Prizefighter: Die Geburt des Boxens The Life of Jim Belcher
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Prizefighter: Die Geburt des Boxens

„Prizefighter: Die Geburt des Boxens“ // Deutschland-Start: 30. Dezember 2022 (DVD/Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Jack Slack (Russell Crowe) ist ein grobschlächtiger Säufer, aber auch ein Boxchampion. Von seinem Enkel Jem Belcher (Spike Howells) erwartet er ebenfalls solchen sportlichen Erfolg, allerdings ist dessen Mutter Mary (Jodhi May) dagegen. Zehn Jahre später, als er Geld benötigt, tritt Jem (jetzt: Matt Hookings) gegen einen Jahrmarktboxer (Julius Francis) an und gewinnt den Kampf mühelos. Dabei wird der alte Bill Warr (Ray Winstone) auf ihn aufmerksam und nimmt ihn unter seine Fittiche. Dank seines Trainers wird Jem in kurzer Zeit Britischer Meister. Doch nicht nur in dieser Hinsicht tritt er in Jacks Fußstapfen. Die Bekanntschaft mit Lord Rushworth (Marton Csokas) führt dazu, dass er immer mehr dem Trinken und Glücksspielen verfällt. Als er durch einen Unfall beim Fivesspielen mit seinem neuen Freund die Sehkraft in seinem linken Auge verliert, scheint seine sportliche Karriere vorbei zu sein. Doch der ungeschlagene Boxer gibt nicht auf …

Moderne Interpretation des klassischen Boxens

Das Ringen ist dem Konsens nach der älteste Kampfstil der Welt. Wer hingegen dem Boxen diesen Titel zusprechen möchte, wird vermutlich auch nicht auf viel Gegenwehr stoßen. Es ist ja eine ganz einfache Sache: Ein Höhlenmensch, der einem anderen an den Kragen will, wird ihm nun einmal die blanke Faust ins Gesicht rammen oder ihn eben packen und zu Boden zerren – wenn gerade keine Keule zur Hand ist, sind das schlicht die naheliegendsten Optionen. Zu einem Kampfsport wird das Ganze natürlich erst, wenn klare Regeln implementiert werden, und die Auseinandersetzungen unter kontrollierten Bedingungen stattfinden. Ohne hier zu sehr ins Detail gehen zu wollen, sind die heutigen Regeln des Boxens natürlich andere als zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Der deutsche Titel Prizefighter: Die Geburt des Boxens erweckt den Eindruck, es ginge hier um genau diesen Prozess der Reglementierung. Der englische Originaltitel hingegen schafft Klarheit: Prizefighter: The Life of Jem Belcher handelt vom gleichnamigen Pugilisten, welcher im Jahre 1800 Britischer Meister wurde. Das war damals in etwa mit einem Weltmeister vergleichbar. In gewisser Weise erzählt der Film aber auch von einer Art Wiedergeburt des Boxens.

Das Biopic als solches wird oft mit einer Biographie verwechselt. Auch von jenen, die es besser wissen sollten. Es ist ein leicht zu begehender Fehler, weil die Terminologie nicht eindeutig ist. Anders als eine Biographie darf sich ein Biopic jedwede gewünschte Freiheit nehmen, etwa Ereignisse und vorkommende Personen, Zeitabläufe und so weiter verändern. Von diesem Vorrecht macht Prizefighter: Die Geburt des Boxens einigen Gebrauch. Die Darsteller zeigen eher modernes Boxen. Das kann aber gut eine rein filmische Entscheidung sein; was nützt die beste Wahrheitstreue, wenn es langweilig anzuschauen ist. Gleiches gilt für Boxhandschuhe. In Prizefighter: Die Geburt des Boxens werden sie zum ersten Mal im Jahre 1805 verwendet. Gängige Praxis wurde das allerdings erst mehrere Dekaden später, und selbst dann dauerte es erneut einige Zeit, bis die Handschuhe in ihrem Aussehen den uns heute bekannten ähnelten. Auch die für solche Filme obligatorische Trainingsmontage ist eher modern ausgelegt. Konditionstraining wurde erst Jahre später von Boxern angewandt. Außerdem trat Belcher im Titelkampf 1805 als amtierender Champion in den Ring, Henry Pearce (Ricky Chaplin) war der Herausforderer – nicht umgekehrt, wie im Film. Wer sich für die Geschichte des Boxens interessiert, wird hier viel Diskussionsmaterial vorfinden.

Leicht vorherzusagen

Drehbuchautor und Hauptdarsteller Matt Hookings scheint vom Schicksal dazu bestimmt worden zu sein, Jem Belchers Story zu erzählen. Belcher starb am 30. Juli – Hookings‘ Geburtstag. Belchers Mutter hieß Mary – so wie Hookings‘ Mutter. Belcher kämpfte gegen Henry Pearce um die Meisterschaft (im Film der Endkampf) – Hookings‘ Vater war David Pearce, ebenfalls ein Boxchampion. Sogar Hookings‘ Aussehen entspricht in etwa der Beschreibung von Belcher. Die Geschichte selbst enthält hier aber keine Überraschungen. Jemand, der noch nie von Belcher gehört hat, wird nach einer Weile mit einiger Sicherheit ihren Verlauf vorhersagen können. So wenig wie Coach Carter ein Basketballfilm ist, so wenig ist Prizefighter: Die Geburt des Boxens ein Boxfilm. Es ist ein historisches Drama. Über Belcher selbst erfahren wir hier leider nur nicht allzu viel, der Charakter bleibt etwas blass. Schauspielerisch glänzen neben Hookings insbesondere Ray Winstone und Russell Crowe, auch wenn letzterer sich bereits nach der ersten Viertelstunde fast gänzlich aus dem Film verabschiedet. Die Optik des Streifens ist gelungen, die Farbgebung ist zwar manchmal etwas zu betont orange, ansonsten überzeugen Kamera und vor allem Ausstattung jedoch.

Credits

OT: „Prizefighter: The Life of Jim Belcher“
Land: UK, USA
Jahr: 2022
Regie: Daniel Graham
Drehbuch: Matt Hookings
Musik: Paul Saunderson
Kamera: Ben Braham Ziryab
Besetzung: Matt Hookings, Ray Winstone, Russell Crowe, Marton Csokas, Jodhi May, Julian Glover, Steven Berkoff, Glen Fox, Ricky Chaplin, Lucy Martin, Stanley Morgan, Olivia Chenery

Bilder

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Prizefighter: Die Geburt des Boxens
fazit
„Prizefighter: Die Geburt des Boxens“ ist ein historisches Drama, das als Boxfilm daherkommt. Mit künstlerischer Freiheit wird hier die Geschichte eines jungen Boxchampions erzählt, den es tatsächlich gab. Narrativ verläuft das alles in gewohnten Bahnen, Schauspiel und Ausstattung sorgen aber dafür, dass hier nicht nur Boxhistoriker einen Blick riskieren können.
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