Spione Espions Arte
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Spion(e)

Inhalt / Kritik

Spione Espions Arte
„Spion(e)“ // Deutschland-Start: 24. November 2021 Arte)

So richtig toll ist die Arbeit bei der Gepäckkontrolle am Flughafen ja nicht. Doch Vincent (Guillaume Canet) und sein Kollege Gérard haben ein ganz einträgliches Geschäft daraus gemacht, indem sie regelmäßig die Koffer öffnen und Wertgegenstände stehlen. Das geht so lang gut, bis sich Gérard an einer vermeintlichen Parfümflasche zu schaffen macht und diese explodiert. Er selbst erliegt seinen Verletzungen, Vincent wird fristlos entlassen und muss sich zudem auf Ärger mit der Polizei einstellen. Stattdessen erhält er aber Besuch vom Geheimdienst, schließlich war der Koffer im Besitz eines syrischen Diplomaten. Der Kleinkriminelle wird daraufhin nach London geschickt, wo er eine Affäre mit Claire (Géraldine Pailhas) beginnen soll, der Frau des Diplomaten, um so an Informationen über den Gatten und dessen Geschäfte zu kommen …

Ein Spion wider Willen

Im Krimi- und Thrillerbereich gehört es zu den immer wieder beliebten Motiven: Eine unbescholtene Person gerät zufällig in eine fiese Verschwörung und muss es nun ganz allein mit mächtigen Hintermännern aufnehmen und dabei über sich hinauswachsen. Alfred Hitchcock war ein Meister darin, von großen Abenteuern des kleinen Mannes zu erzählen. Und auch heute noch greifen Geschichtenerzähler immer mal wieder auf solche Szenarien zurück und variieren diese irgendwie. Grundsätzlich fällt auch Spion(e) unter diese Kategorie. Einen größeren Unterschied gibt es dabei aber: Vincent ist alles andere als unbescholten, sondern durch eigenes Verschulden in die Sache hineingerutscht. Es ist nicht einmal so, dass seine Vergehen irgendwie zu rechtfertigen wären. Andere Leute am Flughafen beklauen? Nein, danke.

Das ist insofern schon mutig, weil Protagonisten und Protagonistinnen eigentlich sympathisch sein sollen und müssen, damit das Publikum sich in diesen wiederfindet. Das gelingt hier nur bedingt, weshalb das mit dem Mitfiebern so eine Sache ist. Eine Affäre mit einer verheirateten Frau zu beginnen, um diese auszunutzen, ist ebenfalls mindestens schwierig. Andererseits gibt sich Spion(e) Mühe, diese anfängliche Romanze in eine echte umzuwandeln. Klar, richtig viel Zukunft hat so etwas nicht, wenn am Anfang eine große Lüge steht. Aber man nimmt den beiden doch ab, dass sie Gefühle füreinander entwickeln und dass Vincent Bemühungen irgendwann nicht allein deshalb erfolgen, weil er seine eigene Haut retten will. Warum auch nicht? Er hat ja sonst nichts im Leben.

Zwischen Romanze und Thriller

Das bedeutet aber auch, dass der Film nicht so richtig im Genrebereich verortet ist. Stattdessen wechselt er immer wieder zwischen einer klassischen Spionageschichte und einer Liebesgeschichte hin und her. Grundsätzlich lassen sich zwei so unterschiedliche Genres durchaus miteinander verbinden. Beispiele gab es oft genug, wie sich jemand mitten in größter Lebensgefahr verliebt und dadurch noch ein bisschen mehr für Kribbeln sorgt. Schwierig wird es jedoch, wenn man wie bei Spion(e) keinen wirklichen Bezug zu dieser Figur findet. Wenn es einem mehr oder weniger egal ist, was mit dieser Figur geschieht. Dann sind sowohl die Spionageszenen wie auch die rund um große Gefühle irgendwie vergebene Liebesmüh, Gleichgültigkeit ist selten eine gute Voraussetzung.

Hinzu kommen andere Probleme. Schon die Rekrutierung eines einfachen Kleinkriminellen für eine Spionagearbeit leuchtet nicht ganz ein. Haben die beim Geheimdienst nicht irgendwelche erfahrenen und fähigen Leute für solche Aufgaben? An anderen Stellen ist das Budget nicht hoch genug, um Feuer und Explosion glaubwürdig darzustellen. Das soll aber nicht bedeuten, dass Spion(e) gar nichts zu bieten hätte. Der Auftritt von Guillaume Canet (Das Land meines Vaters) als Spion wieder Willen ist solide. Außerdem gelingt es Regisseur und Drehbuchautor Nicolas Saada ganz gut, da zynische Menschenbild der Geheimdienste zu veranschaulichen. Die Grenzen zwischen gut und böse sind in dem Film nicht deutlich gezogen. Wer unbedingt wieder eine solche Spionagegeschichte sehen möchte, den könnte es also schlimmer treffen. Aber eben auch besser: Mehr als Durchschnitt ist das Abenteuer des Kofferdiebs nicht.

Credits

OT: „Espion(s)“
Land: Frankreich
Jahr: 2009
Regie: Nicolas Saada
Drehbuch: Nicolas Saada
Musik: Cliff Martinez
Kamera: Stéphane Fontaine
Besetzung: Guillaume Canet, Géraldine Pailhas, Stephen Rea, Archie Panjabi, Vincent Regan, Hippolyte Girardot

Bilder

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„Spion(e)“ folgt einem Kofferdieb, der die Wahl hat: entweder Knast oder Spionagetätigkeit. Glaubwürdig ist das weniger, aber in der Summe doch solide. Die Mischung aus Romanze und Thriller fällt durch ein zynisches Menschenbild auf, weniger durch Spannung – zumal die Hauptfigur nicht gerade ein Sympathieträger ist.
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