Paris kein Tag ohne dich
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Paris, kein Tag ohne dich

Inhalt / Kritik

Paris kein Tag ohne dich
„Paris, kein Tag ohne dich“ // Deutschland-Start: 4. November 2021 (Kino)

Die Aussage, man sei zum falschen Zeit am falschen Ort, kennt natürlich jeder. Wie wahr diese Aussage sein kann, das zeigt das Schicksal von Ulrike Schaz. Eigentlich wollte die Studentin nur ein bisschen Spaß haben, als sie 1975 mit ihrem damaligen Freund Jean Marie eine Party in Paris besuchte. Und vielleicht hätte sie diesen auch gehabt, wenn auf eben dieser Party nicht auch Carlos gewesen wäre. Drei Menschen erschoss der international gesuchte Terrorist in jener Nacht, darunter auch zwei Polizisten. Diese physische Nähe zum Terrorismus wurde ihr zum Verhängnis. Denn auch wenn eindeutige Beweise fehlten, so galt sie in Folge doch selbst als Sympathisantin des Terrors, wurde des Landes verwiesen. Und auch in Deutschland verfolgte sie die Geschichte viele Jahre lang.

Kampf gegen eine Lüge

In Paris, kein Tag ohne dich erzählt Schaz diese Geschichte. Zum Teil tut sie dies im Rahmen eines Gespräches, welches sie mit Jean Marie führt, den sie Jahrzehnte später wiedertrifft. Zum Teil tut sie dies nur für die Kamera. Und sie hat jede Menge zu erzählen. Das Ereignis in Paris selbst nimmt dabei einen erstaunlich geringen Raum ein. Wer in Zusammenhang gebracht wird mit einem Terroristen und Mord, von dem sollte man meinen, dass derjenige von dieser Erfahrung geprägt ist. Stattdessen hat sie selbst ganz eigene Kämpfe auszutragen. Mit Behörden, die sie zur Verbrecherin abstempeln, ohne sie je anzuklagen. Mit Medien, die dieses Thema dankbar aufgreifen und es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen.

Paris, kein Tag ohne dich zeigt sich dabei von einer erstaunlichen, wenn nicht gar erschreckenden Aktualität. In Zeiten von Fake News und bizarren Verschwörungstheorien ist es zum Alltag geworden, dass manche Sachen nur oft genug behauptet werden müssen, dann sind sie schon wahr. Es reicht, wenn genügend oder auch die richtigen Leute an diese Behauptung glauben. Während man einzelne Leute eventuell noch davon überzeugen kann, dass sie einem Irrglauben erlegen sind, wird es schon deutlich schwieriger, wenn sich eine solche Lüge erst einmal verselbständigt hat. Wenn es nicht mehr den einen gibt, sondern eine anonyme Masse.

Anderen hilflos ausgeliefert

Die Versuche von Schaz, irgendwie diese Masse zu durchdringen und an den Kern dieser Falschaussage zu gelangen, erinnern an diverse Verschwörungsthriller wie etwa Das Netz. Während dort aber hinter diesen Lügen zumindest ein Konzept und eine Absicht bestand, da ist die schockierende Erkenntnis von Paris, kein Tag ohne dich: Die Leute sind einfach nur inkompetent, teilweise auch faul. Eine Passage, die davon erzählt, wie ein Journalist unreflektiert etwas aufgenommen hat, ohne irgendetwas davon selbst zu überprüfen, wirft kein gutes Licht auf die Medienlandschaft, zumal es sich auch noch um ein renommiertes Magazin handelte.

Insgesamt ist der Dokumentarfilm, der unter anderem auf dem DOK.fest München 2020 lief, ein Film, der einen schon ein wenig an der Menschheit verzweifeln lässt. Der einem auch Angst machen kann, da er einem vor Augen führt, wie sehr das eigene Leben von Zufälligkeiten abhängt. Von anderen abhängt, die dein Leben maßgeblich bestimmen können, ohne dass du selbst einen Einfluss darauf hast. Paris, kein Tag ohne dich tritt dabei thematisch zwangsläufig etwas auf der Stelle, wenn Schaz gegen Windmühlen antritt. Die Geschichte wiederholt sich zum Teil schon. Dabei hätte man das Schicksal der Filmemacherin auch so kaum wieder vergessen können.

Credits

OT: „Paris, kein Tag ohne dich“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Ulrike Schaz
Drehbuch: Ulrike Schaz
Musik: Roland Musolff
Kamera: Jule Katinka Camer

Bilder

Trailer



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In „Paris, kein Tag ohne dich“ erinnert sich die Filmemacherin Ulrike Schaz daran, wie sie als Studentin zu einer Terroristin erklärt wurde und jahrelang diesen Verdacht nicht loswerden konnte. Das ist auf mehreren Ebenen schockierend und dabei auch aktueller, als man es wahrhaben mag.
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