Beginning Dasatskisi

Beginning

Kritik

Beginning Dasatskisi
„Beginning“ // Deutschland-Start: 29. Januar 2021 (Mubi)

In einem Dorf in der georgischen Provinz am Kaukasusgebirge wird das Gotteshaus einer kleinen Gemeinde der Zeugen Jehovas angezündet. Das Leben von Yana (Ia Shukitasvili), der Ehefrau des Gemeindevorstehers David (Rati Oneli), gerät in Folge dessen ebenfalls in Flammen. Es kommt zum Konflikt zwischen Yana und David, der sich mehr Frömmigkeit und Hingabe von seiner Frau wünscht. Yana selbst ist mit ihrer Lebenssituation unzufrieden und versucht vergeblich zu ergründen, was sie verlangt und worin sie ihren Lebenssinn sieht. Um bei der wohlhabenden georgischen Hauptstadtgemeinde für den Wiederaufbau der Kirche zu werben, reist David nach Tiflis und lässt die frustrierte Yana mit ihrem gemeinsamen Sohn alleine. Diese sieht sich in Folge ihrer Rolle in der engmaschigen Gemeinschaft der Zeugen Jehovas, der Sorge um ihren Sohn und einem sonderbaren Kriminalpolizisten konfrontiert, der angibt, im Falle der abgebrannten Kirche zu ermitteln.

Inhaltlich und technisch ambitioniert

Zu Beginn des Filmes sieht man die überschaubare Gemeinde der Zeugen Jehovas aus der stoischen Perspektive eines Beobachters im Hinteren zum Gottesdienst zusammenkommen. Während die Gemeindemitglieder nacheinander ins Gebäude kommen, unverständliche Worte mit dem Priester wechseln und sich setzen, bewegt die Kamera sich nicht. Schon früh wird deutlich, dass sich Beginning neben der Geschichte auch technisch und optisch viel vornimmt. Unterstrichen wird das, als nach acht Minuten ohne jegliche Kamerabewegung inmitten der Predigt zwei Brandsätze in die volle Kirche geworfen werden. Die Gemeindemitglieder sind in Aufruhr, doch die Position des Zusehers verändert sich nicht. Die Kameraeinstellung verhindert, dass wir erfahren, wer den Brandsatz geworfen hat, woher die Täter gekommen sind, oder wohin sie geflohen sind. Regisseurin Dea Kulumbegashvilis verdeutlicht in ihrem Debüt, dass es nicht nur um das geht, was gesehen wird, sondern ebenso um das, was zur selben Zeit außerhalb der Kameralinse passiert.

Über zwei Stunden Laufzeit bewegt sich die Kamera nur zweimal. Das mag zum einen für Monotonie sorgen, ist aber viel öfter die Grundlage für eine schwer aushaltbare (An)spannung, die an jedem Moment wartet. Verantwortlich ist dafür auch die Detailverliebtheit, die in jeder einzelnen Einstellung liegt. Dea Kulumbegashvili macht jede Einstellung in Beginning zu einem kleinen Kunstwerk, welche es schwer glaubhaft machen, dass der Film tatsächlich das Debüt der georgischen Regisseurin ist. Eine weitere Besonderheit im Film ist das enge Seitenverhältnis. Wie schon in Filmen wie Mommy oder dem Der Leuchtturm drückt das ungewohnte  1.33:1-Format in Beginning Gefühle von Beklemmung und Isolation aus. Dazu verstärken die kleine Gemeinde und das Haus das soziale Gefängnis, in dem sich Yana gefangen sieht. Yanas Ausweg ist immer wieder der Weg in der Natur, in der man die Protagonistin in wunderschön eingefangenen Bildern eins mit den Bergen, Bächen und Wäldern werden sieht.

Ruhig und ausdrucksstark

Das Drehbuch lässt sich bei der Erzählung der Geschichte Zeit, und kommt trotzdem mit wenig Worten aus. Im Drama werden Isolation, Gewalt und Unbehagen in nur wenigen Sätzen ausgedrückt und trotzdem in minutenlangen Szenen brutal verhandelt, ohne dass ein Detail ausgespart wird. Gestützt wird die Handlung von einer grandiosen Schauspielleistung von  Ia Shukitasvili, die auf bemerkenswerte Weise ihre emotionale Spannbreite in minutenlangen Einstellungen zum Besten gibt.

Obwohl Beginning das Langfilmdebüt der georgischen Regisseurin Dea Kulumbegashvili ist, eroberte der Film die (digitalen) Festivalleinwände im letzten Jahr im Sturm. Auf die im letzten Jahr Auswahl für die Filmfestspiele in Cannes folgten Einladungen zu den renommierten Festivals in New York, Toronto und San Sebastian. Bei Letzterem räumte der Film im großen Stil ab. Die Preise für den besten Film, das beste Drehbuch, die beste Regie und die beste Schauspielerin gingen allesamt an Beginning. Für die anstehende Oscarverleihung wurde der Film zudem als georgischer Eintrag in der Kategorie Bester Internationaler Film ausgewählt. Beginning ist ein visuell ansprechendes, atemberaubendes Debüt, das hungrig auf mehr macht.

Credits

OT: „Dasatskisi“
Land: Georgien, Frankreich
Jahr: 2020
Regie: Dea Kulumbegashvili
Drehbuch: Dea Kulumbegashvili, Rati Oneli
Musik: Nicolas Jaar
Kamera:  Arseni Khachaturan
Besetzung: Ia Shukitasvili, Rati Oneli, Kakha Kintsurashvili

Bilder

Trailer

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Nachdem das Gebetshaus der Gemeinde der Zeugen Jehovas in einem kleinen georgischen Dorf angezündet wird, gerät das Leben von Yana, der Ehefrau des Priesters der Gemeinde, aus den Fugen. Die langen, detailreichen Einstellungen, das enge Seitenverhältnis und eine starke Performance der Hauptdarstellerin Ia Shikitasvili machen „Beginning“ zu einem ganz besonderen Drama.
8
von 10