sein, aber was Reis hier abliefert ist wahrscheinlich das beste Schauspieldebüt in jüngerer Vergangenheit. Sie verkörpert ihre Rolle mit der routinierten Authentizität einer Veteranin. Reis trägt im Prinzip den ganzen Film, nichts würde hier funktionieren, wenn sie nicht so überzeugend in ihrer Darstellung gewesen wäre. Andere Charaktere verblassen aber leider nicht nur deshalb neben ihr.

Nicht ganz durchdacht

Der Film ist so sehr auf Kaylee fixiert, dass für anderes schlicht kaum Platz bleibt. Die meisten anderen Figuren bleiben komplett farblos. Kaylees Schwester bekommt nicht viel mehr Charakterisierung als Kaylees Schwester zu sein. Catch the Fair One – Von der Beute zum Raubtier ist ein Rachethriller in der Tradition von etwa John Wick, macht sich aber die kampfsportlichen Fähigkeiten seiner Hauptdarstellerin viel zu wenig zu Nutze. Der Film eröffnet damit, wie sich Kaylee für einen Boxkampf vorbereitet, was auch gegen Ende noch einmal aufgegriffen wird, aber das ist schon alles ziemlich unausgegoren. Ein paar halbgare MMA-Szenen retten da auch nichts mehr.

Auch andere Momente fühlen sich etwas fehl am Platze an. Während ihrer Arbeit als Kellnerin wird Kaylee von einem Jugendlichen erkannt, dessen Lieblingsboxerin sie ist. Bevor er ein Selfie mit ihr macht, lässt er sie wissen, dass er sich immer gefragt hat, was aus ihr geworden ist. Es ist schon klar, dass diese Szene uns Kaylee als Charakter näher bringen soll, sie funktioniert nur leider nicht so richtig. Männer sind mehr als dreimal so oft wie Frauen begeisterte Fans des Frauenboxens, genauso wie jüngere Menschen es eher sind als ältere. Trotzdem wäre hier ein älterer Mann oder eine ältere Frau die bessere Wahl gewesen, da ein Jugendlicher doch einfach sein Handy zücken würde und im Handumdrehen herausgefunden hätte, was aus seiner Lieblingsboxerin geworden ist, wenn er schon eine hat und die plötzlich nicht mehr in den Ring steigt.

Indigene Frauen als Opfer

Anders als Filme wie Memory – Sein letzter Auftrag oder Paradise Highway versucht Catch the Fair One – Von der Beute zum Raubtier, das Thema Menschenhandel nicht krampfhaft in das eigentliche Setting zu stopfen. Menschenhandel ist das eigentliche Thema. Wie in Wind River geht es hier genauer um indigene Frauen als Opfer. Es wird schon deutlich, wie wichtig das Sujet für Regisseur Josef Kubota Wladyka und seine Hauptdarstellerin ist, aber das Ganze erhält einfach nicht genug Raum zur Entfaltung. Gerade gegen Ende zerbröselt der Film ein wenig und fühlt sich gehetzt an. Eine unterdurchschnittliche Laufzeit von 85 Minuten ist zwar generell begrüßenswert, hier wäre eine Überlänge aber angebracht gewesen. Neben Reis sorgt vor allem Kameramann Ross Giardina dafür, dass der Zuschauer dennoch die Augen nicht vorzeitig vom Bildschirm abwenden möchte. Auch inhaltlich gibt es durchaus intensive Szenen, dennoch verschenkt der Film leider sehr viel Potenzial.

Credits

OT: „Catch the Fair One“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Josef Kubota Wladyka
Drehbuch: Josef Kubota Wladyka
Musik: Nathan Halpern
Kamera: Ross Giardina
Besetzung: Kali Reis, Shelly Vincent, Kendall Morris, Faye Lone, Rae Anna Gott, Gerald Webb, Isabelle Chester, Jonathan Kowalsky, Kimberly Guerrero, Mainaku Borrero

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Film Independent Spirit Awards 2022 Beste Hauptdarstellerin Kali Reis Nominiert

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Catch the Fair One – Von der Beute zum Raubtier
fazit
In „Catch the Fair One – Von der Beute zum Raubtier“ liefert Kali Reis ein fantastisches Schauspieldebüt in der Hauptrolle ab. Visuell gekonnt eingefangen, vernachlässigt der Film leider fast alle anderen Charaktere und bekommt gegen Ende Pacingprobleme.
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