I Am Home

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Kritik

I Am Home
„I Am Home“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Seit einiger Zeit sucht Eun-seo (Lee Yoo-young) eine eigene Bleibe, doch die Suche ist nicht so leicht in einer Metropole wie Seoul. Nicht nur sind die Mieten sehr hoch, hinzu kommt noch, dass die Zeitungsredakteurin sehr wählerisch ist und bislang jeden Vorschlag des von ihr angeheuerten Maklers abgelehnt hat, egal, wie schön die Lage der Wohnung auch sein mag. Während ihre Schwester eine eigene Familie gegründet und mit ihrem Mann ein eigenes Haus gekauft hat und ihre Mutter wieder geheiratet hat, ist Eun-seo die einzige in der Familie, die noch alleine ist. Frustriert von der Dauer der Wohnungssuche zieht sie schließlich zu ihrem Vater Jin-cheol (Kang Shin-II), der sich mit seinem kleinen Schlosserbetrieb über Wasser hält und sich nach der Trennung von seiner Frau von der Familie immer mehr distanziert hat. Zwar hatte Eun-seo einst ein gutes Verhältnis zu ihrem Vater, doch nun begegnen sich die beiden, als ob sie Fremde wären. Eun-seo begegnet im Haus ihres Vaters vergessen geglaubten Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend, an ein Zuhause, welches sie aus ihrem Gedächtnis verbannt hatte. Auch Jin-cheol öffnet sich seiner Tochter und findet einen Zugang zu einer Familie, der er einst den Rücken kehrte.

Die Warenhäuser der Erinnerung
Nach seinem Kurzfilm Finding Sunshine (2016) ist I Am Home, der auf dem diesjährigen Korean Independent Online Festival zu sehen ist, das Spielfilmdebüt von Regisseur Park Je-bum. Abermals behandelt er das Konzept der Familie, inwiefern die einem Menschen Halt gibt und wie sich Verwandte voneinander entfernen können, vor allem emotional. Im Falle von I Am Home verbindet Park dies mit Überlegungen zur Idee der Heimat und des Zuhauses, als einem tatsächlichen wie auch einem emotionalen Ort, wobei die Geschichte zudem einen subtilen Kommentar macht in Bezug darauf, wie das Konzept der Familie an ein Zuhause gebunden ist.

Nicht immer mögen die Verweise in I Am Home, sprich in Yoon Sung-wons Drehbuch, besonders subtil sein, doch deuten sie an, inwiefern Besitz und Familie in der südkoreanischen Gesellschaft zusammengehören, sondern auch das Denken des Individuums bestimmen. Im Falle der Protagonistin zeichnet sich dies in ihrer Arbeit als Redakteurin ab, die sie mit einer fast schon mechanischen Routine angeht, was ihr Boss einmal verärgert als „Tetris-Spiel“ mit den Texten vergleicht. Auch über die Arbeit hinaus wirkt die bisweilen wie ein Roboter, der eine Routine abspult und der keinen wirklichen Bezug zu der Welt um ihn herum hat, sodass sie auch keine wirkliche Verbindung zu den Wohnungen hat, die man ihr zeigt. Alles ist temporär, alles verschwindet letztlich, sodass jenes Konzept von Zuhause schon von vornherein verdächtig erscheint.

Vielmehr gleicht das Leben einem „Warenhaus“ der Möglichkeiten, wie es abermals ihr Boss auf den Punkt bringt. Doch wirklich nutzen scheint Eun-seo diese Chance nicht, gibt sich mit eben jenen temporären Räumen in der Stadt zufrieden, wie der U-Bahn, den Restaurants oder Wartehallen, wo sie für ein paar Minuten zur Ruhe kommt.

Von Touristen und Reisenden
In diesen Momenten gleicht Eun-seo, wie auch ihr Vater, einem Touristen, der durch das Leben streift, hier und da einmal zu Besuch ist, aber nirgendwo verbleibt. Shin Dong-huns Bilder betonen die Distanz der Personen zu ihrer Umwelt und zueinander, zeigen eine unsichtbare Grenze zwischen ihnen. Man meint sich bei so manchen Einstellungen an die Beobachtungen des Erzählers aus Nick Hornbys About a Boy zu erinnern, in dem davon gesprochen wird, dass jeder Mensch doch an und für sich eine Insel ist und nur zeitweise, etwa für Besorgungen oder andere Dinge, das Festland betritt, also Kontakt zu anderen Menschen aufnimmt.

Was im Falle Hornbys eine rührselige Erzählung über die Familie als Heilmittel für die Probleme der Figuren wird, ist in I Am Home enger verknüpft mit der Idee der Familie, und damit des eigenen Zuhauses, als Zeichen von Erfolg sowie des Neuanfangs. Dies erzählt Park Je-bum in ruhigen Bildern, auch wenn es innerhalb der Inszenierung immer wieder zu eher redundanten Passagen kommt, welche den Film bisweilen etwas zäh machen.

Credits

OT: „Jib Iyagi“
Land: Südkorea
Jahr: 2019
Regie: Je-bum Park
Drehbuch: Sung-won Yoon
Musik: Ji-wook Han
Kamera: Dong-hun Shin
Besetzung: Yoo-young Lee, Shin-II Kang, Young-hwa Seo, Eun-hoo Hwang, Hyun-sik Jo, Woo-young Jung, Min-jung Gong

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„I Am Home“ ist ein Drama über Familie und das Konzept von einem Zuhause. Regisseur Park Je-bums Film zeichnet sich durch eine sensible Figurenzeichnung und Bildkompositionen aus, auch wenn das eigentliche Thema kaum variiert wird und der Erzählfluss bisweilen leidet.
7
von 10