No Sudden Move
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No Sudden Move

Inhalt / Kritik

No Sudden Move
„No Sudden Move“ // Deutschland-Start: 24. Juni 2021 (Kino)

Detroit, 1954: Eigentlich klang der Job, den die Kleingangster Curtis (Don Cheadle), Ronald (Benicio Del Toro) und Charley (Kieran Culkin) da auszuführen haben, nicht sonderlich schwierig. So sollen sie im Auftrag des Mittelsmannes Jones (Brendan Fraser) die Familie von Matt Wertz (David Harbour) als Geisel nehmen, während dieser ein Dokument aus dem Safe von General Motors holt, wo dieser arbeitet. Was kann da schon schief gehen? Jede Menge, wie sich kurze Zeit später herausstellt, denn das begehrte Schriftstück befindet sich gar nicht im Safe. In seiner Panik sucht Wertz nach einem Weg, sich aus dieser Situation wieder zu befreien. Aber auch bei den Gangstern steigt die Nervosität, denn irgendjemand scheint da ein falsches Spiel zu spielen …

Zurück in die Unterwelt

Nach Ende seines vorzeitig beendeten Vorruhestandes hat Steven Soderbergh nicht nur eine beachtliche Zahl an Filmen gedreht. Es ist auch die Vielfalt dieser Filme, die einem Respekt abnötigt: So fühlte er sich in Sportdramen (High Flying Bird) ebenso wohl wie bei Betrugssatiren (Die Geldwäscherei) oder improvisierten Kreuzfahrt-Tragikomödien (Let Them All Talk). Doch jetzt kehrt der vielbeschäftigte Regisseur mit No Sudden Move wieder zu seinen Wurzeln zurück oder zumindest zu dem Thema, das man am meisten mit ihm verbindet: die Welt der Kriminalität. Nicht nur, dass die Hauptfiguren hier alle dieser entstammen. Wir begegnen im Laufe des Films kaum jemandem, der nicht irgendwie Dreck am Stecken hätte und im Zweifel jede Regel bricht, wenn es einem guten Zweck dient. Und der bedeutet Geld.

Wobei ein Teil des Reizes hier darin liegt, dass die Figuren dennoch darauf vertrauen, dass die anderen nach den Regeln spielen. Dass sie nach einer Art Ehre oder Gesetzmäßigkeit innerhalb der Gesetzlosen suchen, um auf diese Weise ihrer Arbeit nachzugehen. Die Chancen dafür stehen eher schlecht, wie sich früh zeigt. Der angeblich so leichte Auftrag scheitert daran, dass irgendwie nichts so ist wie abgemacht, aber auch an dem Misstrauen, das sich daraus ergibt. Anders als Soderberghs Ocean’s Eleven, wo das Zusammenspiel der verschiedenen Verbrecher den unglaublichen Coup erst ermöglichte, gibt es hier höchsten temporäre Zweckgemeinschaften. Eigentlich arbeitet jeder für sich – und jeder gegen jeden. Entsprechend holprig gestaltet sich das Ganze, wenn in No Sudden Move auf Schritt und Tritt etwas anders läuft oder zumindest anders laufen könnte.

Stilvoll-verkommene Gesellschaftskritik

Das ist dann gleichzeitig die Stärke und die Schwäche des Films. Auf der einen Seite ist es unterhaltsam, wie hier lauter Figuren durch die Gegend stolpern und sich dabei gegenseitig in den Rücken fallen. Wo man bei anderen Ausflügen in die Unterwelt zumindest weiß, wohin die Reise geht, ist das hier deutlich schwieriger zu sagen. Gleichzeitig ist das Drehbuch von Ed Solomon (Men in Black, Die Unfassbaren – Now You See Me) aber schon recht exzessiv, wenn es darum geht, irgendwelche Verstrickungen anzulegen. Bei No Sudden Move wird das mit der Zeit zum Selbstzweck. Das Ziel ist es weniger, noch eine tatsächliche Geschichte zu erzählen, sondern alles ganz undurchsichtig zu machen. Da stimmt irgendwann die Balance nicht mehr so recht, was den Thriller anstrengender macht, als er es sein sollte.

Durchgängig begeisternd ist dafür das Drumherum. Die Ausstattung ist gelungen, das Team durfte sich bei der Rekreation der 1950er so richtig schön austoben. Unterlegt wird das von jazzigen Klängen des Komponisten David Holmes, der seinen Anteil daran hat, dass No Sudden Move ein ungemein stylischer Film ist. Rein atmosphärisch kann man hier also keinen Vorwurf machen. Auch das Ensemble ist erlesen, wenngleich manche Figuren an der Grenze zur Karikatur stehen. Dafür gibt es, zumindest am Rande, gesellschaftskritische Kommentare, bei denen kaum jemand gut wegkommt. Ob nun die „echten“ Verbrecher oder solche, die in der Wirtschaft ihr Unwesen treiben, Soderbergh beschreibt eine verkommene Welt, die wenig Hoffnung auf Besserung macht. Gentrifizierung und Rassismus, Habgier und Skrupellosigkeit: Die Geschichte um die Jagd auf ein Stück Papier wird trotz des Unterhaltungsfaktors zu einer recht bitteren Abrechnung. Gerade die Auflösung, wenn wir endlich erfahren, worum es überhaupt die ganze Zeit ging, ist in mehr als einer Hinsicht ernüchternd.

Credits

OT: „No Sudden Move“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Steven Soderbergh
Drehbuch: Ed Solomon
Musik: David Holmes
Kamera: Peter Andrews
Besetzung: Don Cheadle, Benicio del Toro, David Harbour, Jon Hamm, Amy Seimetz, Brendan Fraser, Kieran Culkin, Noah Jupe

Bilder

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„No Sudden Move“ beginnt als harmlose Geiselnahme, verwandelt sich dann aber in einen Gangsterthriller, bei dem jeder gegen jeden kämpft. Das ist unterhaltsam, atmosphärisch und bitter. Aber auch ein bisschen anstrengend: Da wird so manche Verstrickung zum Selbstzweck, das Spiel mit den verräterischen Wendungen wird recht exzessiv betrieben.
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