Jim Knopf und die Wilde 13 2020
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Jim Knopf und die Wilde 13 (2020)

Kritik

Jim Knopf und die Wilde 13 2020
„Jim Knopf und die Wilde 13“ // Deutschland-Start: 1. Oktober 2020 (Kino) // 24. Juni 2021 (DVD/Blu-ray)

Nach den großen Abenteuern von Jim Knopf (Solomon Gordon) und Lokomotivführer Lukas (Henning Baum) ist Ruhe eingekehrt auf Lummerland – so dachten zumindest alle. Doch dann kommt es regelmäßig zu Unglücken, als Schiffe im Nebel an der Insel Schiffbruch erleiden. Eine Lösung muss her und zwar dringend. Die Entscheidung fällt darauf, einen eigenen Leuchtturm auf Lummerland zu haben, um so die Reisenden zu warnen. Dafür müssen die beiden aber erst einmal selbst auf Reisen gehen, um die notwendige Hilfe zu holen. Sie wissen auch sehr genau, an wen sie sich dafür wenden müssen. Aber das ist leichter gesagt denn getan, denn unterwegs warten noch diverse andere Abenteuer auf sie – und die gefürchtete Piratenbande Die Wilde 13, mit der Jim eine lange Geschichte verbindet …

Als 2018 Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer in den deutschen Kinos startete, waren die Erwartungen durchaus hoch. Schließlich ist das zugrundeliegende Buch von Michael Ende einer der großen Klassiker der deutschen Kinderliteratur. Hinzu kommt: Während die beiden anderen Hauptwerke des deutschen Schriftstellers – Die unendliche Geschichte und Momo – bereits in den 80er Jahren erfolgreich verfilmt worden waren, fehlte bislang eine entsprechende Inszenierung von Lummerland. Adaptionen gab es natürlich schon. Die Version der Augsburger Puppenkiste genießt Kultstatus, nicht zuletzt wegen des Ohrwurms Eine Insel mit zwei Bergen. Außerdem gab es eine Zeichentrickserie. Dennoch oder auch deswegen wurde die Filmversion ebenfalls zu einem Hit, sogar zum erfolgreichsten deutschen Film des Jahres.

Fortführung bekannter Themen
Die Erwartungen an Jim Knopf und die Wilde 13 sind deshalb nicht gerade geringer geworden, umso mehr, da das durch die Corona-Pandemie gebeutelte deutsche Kino dringend einen großen Hit braucht. Am Film selbst sollte es dabei nicht scheitern. Wer den ersten Teil gesehen und gemocht hat, der sollte auch mit dem Nachfolger glücklich werden. Erneut geht es darum, wie Jim Knopf und Lukas mit ihrer Lokomotive durch die Welt reisen und dabei Abenteuer erleben. Die Geschichte schließt dabei nahtlos an die des Vorgängers an. Das bedeutet nicht nur, dass es Wiedersehen mit den meisten Figuren gibt, auch wenn viele nicht mehr als Gastauftritte haben. Sie setzt auch die Themen fort, die Ende in seinem ersten Buch, das er überhaupt geschrieben hatte, bereits anlegte.

Das heißt neben klassischen Tugenden wie Mut und Freundschaft, welche in Endes Werk eine große Rolle spielen, auch die Frage: Woher kommt Jim Knopf eigentlich? Das ist durchaus wörtlich zu verstehen, wurde er doch in einem Paket geliefert, ohne dass der tatsächliche Absender bekannt wurde. Gerade die Frage, wer seine Eltern sind oder waren, treibt ihn in Jim Knopf und die Wilde 13 an. Als dunkelhäutiger Junge auf einer Insel, die ansonsten nur von Weißen bewohnt wird, ist er zudem – obwohl von allen mit offenen Armen aufgenommen – letztendlich immer ein Fremder. Das macht die Geschichte des bald vor 60 Jahren veröffentlichten Buches bis heute relevant. Themen wie Entfremdung und Identität sind in einer wieder zunehmend abschottenden und fremdenfeindlichen Welt schließlich so aktuell wie damals.

Eine Welt voller Wunder
Wobei der Film diese gesellschaftliche und humanistische Komponente nur streift: Auf Lummerland oder sonst wo gibt es keinen Rassismus. Drehbuchautor Dirk Ahner (Simpel) verzichtet bei seiner Adaption des Stoffes auch darauf, das Buch modernisieren oder anderweitig anpassen zu wollen. Jim Knopf und die Wilde 13 hält sich schon eng an die Vorlage. Das bedeutet, dass sich das junge Zielpublikum auf diverse Abenteuer freuen darf, die eher im Fantastischen als im Gefährlichen liegen. Tatsächlich ist die Reise, bis die Piraten auftauchen, ohne größere Herausforderungen. Auch wenn die beiden Protagonisten die größten Strecken zurücklegen, es fühlt sich nicht wirklich danach an. Die Überfahrt gleicht mehr einer gemütlichen Kaffeefahrt.

Doch was Jim Knopf und die Wilde 13 an Nervenkitzel mangeln mag, das macht der Film durch das Gefühl des Wunderns wieder wett. An Bord der Lokomotive zu steigen, das bedeutet die Welt mit großen staunenden Augen zu sehen, sich von eigenartigen Kreaturen verzaubern zu lassen und daran zu glauben, dass es irgendwo da draußen einen Platz gibt, an dem alle glücklich werden. Im Vergleich zum ersten Band setzte Michael Ende zwar etwas zu sehr auf Wiederholungen, ein Einfall wie der des Scheinriesen, der mit dem Näherkommen immer kleiner wird, den hat selbst der große Schriftsteller nicht die ganze Zeit. Aber auch wenn der erneute Ausflug nach Lummerland viel in bekannten Gewässern umherschippert, zum Schluss gibt es dann doch noch einige schöne Ideen. Wer mal wieder für den nächsten Kinoausflug mit der Familie einen Anlass braucht, dieser hier funktioniert gut. Erwachsene dürfen sich ebenfalls von einem klassischen Abenteuer rühren lassen, wie man sie heute nur noch selten findet.

Credits

OT: „Jim Knopf und die Wilde 13“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Dennis Gansel
Drehbuch: Dirk Ahner
Vorlage: Michael Ende
Musik: Marvin Miller, Ralf Wengenmayr
Kamera: Philip Peschlow
Besetzung: Solomon Gordon, Henning Baum, Leighanne Esperanzate, Rick Kavanian

Bilder

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„Jim Knopf und die Wilde 13“ schließt nahtlos an den Vorgänger an und erzählt, wie die beiden Helden erneut auf Reise gehen. Der Film bringt zwar eine ganze Weile wenig Neues, wenn vieles von dem ersten Teil wiederholt wird. Die Beschäftigung mit den Themen Heimat und Identität und einige schöne Einfälle gegen Ende tragen aber dazu bei, dass auch das zweite Abenteuer ein Tipp für den nächsten Familienabend ist.
7
von 10