Infiltration Invasion Apple TV+
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Infiltration – Staffel 1

Inhalt / Kritik

Infiltration Invasion Apple TV+
„Infiltration – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 22. Oktober 2021 (Apple TV+)

Immer wieder leidet Casper (Billy Barratt) während seiner epileptischen Anfälle an seltsamen Visionen. Was diese zu bedeuten haben, kann er nicht sagen. Er weiß nur: Als der Bus, in dem er, Jamila (India Brown), Monty (Paddy Holland) und andere Teenager sitzen, von etwas getroffen wird und einen Abhang hinabstürzt, dann muss dies mit diesen Visionen zusammenhängen. Auch bei Mitsuki (Shioli Kutsuna) hat sich ein Unglück ereignet: Der Kontakt zu ihrer Partnerin, die gerade als Astronautin im All unterwegs ist, ist abgebrochen. Irgendetwas muss da vorgefallen sein. Aneesha (Golshifteh Farahani) wäre ihren Mann Ahmed (Firas Nassar) hingegen nur zu gerne los, nachdem sie festgestellt hat, dass der sie betrogen hat. Währenddessen hat der Soldat Trevante (Shamier Anderson) in Afghanistan ganz anderweitig zu kämpfen …

Invasion aus dem Science-Fiction-Genre

Offensichtlich hat man sich bei Apple TV+ vorgenommen, diesen Herbst gezielt Science-Fiction-Fans zu gewinnen. Ende September ging Foundation online, die lang erwartete Adaption der gleichnamigen Kult-Romanreihe. Anfang November steht das postapokalyptische Drama Finch mit Tom Hanks an, das nach mehrfachen Kinoverschiebungen nun eine Streampremiere feiert. Zwischen den zwei großen Titeln findet sich mit Infiltration eine weitere Seite aus diesem Genre. Gerade der Vergleich zu dem kurz zuvor veröffentlichten Foundation drängt sich an der Stelle natürlich auf. Und doch könnten die beiden Produktionen trotz des gemeinsamen Genres kaum unterschiedlicher sein.

Vor allem beim Tempo meint man, dass hier bewusst zwei Gegenpole aufgebaut werden sollten. Wo die Geschichte um ein gewaltiges Archiv des Wissens mit einem Affenzahn durch die Episoden reist und dabei zahlreiche Figuren zurücklässt, da hatte man es bei Infiltration nicht sonderlich eilig. Tatsächlich dürfte man nur wenige Genrebeiträge finden, die langsamer erzählt sind als dieser hier. Dass beispielsweise die Erde von Aliens überfallen wird, kann man allenfalls aus dem Original-Titel Invasion schließen, der aus unerfindlichen Gründen für den hiesigen Markt geändert wurde. In der Serie selbst ist davon zunächst sehr wenig zu sehen. Erst zur Mitte der zehn Folgen langen ersten Staffel wird die Bedrohung mal konkreter. Bis der Kampf beginnt, dauert es noch einmal ein Stück länger.

Unheimlich menschlich

Anzeichen, dass da etwas nicht stimmt, gibt es dabei schon vorher natürlich. Dabei handelt es sich aber in erster Linie um unerklärliche Elemente. Fragen und Rätsel tauchen also schon nicht zu wenige in Infiltration auf. Da sind die Visionen von Casper, bei denen niemand weiß, was sie bedeuten und woher sie kommen – ihn eingeschlossen. Trevante sucht Soldaten, die spurlos verschwunden sind. Mitsuki wiederum ist mit den Überlegungen besessen, was genau da mit der Raumstation geschehen ist, auf der sich ihre Freundin befindet. Auf diese Weise geht die Serie über längere Zeit mehr in Richtung Mystery als wirklich Science-Fiction. Und selbst später, wenn dann doch endlich mal verraten wird, was sowieso schon alle wissen – die Aliens kommen! – wird hier sehr stark mit einer geheimnisvollen Atmosphäre gearbeitet.

Der eigentliche Fokus bei der von Simon Kinberg und David Weil kreierten Serie sind dabei auch nicht die Aliens, von denen niemand weiß, woher sie kommen und was sie wollen. Es sind die Menschen, für die sich beide interessieren. Genauer erzählen sie von vier parallelen Handlungssträngen, die an den verschiedensten Orten spielen. Die Idee war offensichtlich, ein derart einschneidendes Ereignis wie eine Invasion Außerirdischer aus möglichst unterschiedlichen Perspektiven zu zeigen. So ganz konsequent war man bei Infiltration aber nicht. Vor allem im Hinblick auf die Sprachen ist das enttäuschend: Eigentlich wird überall Englisch gesprochen, selbst in Afghanistan. Einzige wiederkehrende „Fremdsprache“ ist das Japanische in dem Handlungsstrang um Mitsuki. Und selbst dort wird irgendwann zum Englischen gewechselt, nachdem die USA das Kommando übernehmen.

Ein ganz alltäglicher Kampf

Aber auch wenn bei den gezeigten Settings und den Kulturen mehr drin gewesen wäre, die Geschichten sind für sich genommen interessant und sehenswert. Ob sich Aneesha mit ihrem untreuen Waschlappen-Ehemann herumplagt, Casper mit einem Bully klarkommen muss oder Mitsuki gegen Sexismus und das Tabu der Homosexualität antritt, sie alle haben mit ganz alltäglichen Problemen zu kämpfen, die völlig losgelöst von dem Science-Fiction-Part funktionieren. Infiltration ist deshalb weniger einem Publikum zu empfehlen, welches bei dem Szenario vor allem die Auseinandersetzung mit den Aliens sucht. Stattdessen handelt es sich zumindest in der ersten Staffel mehr um ein Charakterporträt, welches das Gewöhnliche vor dem Hintergrund des Ungewöhnlichen sucht. Das wird sicher vielen nicht gefallen. Die zum Teil harschen Kritiken, welche sich die Serie gefallen lassen muss, hat sie so aber nicht verdient.

Credits

OT: „Invasion“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Jakob Verbruggen, Jamie Payne, Amanda Marsalis
Drehbuch: Simon Kinberg, David Weil, Andrew Baldwin
Idee: Simon Kinberg, David Weil
Musik: Max Richter
Kamera: Julian Court, Laurie Rose, Armando Salas, Tim Ives
Besetzung: Shamier Anderson, Golshifteh Farahani, Firas Nassar, Shioli Kutsuna, Tara Moayedi, Daisuke Tsuji, Azhy Robertson, Billy Barratt, India Brown, Paddy Holland

Bilder

Trailer

Interview

Wie war es für sie, in der Serie mitzuspielen? Und würde sie selbst gerne einmal ins Weltall fliegen? Diese und weitere Fragen haben wir Hauptdarstellerin Shioli Kutsuna in unserem Interview zu Infiltration gestellt.

Shioli Kutsuna [Interview]

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„Infiltration“ verspricht mit dem Alien-Invasion-Szenario eigentlich ziemlich viel Action und Spannung. Stattdessen handelt es sich bei der ersten Staffel über weite Strecken um ein Charakter-Drama mit Mystery-Elementen. Als solches ist die Serie durchaus sehenswert, selbst wenn bei der Auswahl der Perspektiven noch mehr Vielfalt gut getan hätte.
Leserwertung69 Bewertungen
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7
von 10