Das Attentat The Man Standing Next
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Das Attentat – The Man Standing Next

Kritik

Das Attentat The Man Standing Next
„Das Attentat – The Man Standing Next“ // Deutschland-Start: 14. August 2020 (DVD/Blu-ray)

1979 sind es bereits 18 Jahre, die Chung-hee Park (Sung-min Lee) an der Spitze Südkoreas steht, seit seinem Militärcoup im Jahr 1961. Doch zuletzt ist seine Macht etwas ins Wanken geraten. Yong-gak Park (Do-won Kwak), der ehemalige Leiter des Geheimdienstes, wird in den USA als Kronzeuge in einem Bestechungsskandal vorgeladen und beschuldigt dabei Präsident Park schwer. Mehr noch, er soll sogar Memoiren geschrieben und die diversen Vergehen detailliert festgehalten haben. Gyu-pyeong Kim (Byung-hun Lee), der nun dem Geheimdienst vorsteht, soll sich der Sache annehmen und reist zu diesem Zweck in die USA, um seinen Vorgänger zu treffen. Doch damit ist die Sache nicht ausgestanden, denn der nächste Skandal wartet bereits – und in Kim wachsen die Zweifel, welche Ziele der Präsident verfolgt …

Politthriller aus Südkorea erfreuen sich auch im Westen konstant hoher Beliebtheit. Hoch im Kurs stehen dabei beispielsweise solche Filme, die sich des schwierigen Verhältnisses zu Nordkorea annehmen. Doch es braucht gar nicht unbedingt einen Feind von außen. Das Attentat – The Man Standing Next reist mit dem Publikum rund 40 Jahre zurück in die Vergangenheit, als das fernöstliche Land noch von einer Militärdiktatur regiert wurde. Auf der einen Seite war seinerzeit schon der wirtschaftliche Aufschwung im Gange, Südkorea wandelte sich in einen modernen Industriestaat, der immer mehr Menschen Wohlstand brachte. Doch Korruption war nach wie vor weit verbreitet, Park und das Militär unterdrückten jede Form von Demokratie, Oppositionelle wurden hemmungslos verfolgt und ermordet.

Eine Zeit des Umsturzes
Regisseur und Drehbuchautor Min-ho Woo (Inside Men – Die Rache der Gerechtigkeit, The Drug King) hält sich nur relativ kurz damit auf, die grundsätzliche Situation des Landes aufzuzeigen, setzt das Wissen beim Publikum mehr oder weniger voraus. Vielmehr interessiert er sich für einen Wendepunkt in der südkoreanischen Geschichte: die Ermordung des Präsidenten im Jahr 1979 durch seinen Geheimdienstchef. Bis heute ist nicht ganz klar, weshalb Chae-kyu Kim, der die Vorlage für Gyu-pyeong Kim lieferte, Park tötete. Wo selbst gibt auch keine ganz eindeutige Antwort, liefert lediglich Hinweise, was die Motivation sein könnte und weshalb der getreue Gefolgsmann, der 18 Jahre zuvor mit Park am Umsturz beteiligt war, sich auf einmal gegen ihn wendet.

Die Spannung von Das Attentat – The Man Standing Next besteht dabei nicht darin, was am Ende passieren wird. Das verrät ein Blick ins Geschichtsbuch, auch der Film sagt gleich zu Beginn, worauf es hinausläuft. Es sind vielmehr die 40 Tage, die der Ermordung vorangegangen sind, die hier im Mittelpunkt stehen. Diese Tage sind kaum von Action geprägt. Allgemein wird weniger gehandelt. Der südkoreanische Blockbuster, der daheim 4,75 Millionen Besucher in die Kinos lockte, ist von Dialogen getrieben, von zwischenmenschlichen Beziehungen, aber auch inneren Kämpfen. Allen voran: Geheimdienstchef Kim, dem alles entgleitet und der mitansehen muss, wie sein Heimatland von einer Katastrophe in die nächste schlittert.

Die stille Wut
Das ist intensiv von Südkoreas Aushängeschild Byung-hun Lee (Ashfall, Die glorreichen Sieben) verkörpert. Er zeigt Kim als einen stillen, überlegten Mann, der nicht nur mit dem aufbrausenden Sicherheitsleiter Sang-Cheon Kwak (Hee-joon Lee) und einem wenig nuancierten Präsidenten zu kämpfen hat, sondern auch mit seinem eigenen Gewissen. Und seinen eigenen Gefühlen: Stark ist beispielsweise eine Szene, in der Kim wortlos, aber mit sichtbar bebender Wut eine Demütigung über sich ergehen lässt. Bis zum Schluss bleibt diese Figur ambivalent, ist nicht so eindeutig böse wie die anderen, aber auch kein Held. Ein Mann der Widersprüche, der sich in einer undankbaren, vielleicht gar unmöglichen Situation wiederfindet.

Darüber hinaus erfährt man praktisch nichts über Lee, so wie alle in dem Film in erster Linie eine Funktion haben, Schachfiguren sind. Als Charaktere sind sie daher weniger interessant, ordnen sich ganz der Geschichte unter – und der gelungenen Aufmachung. Immer wieder gibt es schöne Bilder, von heimlichen Überwachungssituationen oder nächtlichen Einsätzen, von verschwörerischen Treffen inmitten der Idylle. Das Attentat – The Man Standing Next ist deshalb allein schon für diejenigen empfehlenswert, welche die Atmosphäre von klassischen Politthrillern genießen, verbunden mit etwas 70er-Jahre-Ambiente. Der Film wirkt wie das Überbleibsel einer vergangenen Zeit und stellt dabei doch Fragen, die bis weit in die Gegenwart reichen und von zeitlosen Themen wie Loyalität und Rache, Macht und Verantwortung handeln.

Credits

OT: „Namsan-ui Bujangdeul“
Land: Südkorea
Jahr: 2020
Regie: Min-ho Woo
Drehbuch: Min-ho Woo
Musik: Young-wook Jo
Kamera: Nak-seon Go
Besetzung: Sung-min Lee, Byung-hun Lee, Do-won Kwak, Hee-joon Lee

Bilder

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„Das Attentat – The Man Standing Next“ rekonstruiert mit einigen Freiheiten die letzten 40 Tage vor der Ermordung des südkoreanischen Präsidenten im Jahr 1979. Der Politthriller verzichtet dabei auf große Action, setzt mehr auf Dialoge und Spannungen zwischen den Figuren und ist auch der stimmigen Ausstattung wegen sehenswert.
7
von 10