Jesus Rolls
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Jesus Rolls

Inhalt / Kritik

Jesus Rolls
„Jesus Rolls“ // Deutschland-Start: 8. April 2021 (DVD/Blu-ray)

Auch wenn sich Jesus Quintana (John Turturro) im Knast einige Freunde gemacht hat, vor allem durch seine tatkräftige Unterstützung bei den Bowling-Turnieren, unbedingt dorthin zurück möchte er nicht. Schließlich drohte man ihm zum Abschied, beim nächsten Mal lebenslänglich zu bekommen. Stattdessen klauen er und sein Kumpel Petey (Bobby Cannavale) frisch nach der Entlassung erst einmal ein Auto und düsen damit durch die Gegend. Klar, dass dies bald Ärger bedeutet. Immerhin: Dabei lernen sie auch Marie (Audrey Tautou) kennen, die sich den beiden anschließt und mit ihnen gemeinsam durchs Land fährt. Ein wirkliches Ziel haben sie nicht vor Augen, dafür ein Talent, immer wieder in Schwierigkeiten zu geraten …

Ich mach, was ich will!

Eines muss man John Turturro ja lassen: Er hat seinen eigenen Kopf. Das zeigt sich nicht nur daran, dass er als Regisseur gern mal etwas sonderbare Werke dreht – etwa das Pseudo-Musical Romance & Cigarettes. Er bestand auch darauf, noch einmal die Figur des Jesus spielen zu dürfen, bekannt aus dem Kulthit The Big Lebowski. Da aber die Coen-Brüder partout keine Fortsetzung drehen wollten, machte Turturro das eben selbst. Gewissermaßen. Um einen wirklichen Nachfolger handelt es sich bei Jesus Rolls nicht. Selbst die Bezeichnung Spin-off wäre vielleicht etwas hoch gegriffen, da die Geschichte des Vorbilds hier überhaupt keine Rolle spielt.

Hin und wieder baute der Filmemacher und Hauptdarsteller zwar schon Verweise ein. Die dienen aber mehr dazu, um das Publikum darauf aufmerksam zu machen, dass das hier überhaupt dieselbe Figur sein soll. Gebraucht hätte es diese nicht. Jesus Rolls hätte genauso gut ein eigenständiges Werk sein können. Die größere Inspiration ist ohnehin Die Ausgebufften. Bei dem französischen Klassiker aus dem Jahr 1974 spielten Gérard Depardieu und Patrick Dewaere zwei Kumpel, die in tiefer Verachtung für das bürgerliche Leben durch die Gegend streiften, Autos klauten oder mit irgendwelchen Frauen schliefen. Das tun Jesus und Petey auch, einige Elemente wurden direkt aus dem Werk übernommen.

Weder Ziel noch Aussage

Während das damals aber um zwei Rebellen ging, die auf ihre Weise gegen die Welt ankämpften, da sind Jesus und Petey letztendlich nur zwei erbärmliche Versager im mittleren Alter, die nichts auf die Reihe bekommen. Ein Tabubruch wie vor bald 50 Jahren ist das ohnehin nicht. Dafür müsste heute schon deutlich mehr geschehen, um das Publikum noch aufschrecken zu wollen. Aber das war vermutlich ohnehin nicht die Absicht hinter Jesus Rolls. Nicht dass man bei Turturro immer so genau wüsste, warum er was macht. Ein Ziel hat der Film ohnehin nicht. Der episodenhafte Aufbau der Geschichte ähnelt dabei dem anderer Roadmovies, bei denen eine Reise zum Anlass für die komischsten Begegnungen ist. Anders als dort gibt es hier jedoch weder eine Annäherung der Figuren noch eine Entwicklung derselben.

Das führt irgendwann unweigerlich zu der Frage: Und was genau soll das hier? Natürlich muss nicht jeder Film eine große Geschichte erzählen. Es gibt viele wundervolle Beispiele dafür, wie ein zielloses Umherstreifen auch ein Lebensgefühl einfangen kann – siehe der südkoreanische Geheimtipp Short Vacation kürzlich. Ein vergleichbares Flair gibt es hier jedoch nicht, da das Geschehen zu weit weg vom Alltag ist. Umgekehrt fehlen aber auch klare Gags, welche für Unterhaltung sorgen könnten. Der Film bleibt bei seinem Trip letztendlich zu schwammig. Erschwerend kommt hinzu, dass Jesus Rolls nicht unbedingt mit einprägsamen Einzelmomenten glänzt.

Viele Stars im Schnelldurchlauf

Der stärkste ist noch der recht kurze Auftritt von Susan Sarandon, der dem Film eine sehr melancholische Note verleiht – im starken Kontrast zu dem zeitweiligen Klamauk. Überhaupt: An Stars mangelt es in dem Film nicht. Christopher Walken hat einen Auftritt als Wärter, Jon Hamm spielt einen Friseur, Tim Blake Nelson einen Arzt. Dabei sind sie alle nur kurz zu sehen, einige Minuten höchstens. Dennoch gehören diese Szenen oft zu den Höhepunkten, da sie Jesus Rolls aus der Lethargie befreien. Aber es reicht nicht, um daraus mehr als eine Kuriosität für zwischendurch zu machen. Für ein Herzensprojekt, das rund zwei Jahrzehnte in Turturro herumgespukt hat, ist das Ergebnis jedoch recht wenig.

Credits

OT: „The Jesus Rolls“
Land: USA
Jahr: 2019
Regie: John Turturro
Drehbuch: John Turturro
Musik: Émilie Simon
Kamera: Frederick Elmes
Besetzung: John Turturro, Bobby Cannavale, Audrey Tautou

Bilder

Trailer

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In „Jesus Rolls“ gibt es ein Wiedersehen mit einer Nebenfigur aus „The Big Lebowski“. Wer sich jedoch eine direkte Anknüpfung erhofft, der muss sich mit wenig zufriedengeben. Der komödiantische Roadtrip mag eine Herzensangelegenheit gewesen sein, von den diversen Gastauftritten der Stars abgesehen bietet der Film aber nur wenig, an das man sich erinnern müsste.
5
von 10