Tropic Fever

Tropic Fever

Inhalt / Kritik

In vielen Ländern und Kulturen hat die Zeit des Kolonialismus tiefe Spuren und Wunden hinterlassen, die bis heute nicht verheilt sind. Alleine ehemalige britische Kolonien wie Südafrika, Indien oder Australien, um nur drei Beispiele zu nennen, tragen bis heute Zeichen dieser Zeit und haben es sich zur kulturellen wie auch politischen Aufgabe gemacht, diese Zeit aufzuarbeiten durch Museen, Ausstellungen und andere Veranstaltungen. Die Erinnerungskultur ist nicht nur aus historischer Sicht sinnvoll, sondern auch in anderer Hinsicht, da sich heutige Generationen vielleicht gar nicht mehr vorstellen können, wie eine Kultur der Repression und der Kontrolle eigentlich aussehen kann, in welcher man selbst gegenüber den Kolonialisten als untergeordnet gilt. In diesem Zusammenhang ist Tropic Fever zu nennen, eine Dokumentation des Regietrios Mahardika Yudha, Robin Hartanto Honnagre und Perdana Roswaldy, in welcher es um die Zeit geht, in der ein Teil des Landes eine niederländische Kolonie war. Der Dokumentarfilm, der seine Weltpremiere auf der DOK.Leipzig 2022 feiert, basiert auf den Erinnerungen eines Besitzers einer Tabakplantage in Sumatra, seinem Leben, dem Umgang mit seinen Arbeitern und wie ihm die Fremde auch nach Jahren des Lebens dort, immer noch auf Distanz hielt.

Der Film an sich ist aufgeteilt in drei Kapitel, welche zum einen die Progression der Kolonie und damit der Plantage beschreiben, und zum anderen die der Gesellschaft, ausgehend von der Gemeinschaft der indonesischen Feldarbeiter bis hin zu der kleinen Gemeinde der Europäer. Über die Laufzeit von 59 Minuten vereinigen die drei Filmemacher eine Vielzahl an Material, vor allem Archivaufnahmen aus unterschiedlichen Quellen sowie Pläne, beispielsweise zu den jährlichen Ernten auf der Plantage. Tropic Fever zeichnet dabei in komprimierter Weise die Sichtweise der Kolonisierten und der Kolonialmacht nach, was einen Einblick gewährt, der vielen Zuschauern vielleicht bekannt ist, aber dennoch einige interessante Aspekte liefern wird.

„West is West, East is East“

Zentral in Tropic Fever steht ein bekanntes Zitat des Autors Rudyard Kipling, der in einem Gedicht einmal davon schrieb, dass Westen und Osten sich nie begegnen sollten und immer Gegensätze bleiben würden. Ausgehend von den Bildern und Zeugnissen, welche die Dokumentation liefert, kommt man schnell zu dieser Annahme, denn unterschiedlicher könnte die Welt der reichen Weißen in ihren Klubs und der in Armut und Dreck lebenden Feldarbeiter nicht sein. Auf der einen Seite sieht man die Welt der Erträge, der Ernteausfälle und der Gewinne, während auf der anderen Seite man sich um eine Schale  Reis in eine lange Schlange einordnet und die eigene Gesundheit immer wieder gefährdet zu sein scheint.

Jedoch emanzipieren sich die Macher der Dokumentation in der zweiten Hälfte von der simplistischen Idee, beide Kulturen könnten nur getrennt voneinander existieren. Das Konzept des „tropic fever“, eine Krankheit, die man sich in den Tropen holt, wird als Symbol einer gegenseitigen Beeinflussung gesehen. Das immer wiederkehrende Bild des Dschungels, welches man bereits zu Anfang sieht, wird zu einer Metapher für diesen Zustand, zu vergleichen etwa mit den Spielfilmen eines Regisseurs wie Apichatpong Weerasethakul (Memoria, Cemetery of Splendour). Es ist nur eine von vielen Ideen, welche die Filmemacher dem Zuschauer nahelegen, denn Provokation ist weniger ihre Herangehensweise und mehr die Assoziation.

Credits

OT: „Tropic Fever“
Land: Indonesien, Niederlande
Jahr: 2022
Regie: Mahardika Yudha, Robin Hartanto Honnagre, Perdana Roswaldy
Drehbuch: Mahardika Yudha, Robin Hartanto Honnagre, Perdana Roswaldy
Musik: Mahardika Yudha
Kamera: Mahardika Yudha, Syaiful Anwar

Filmfeste

DOK Leipzig 2022

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Tropic Fever
fazit
„Tropic Fever“ ist eine Dokumentation über die Zeit des Kolonialismus in Indonesien. Mahardika Yudha, Robin Hartanto Honnagre und Perdana Roswaldy gelingt aufgrund einer gründlichen Recherche und des Arrangements des Materials im Film eine assoziative und vielschichtige Sicht auf diese Zeit und ihre Hinterlassenschaft.
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